Anwaltszwang im Scheidungsverfahren und Versorgungsausgleich – Was das OLG Karlsruhe entschieden hat

Im familiengerichtlichen Verfahren gilt grundsätzlich der sogenannte Anwaltszwang (§ 114 FamFG).

Das bedeutet: Die Parteien müssen sich anwaltlich vertreten lassen, wenn sie Anträge stellen oder Erklärungen abgeben wollen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 13.03.2024 (Az. 16 UF 144/24) einen Fall entschieden, der zeigt, welche praktischen Probleme entstehen können, wenn eine Partei ohne Anwalt im Scheidungsverfahren auftritt – insbesondere beim Versorgungsausgleich.

Scheidung mit nur einem Anwalt: Was ist möglich?

Es ist rechtlich zulässig, dass nur einer der Ehegatten anwaltlich vertreten ist und den Scheidungsantrag stellt. Der andere Ehegatte kann der Scheidung zustimmen, muss dafür aber keinen eigenen Anwalt beauftragen. Wichtig ist:

  • Ein Anwalt darf niemals beide Parteien vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO)
  • Die nicht anwaltlich vertretene Partei kann im Verfahren keine eigenen Anträge oder Willenserklärungen abgeben
  • Sie wird gemäß § 128 FamFG lediglich persönlich zu den Voraussetzungen der Scheidung durch das Gericht angehört

In der Praxis ist dies in den meisten Fällen unproblematisch, weil der nicht anwaltlich vertretene Ehegatte einfach zustimmt und keine eigenen Anträge stellt.

Problemfall: Versorgungsausgleich und fehlende anwaltliche Vertretung

Das Urteil des OLG Karlsruhe (Urteil vom 13.03.2024, 16 UF 144/24) zeigt jedoch, dass es im Einzelfall zu Problemen kommen kann:

Im entschiedenen Fall hatte die Ehefrau keinen eigenen Anwalt.

Im Rahmen des Versorgungsausgleichs hätte sie aber auf einen Teil ihrer Rentenanwartschaften verzichten wollen. Dies ist jedoch ein Antrag, der zwingend anwaltlich gestellt werden muss. Da sie keinen Anwalt hatte, konnte sie diesen Antrag nicht wirksam stellen.

Das Gericht konnte den Verzicht daher nicht berücksichtigen und musste den Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Vorgaben durchführen.

Rechtlicher Hintergrund:

  • Der Versorgungsausgleich ist ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren (§ 1587 BGB, § 3 VersAusglG)
  • Ein Verzicht oder eine abweichende Regelung ist nur mit Anwalt und notarieller Beurkundung oder im gerichtlichen Verfahren mit Anwalt möglich (§ 6 VersAusglG)
  • Ohne Anwalt kann die Partei keine wirksamen Anträge stellen oder Vereinbarungen treffen

Fazit und Praxistipp

Das OLG Karlsruhe macht deutlich: Wer im Scheidungsverfahren auf anwaltliche Vertretung verzichtet, kann in bestimmten Konstellationen – wie beim Versorgungsausgleich – erhebliche Nachteile erleiden.

Insbesondere dann, wenn eigene Anträge gestellt oder auf Rechte verzichtet werden soll, ist anwaltliche Vertretung unerlässlich.

Anwaltszwang im Scheidungsverfahren und Versorgungsausgleich – Was das OLG Karlsruhe entschieden hat was last modified: Juni 23rd, 2025 by Ralf Römling

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