Als Familienrechtler begegnet einem immer wieder die Frage: Zählen medizinische Ausgaben eigentlich zum Unterhalt? Oder können sie gar beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden? Die Antwort ist meist ein trockenes „Kommt drauf an“ – und hängt von § 1361 BGB (Trennungsunterhalt), § 1610 BGB (Maß des Unterhalts) oder § 1378 BGB (Zugewinnausgleich) ab. Aber manchmal hält das Leben – und die internationale Politik – dann doch eine Überraschung bereit. Wer sich im Ausland behandeln lässt, kann nach deutschem Recht durchaus hoffen, dass die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen beim Unterhalt oder Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. Entscheidend ist, ob die Behandlung medizinisch notwendig und angemessen ist. Das gilt grundsätzlich auch für Behandlungen in exotischeren Ländern – solange die Kosten nicht völlig aus dem Rahmen fallen. Die Rechtsprechung ist hier pragmatisch (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18.09.2015, 2 UF 58/15). Doch nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 30.04.2024 (C-246/24) eine Facette beleuchtet, die auch für Familienrechtler neu ist: Was, wenn die medizinisch notwendige Behandlung in Russland stattfinden soll – und der Transfer des Geldes dorthin an den EU-Sanktionen scheitert? Im konkreten Fall ging es um eine Brustoperation in Russland, die wegen der EU-Sanktionen nicht bezahlt werden konnte. Die EU-Verordnung Nr. 833/2014 untersagt nämlich in Art. 5i die Ausfuhr bestimmter Güter und Zahlungen nach Russland – auch für medizinische Zwecke. Der EuGH stellte klar: Die Sanktionen gelten auch dann, wenn es um medizinisch notwendige Behandlungen geht. Keine Ausnahme für Gesundheit, keine Ausnahme für Schönheit. Mit einem Augenzwinkern: Selbst wenn der Unterhaltsberechtigte oder der scheidungswillige Ehegatte nun nachweisen könnte, dass eine Behandlung in Russland medizinisch notwendig und angemessen wäre – wie will er sie bezahlen? Die Sanktionen machen einen Strich durch die Rechnung. Der Anspruch mag bestehen, die praktische Umsetzung scheitert aber an der Weltpolitik. Im Ergebnis bleibt: Manchmal sind es nicht die Paragrafen, sondern die internationalen Schlagzeilen, die den Alltag im Familienrecht beeinflussen. Die Entscheidung des EuGH (Urteil vom 30.04.2024, C-246/24) zeigt: Auch wenn das Recht vieles regelt, kann die Realität ganz eigene Hürden aufbauen. Und so bleibt für den Familienrechtler nur ein Schmunzeln und der Hinweis: Wer medizinische Ausgaben im Ausland plant, sollte nicht nur den Arzt, sondern auch das Amtsblatt der EU konsultieren.Medizinische Behandlungen im Ausland: Normalerweise kein Problem
Und dann kam der Ukraine-Krieg – und die Sanktionen gegen Russland
Was heißt das für den Unterhalt und den Zugewinnausgleich?
Fazit: Zwischen Recht, Politik und dem echten Leben

Medizinische Behandlungen im Ausland, Unterhalt und die Russland-Sanktionen: Ein neuer Dreh für alte Fragen
Medizinische Behandlungen im Ausland, Unterhalt und die Russland-Sanktionen: Ein neuer Dreh für alte Fragen was last modified: Juni 25th, 2025 by