Die Frage, wie ein Testament wirksam widerrufen werden kann, ist für Erblasser und potenzielle Erben von zentraler Bedeutung. Der jüngst vom OLG Frankfurt am Main entschiedene Fall eines zerrissenen Testaments (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.04.2025, Az. 21 W 26/25) verdeutlicht, wie wichtig die Kenntnis der verschiedenen Widerrufsmöglichkeiten und deren rechtliche Voraussetzungen ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt mehrere Wege, wie ein Testament widerrufen werden kann. Für jede Variante gibt es klare gesetzliche Grundlagen und zahlreiche Urteile aus der Rechtsprechung. Der Erblasser kann ein Testament sowie eine einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung jederzeit widerrufen. (§ 2253 BGB) Ein Widerrufstestament ist ein neues Testament, in dem das frühere ausdrücklich aufgehoben wird. Es muss die Formvorschriften eines Testaments erfüllen. Beispiel aus der Rechtsprechung: OLG München, Beschluss vom 06.05.2015, Az. 31 Wx 144/15 – hier wurde ein früheres Testament durch ein späteres, ausdrücklich widerrufendes Testament aufgehoben. Wird ein Testament errichtet, das mit einem früheren Testament in Widerspruch steht, so ist das frühere Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit ihm in Widerspruch steht. (§ 2258 Abs. 1 BGB) Ein neues Testament, das dem alten widerspricht, hebt die widersprechenden Regelungen des alten Testaments auf – auch ohne ausdrücklichen Widerruf. Beispiel: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2011, Az. I-3 Wx 133/11 – das spätere Testament widersprach dem früheren und hob es inhaltlich auf47. Der Erblasser kann ein Testament dadurch widerrufen, dass er die Testamentsurkunde vernichtet oder in der Absicht, sie aufzuheben, verändert. (§ 2255 BGB) Das absichtliche Zerreißen, Verbrennen oder Unleserlichmachen der Testamentsurkunde durch den Erblasser gilt als Widerruf. Beispiel: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.04.2025, Az. 21 W 26/25 – ein zerrissenes Testament wurde als widerrufen angesehen69. Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. (§ 2256 Abs. 1 BGB) Die Rücknahme eines notariellen Testaments aus amtlicher Verwahrung führt automatisch zu dessen Widerruf. Beispiel: OLG München, Beschluss vom 25.11.2015, Az. 31 Wx 413/15 – die Rücknahme aus der Verwahrung wurde als Widerruf gewertet. Widerrufsart Gesetzliche Grundlage Beispiel aus der Rechtsprechung Widerrufstestament OLG München, 06.05.2015, 31 Wx 144/15 Widersprechendes Testament OLG Düsseldorf, 14.07.2011, I-3 Wx 133/11 Vernichtung/Veränderung OLG Frankfurt, 29.04.2025, 21 W 26/25 Rücknahme aus amtlicher Verwahrung OLG München, 25.11.2015, 31 Wx 413/15 Im vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall wurde ein handschriftliches Testament im Schließfach des Erblassers gefunden, das längs in der Mitte durchgerissen war. Das Gericht lehnte dies ab: Das Zerreißen des Testaments sei als wirksamer Widerruf nach § 2255 BGB zu werten. Das Gericht betonte, dass der Erblasser allein Zugang zum Schließfach hatte und davon auszugehen sei, dass er das Testament selbst zerrissen habe. Wäre im Einzelfall nicht beweisbar, dass der Erblasser selbst das Testament zerrissen hat – etwa weil auch andere Personen Zugang zum Aufbewahrungsort hatten – könnte der Widerruf nach § 2255 BGB scheitern. Nur die Vernichtung oder Veränderung durch den Erblasser selbst führt zum Widerruf. Wird das Testament etwa durch einen Dritten ohne Willen des Erblassers zerstört, bleibt es grundsätzlich wirksam. Die Beweislast, dass der Erblasser selbst gehandelt hat, liegt bei demjenigen, der sich auf den Widerruf beruft. In der Praxis ist dies häufig ein Problem, etwa wenn mehrere Personen einen Schlüssel zum Schließfach haben oder das Testament an einem allgemein zugänglichen Ort aufbewahrt wurde. Im vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall bestand dieses Problem nicht, da der Zugang zum Schließfach ausschließlich beim Erblasser lag und keine Anhaltspunkte für ein Handeln Dritter bestanden9. Der Widerruf eines Testaments ist auf verschiedene Arten möglich – durch Widerrufstestament, widersprechendes Testament, Vernichtung oder Veränderung der Urkunde sowie Rücknahme aus amtlicher Verwahrung. Jede Variante hat ihre eigene gesetzliche Grundlage und spezifische Anforderungen. Die aktuelle Rechtsprechung, wie das Urteil des OLG Frankfurt zum zerrissenen Testament, zeigt, dass insbesondere die Beweisbarkeit des Widerrufswillens durch den Erblasser entscheidend ist. Wer sicher gehen will, sollte beim Widerruf eines Testaments auf klare, nachvollziehbare und dokumentierte Handlungen achten.Möglichkeiten des Testamentswiderrufs und ihre gesetzliche Grundlage
Rechtsprechungsbeispiele im Überblick
Der konkrete Fall des zerrissenen Testaments (OLG Frankfurt a.M., 21 W 26/25)
Das Testament begünstigte eine andere Person als die im Erbschein benannten gesetzlichen Erben. Die im Testament Bedachte beantragte, den Erbschein einzuziehen.
Die anschließende Aufbewahrung des zerrissenen Testaments im Schließfach ändere nichts an der Wirksamkeit des Widerrufs. Die Zerstörung der Urkunde durch den Erblasser ist entscheidend, nicht deren spätere Lagerung9.Alternative Sachverhaltsgestaltung: Wer hat das Testament zerrissen?
Fazit

Widerruf eines Testaments: Möglichkeiten, gesetzliche Grundlagen und aktuelle Rechtsprechung
Widerruf eines Testaments: Möglichkeiten, gesetzliche Grundlagen und aktuelle Rechtsprechung was last modified: Juli 12th, 2025 by