Ehebruch im deutschen Recht: Von der Strafbarkeit zur Disziplinarmaßnahme – Ein Blick auf das aktuelle Urteil des BVerwG

In der öffentlichen Wahrnehmung ist Ehebruch heute weitgehend eine private Angelegenheit – und das spiegelt sich auch in der deutschen Rechtsordnung wider.

Anders als noch vor wenigen Jahrzehnten zieht ein Seitensprung keine strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Konsequenzen mehr nach sich.

Dennoch gibt es Ausnahmen, wie ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zeigt, das für Soldaten von besonderer Bedeutung ist.

Ehebruch: Früher strafbar, heute Privatsache

Bis in die 1970er Jahre war Ehebruch in Deutschland tatsächlich strafbar. Nach § 194 StGB a.F. konnte ein Ehebrecher – auf Antrag des verletzten Ehegatten – mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe belegt werden. Auch im Eherecht hatte der Ehebruch erhebliche Folgen: Nach § 47 Ehegesetz (1938) war er ein klassischer Scheidungsgrund, und bis 1983 verbot § 9 Ehegesetz sogar die Heirat mit dem Mitschuldigen3.

Mit der großen Familienrechtsreform 1977 wurde das sogenannte Verschuldensprinzip abgeschafft.

Seitdem gilt das Zerrüttungsprinzip: Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie „gescheitert“ ist (§ 1565 Abs. 1 BGB).

Die Schuldfrage spielt für die Scheidung und deren Folgen – etwa beim Unterhalt oder Sorgerecht – grundsätzlich keine Rolle mehr.

Nur in seltenen Ausnahmefällen, etwa bei einer sogenannten Härtefallscheidung (§ 1565 Abs. 2 BGB), kann das Verhalten eines Ehegatten noch relevant sein – aber selbst hier reicht ein bloßer Ehebruch in der Regel nicht aus5.

Keine Schadenersatzansprüche wegen Ehebruchs

Auch zivilrechtlich hat der Ehebruch heute keine direkten finanziellen Folgen: Weder Schadensersatz- noch Schmerzensgeldansprüche bestehen im Regelfall.

Die Gerichte sehen die Verletzung der ehelichen Treue als höchstpersönliche Pflicht, deren Verletzung keine zivilrechtlichen Sanktionen nach sich zieht6.

Sonderfall Bundeswehr: Kameradschaftspflicht und Disziplinarmaßnahmen

Doch es gibt Ausnahmen von dieser Privatisierung des Ehebruchs – und eine davon betrifft Soldaten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.06.2025 (BVerwG 2 WD 14.24) entschieden, dass ein Soldat, der mit der Ehefrau eines Kameraden ein Verhältnis eingeht, disziplinarrechtlich belangt werden kann.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Hauptfeldwebel mit der Ehefrau eines befreundeten Mannschaftssoldaten ein Verhältnis begonnen, kurz nachdem der Ehemann in Trennungsabsicht ausgezogen war.

Die Beziehung endete nach wenigen Wochen, die Ehe des Kameraden scheiterte.

Das Truppendienstgericht verhängte ein Beförderungsverbot und eine Kürzung der Dienstbezüge – das BVerwG bestätigte die disziplinarische Ahndung, milderte die Sanktion aber ab.

Rechtliche Begründung: Schutz der Kameradschaft

Die Richter betonten, dass die Kameradschaftspflicht in der Bundeswehr eine gesetzlich normierte Rechtspflicht ist (§ 12 Soldatengesetz – SG).

Soldaten sind verpflichtet, die Würde, Ehre und Rechte ihrer Kameraden zu achten. Der Bruch einer Kameradenehe – und damit die Missachtung des Anspruchs auf eheliche Treue (§ 1353 BGB) – stellt eine Verletzung dieser Pflicht dar und kann das Vertrauensverhältnis innerhalb der Truppe und damit die Einsatzbereitschaft gefährden.

Die Missachtung der Ehe kann ebenso wie die Verletzung anderer Rechte des Kameraden das alltägliche Leben in der militärischen Gemeinschaft massiv belasten und die Bereitschaft, in Krisensituationen füreinander einzustehen, gefährden.“ (BVerwG, Urteil vom 13.06.2025 – 2 WD 14.24).

Das Gericht stellte klar: Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft endet nicht mit der räumlichen Trennung, sondern erst mit dem Scheitern der Ehe (§ 1352 Abs. 2 BGB, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Beteiligung am Ehebruch kann daher eine Disziplinarmaßnahme rechtfertigen – insbesondere, wenn ein dienstliches Näheverhältnis besteht und konkrete Auswirkungen auf den Dienstbetrieb drohen.

Fazit: Ein Relikt aus vergangenen Zeiten – und doch noch aktuell

Das Verschuldensprinzip ist im deutschen Familienrecht weitgehend abgeschafft – und das ist gut so.

Die Schuldfrage belastet Scheidungen unnötig und führt selten zu gerechten Ergebnissen.

Der hier besprochene Fall ist daher eher eine ungewöhnliche Anekdote aus dem Disziplinarrecht der Bundeswehr als Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen oder rechtlichen Trends.

Für die meisten Menschen bleibt Ehebruch heute eine private Angelegenheit – und das sollte auch so bleiben.

Ehebruch im deutschen Recht: Von der Strafbarkeit zur Disziplinarmaßnahme – Ein Blick auf das aktuelle Urteil des BVerwG was last modified: Juli 25th, 2025 by Ralf Römling

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