Ehe, E-Mail & Erstattung: Warum das Teilen von Passwörtern weitreichende Folgen haben kann

Wer verheiratet ist, teilt vieles – das Leben, das Zuhause, manchmal auch das Passwort zum E-Mail-Account.

Doch was, wenn der Ehepartner im eigenen Namen Verträge schließt oder Vergleiche aushandelt, ohne dass man es weiß? Und was gilt rechtlich, wenn es dabei um viel Geld geht?

Das Oberlandesgericht Zweibrücken (Urteil vom 15.01.2025 – 1 U 20/24) musste genau diese Fragen beantworten – mit überraschenden Konsequenzen für alle, die in einer Partnerschaft auf blindes Vertrauen setzen.

Gesetzliche Vertretung unter Ehegatten: Was gilt?

Zunächst ein wichtiger Grundsatz:

Eheleute vertreten sich nicht automatisch gegenseitig!

Außerhalb der engen Grenzen der gesetzlichen Verpflichtungsermächtigung nach § 1357 BGB, „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“, kann ein Ehepartner den anderen nicht ohne Weiteres rechtsverbindlich vertreten.

Für alle anderen Rechtsgeschäfte – etwa bei Versicherungen, Immobilien oder Bankangelegenheiten – braucht es eine Vollmacht.

Die verschiedenen Arten der Vollmacht

  • Explizite Vollmacht:
    Diese wird ausdrücklich erteilt, z. B. als Vorsorgevollmacht, Bankvollmacht oder Generalvollmacht. Sie ist klar geregelt und meist schriftlich dokumentiert.
  • Anscheins- und Duldungsvollmacht:
    Anders sieht es aus, wenn keine ausdrückliche Vollmacht vorliegt, aber der Anschein erweckt wird, jemand dürfe im Namen des anderen handeln – oder wenn dies sogar regelmäßig geduldet wird. Juristen sprechen dann von einer Anscheinsvollmacht (§§ 164 ff. BGB).

Der Fall: Wasserschaden, E-Mail und ein überraschender Vergleich

Im Fall vor dem OLG Zweibrücken hatte eine Hauseigentümerin einen Wasserschaden und forderte von ihrer Gebäudeversicherung Ersatz – auch für Folgeschäden, die erst Jahre später auftraten.

Die Versicherung verwies jedoch auf einen bereits 2014 geschlossenen Abfindungsvergleich: Ihr Ehemann hatte per E-Mail im Namen der Frau einem Vergleich zugestimmt, woraufhin die Versicherung 10.000 Euro zahlte.

Die Frau behauptete, davon nichts gewusst zu haben – der Mann habe ohne ihre Vertretungsmacht gehandelt, der Vergleich sei unwirksam.

Das Urteil: Anscheinsvollmacht durch Passwort- und Account-Nutzung

Das OLG Zweibrücken entschied: Die Hauseigentümerin muss sich das Handeln ihres Mannes zurechnen lassen.

Warum? Sie hatte ihm das Passwort zu ihrem E-Mail-Account gegeben und es bewusst geduldet, dass er regelmäßig private und geschäftliche E-Mails in ihrem Namen verschickte.

Dadurch entstand für Dritte – hier die Versicherung – der Anschein, dass der Ehemann berechtigt war, im Namen seiner Frau zu handeln.

Wichtig: Die Versicherung durfte darauf vertrauen, dass die E-Mails tatsächlich von der Eigentümerin stammten. Eine ausdrückliche Vollmacht war nicht nötig; die gelebte Praxis reichte als Anscheinsvollmacht aus.

Das Gericht stellte klar:

Indem sie ihrem Mann das E-Mail-Passwort genannt und es bewusst geduldet hat, dass dieser regelmäßig private wie auch rechtsgeschäftliche E-Mails über ihren Account schrieb, hat sie einen falschen Anschein gesetzt. – (OLG Zweibrücken, Urteil vom 15.01.2025 – 1 U 20/24)

Keine nachträgliche Genehmigung durch Geldannahme

Das OLG widersprach auch der Vorinstanz, die eine nachträgliche Genehmigung durch das Behalten des Geldes angenommen hatte.

Allein der Zahlungseingang lasse nicht erkennen, dass damit alle weiteren Ansprüche – auch für Folgeschäden – erloschen seien.

Fazit: Passwort-Weitergabe will gut überlegt sein!

Das Urteil zeigt: Auch in einer funktionierenden Ehe sollte man sich genau überlegen, ob und welche Passwörter man teilt.

Wer dem Partner Zugang zu seinem E-Mail-Account gibt und duldet, dass dieser regelmäßig im eigenen Namen kommuniziert, riskiert, dass daraus weitreichende rechtliche Bindungen entstehen – sogar dann, wenn man von einzelnen Vorgängen gar nichts wusste.

Tipp:

  • Überlegen Sie gut, ob Sie Passwörter teilen – und wenn ja, für welche Konten und in welchem Umfang.
  • Klären Sie, ob und für welche Geschäfte Ihr Partner Sie vertreten darf.
  • Im Zweifel empfiehlt sich eine klare, schriftliche Vollmachtsregelung.

Sie haben Fragen zu Vollmachten, Vertretung oder zu den rechtlichen Folgen gemeinsamer Kontonutzung? Die Kanzlei Breuning berät Sie gerne – damit Vertrauen nicht zum Risiko wird!

Ehe, E-Mail & Erstattung: Warum das Teilen von Passwörtern weitreichende Folgen haben kann was last modified: Juni 14th, 2025 by Ralf Römling

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