Namensrecht im Spannungsfeld internationaler Staatsangehörigkeiten: Warum der BGH klare Kante zeigt

Deutschlands Gesellschaft ist vielfältig – und das spiegelt sich auch in komplexen Rechtsfällen wider.

Ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2023, XII ZB 180/22) demonstriert, wie das deutsche Recht mit kulturell geprägten Namensregeln umgeht, wenn mehrere Staatsangehörigkeiten im Spiel sind.

Ausgangslage: Doppelname nach ghanaischem Recht vs. deutsche Staatsangehörigkeit

Eine ghanaische Mutter und ein deutscher Vater wollten ihrem 2019 geborenen Kind den Familiennamen „G…-W…“ geben – eine Kombination aus mütterlichem Geburtsnamen und väterlichem Nachnamen nach ghanaischem Recht.

Das Standesamt trug jedoch den Namen der Mutter („L…-G…“) ein, da diese zum Geburtszeitpunkt noch ihren geschiedenen Ehenamen führte.

Die Eltern klagten auf Berichtigung nach § 48 PStG, gestützt auf Art. 10 Abs. 1 EGBGB, der bei Namensfragen das Heimatrecht des Kindes vorsieht.

Rechtsstreit: Zwischen Namenskontinuität und Staatsangehörigkeit

Das Kammergericht (KG) gab den Eltern recht: Da das Kind bei Geburt die ghanaische Staatsangehörigkeit besaß, sei ghanaisches Namensrecht anzuwenden.

Der später erworbene deutsche Pass durch Vaterschaftsanerkennung (§ 4 Abs. 1 S. 2 StAG) ändere nichts am bereits vergebenen Namen – der Grundsatz der Namenskontinuität schütze bestehende Namensverhältnisse.

Doch der BGH korrigierte diese Auffassung entscheidend:

  1. Rückwirkende Staatsangehörigkeit verdrängt ausländisches Namensrecht
    Durch die Vaterschaftsanerkennung erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend auf den Geburtszeitpunkt (§ 4 Abs. 1 S. 2 StAG). Damit unterliegt die Namensbestimmung ab diesem Moment ausschließlich deutschem Sachrecht (Art. 10 Abs. 1 EGBGB).
  2. Kein Automatismus für Namenskontinuität
    Der BGH betont: Der Grundsatz der Namenskontinuität gilt nicht, wenn die Namensgebung ursprünglich unter verändertem Rechtsstatut Ein nach ausländischem Recht erworbener Name wird nicht „konserviert“, sobald deutsches Recht maßgeblich wird.
  3. Deutsche Personalhoheit vor kulturellen Präferenzen
    Mit dem Staatsangehörigkeitserwerb beansprucht Deutschland die kollisionsrechtliche Personalhoheit – selbst wenn das Kind weiterhin die ghanaische Staatsbürgerschaft besitzt. Die Eltern können nur dann einen ausländischen Namen wählen, wenn sie dies explizit nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB

Praxisrelevanz: Was bedeutet das für binationale Familien?

  • Namenswahl aktiv regeln: Bei Geburt eines Kindes mit ausländischem Elternteil sollte die Namensgebung frühzeitig unter Berücksichtigung des deutschen Rechtsrahmens geplant werden.
  • Rechtswahl klug nutzen: Durch eine bewusste Entscheidung nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB lässt sich ausländisches Namensrecht einbeziehen – aber nur, solange dies nicht gegen den deutschen ordre public verstößt.
  • Standesamt konsultieren: Bei Unsicherheiten empfiehlt sich frühzeitige Rücksprache, um spätere Registerberichtigungen zu vermeiden.

Der Fall zeigt: Internationale Familienkonstellationen erfordern präzise rechtliche Abstimmung – gerade beim Namensrecht, das Identität und Verwaltungsakte prägt.

Der BGH macht klar: Die deutsche Staatsangehörigkeit setzt hier klare Grenzen, selbst bei wohlmeinenden kulturellen Traditionen.

Namensrecht im Spannungsfeld internationaler Staatsangehörigkeiten: Warum der BGH klare Kante zeigt was last modified: Juni 14th, 2025 by Ralf Römling

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