Erbrechtlicher Streitfall: Zerstörung des Testaments am Sterbebett

Ein aktueller Fall aus England wirft interessante erbrechtliche Fragen auf und verdeutlicht die Komplexität von Testamentsstreitigkeiten. Der Fall betrifft eine 91-jährige Rentnerin, die kurz vor ihrem Tod ihr Testament zerrissen haben soll.

Sachverhalt

Die verstorbene Jean Lech hinterließ ein Vermögen von etwa 600.000 Pfund (ca. 700.000 Euro). In ihrem Testament von 2017 hatte sie verfügt, dass ihr Vermögen zu gleichen Teilen unter ihren drei Kindern aufgeteilt werden sollte[1]. Kurz vor ihrem Tod im Jahr 2019 soll sie jedoch dieses Testament in Anwesenheit ihrer Tochter Susan zerrissen haben.

Rechtliche Problematik

Der Fall wirft mehrere rechtliche Fragen auf:

1. Wirksamkeit der Testamentszerstörung: Es muss geklärt werden, ob die Zerstörung des Testaments rechtswirksam erfolgte. Hierbei spielt die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Handlung eine entscheidende Rolle.

2. Beweislast: Die Tochter Susan, die bei der angeblichen Zerstörung anwesend war, trägt die Beweislast für diesen Vorgang. Es muss geprüft werden, ob ihre Aussage allein ausreicht oder ob weitere Beweise erforderlich sind.

3. Folgen der Testamentszerstörung: Sollte die Zerstörung als wirksam anerkannt werden, würde dies zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge führen, sofern kein früheres Testament existiert.

Rechtslage in Deutschland

Nach deutschem Recht wäre die Situation wie folgt zu beurteilen:

1. Widerruf des Testaments: Die Zerstörung eines Testaments kann nach § 2255 BGB als Widerruf gelten. Allerdings muss die Erblasserin zum Zeitpunkt der Zerstörung testierfähig gewesen sein (§ 2229 BGB).

2. Gesetzliche Erbfolge: Bei wirksamer Zerstörung und Fehlen eines früheren Testaments würde die gesetzliche Erbfolge eintreten (§§ 1924 ff. BGB). Die drei Kinder wären zu gleichen Teilen erbberechtigt.

3. Anfechtung: Die anderen Erben könnten die Wirksamkeit der Testamentszerstörung anfechten, etwa wegen Testierunfähigkeit oder unzulässiger Beeinflussung (§§ 2078, 2079 BGB).

Fazit

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer klaren und rechtssicheren Gestaltung des letzten Willens. Er zeigt auch, wie wichtig es ist, Änderungen der Testamentsverfügung formal korrekt und nachweisbar vorzunehmen. Für Erblasser empfiehlt es sich, bei Änderungswünschen fachkundigen Rat einzuholen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Erbrechtlicher Streitfall: Zerstörung des Testaments am Sterbebett was last modified: November 29th, 2024 by Kai Breuning

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