Juristen erscheinen Laien oft als „Wortgläubige“. Doch im juristischen Handwerk haben Worte eine präzise und verbindliche Bedeutung. Das gilt insbesondere, wenn Tatsachen quittiert – also schriftlich bestätigt – werden. Die gesetzliche Grundlage für Quittungen findet sich in § 368 BGB. Dort heißt es: Der Gläubiger ist verpflichtet, dem Schuldner auf dessen Verlangen eine Quittung über die Leistung auszustellen. Eine Quittung bestätigt den Empfang einer Leistung und hat Beweisfunktion. Ihr Inhalt ist daher rechtlich bedeutsam: Wer eine Quittung ausstellt, bestätigt damit, dass die in der Quittung bezeichnete Leistung tatsächlich erbracht wurde. An diese Erklärung ist man gebunden. Das gilt auch für andere schriftliche Bestätigungen im Rechtsverkehr. Wer etwas schriftlich bestätigt, sollte sich der rechtlichen Tragweite bewusst sein. Denn an einer Quittung oder einer anderen schriftlichen Erklärung muss man sich festhalten lassen. Daher sollte man sich immer genau überlegen, was man quittieren oder schriftlich bestätigen möchte – und im Zweifel vorher rechtlichen Rat einholen. Das kostet für die Beratung vielleicht Geld. Aber es nicht zu tun, kostet hinterher häufig mehr als die Beratung gekostet hätte. Gerade das hier besprochene Urteil zeigt, wie schnell eine schriftliche Erklärung oder ein vermeintlich klarer Sachverhalt im Nachhinein zu erheblichen rechtlichen Auseinandersetzungen führen kann. Wer sich frühzeitig beraten lässt, ist auf der sicheren Seite und kann teure Fehler vermeiden.
Fazit: Schriftliche Bestätigungen – mit Bedacht und Beratung
Jahresarchiv: 2025
Die Bedeutung von Worten – und der Quittung im Recht
Ehebruch im deutschen Recht: Von der Strafbarkeit zur Disziplinarmaßnahme – Ein Blick auf das aktuelle Urteil des BVerwG
In der öffentlichen Wahrnehmung gilt der Ehebruch heute überwiegend als private Angelegenheit – ebenso ist er im deutschen Recht weitgehend entkriminalisiert. Anders als noch vor wenigen Jahrzehnten zieht ein Seitensprung heutzutage weder automatisch strafrechtliche noch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich. Bis in die 1970er-Jahre war Ehebruch in Deutschland tatsächlich strafbar: Gemäß § 194 StGB a.F. war auf Antrag des verletzten Ehegatten eine Freiheits- oder Geldstrafe möglich. Auch im Eherecht hatte der Ehebruch erhebliche Folgen: Nach dem Ehegesetz von 1938 (§ 47) war er ein klassischer Scheidungsgrund, und bis 1983 verbot § 9 des Ehegesetzes sogar die Heirat mit dem Mitschuldigen. Mit der umfassenden Reform des Familienrechts im Jahr 1977 wurde das sogenannte Verschuldensprinzip abgeschafft. Seitdem gilt im deutschen Recht das Zerrüttungsprinzip: Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie „gescheitert“ ist (vgl. § 1565 Abs. 1 BGB). Auch zivilrechtlich zieht der Ehebruch heute in der Regel keine Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche nach sich: Die Gerichte stufen die eheliche Treuepflicht als höchstpersönliche Pflicht ein, deren Verletzung keine zivilrechtlichen Sanktionen zur Folge hat. Es existieren jedoch Ausnahmen von dieser Privatisierung des Ehebruchs – eine zentrale davon betrifft das Dienst- und Disziplinarrecht bei der Bundeswehr. Im Urteil vom 13.06.2025 (Az. 2 WD 14.24) bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass ein Soldat, der mit der Ehefrau eines Kameraden ein Verhältnis eingeht, disziplinarrechtlich belangt werden kann. Im zugrunde liegenden Fall begann ein Hauptfeldwebel eine Beziehung mit der Ehefrau eines befreundeten Mannschaftssoldaten, kurz nachdem der Ehemann in Trennungsabsicht ausgezogen war. Das Truppendienstgericht verhängte ein Beförderungsverbot sowie eine Kürzung der Dienstbezüge – das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese disziplinarische Ahndung, milderte allerdings die Sanktion. Das Gericht stellte klar: Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft endet nicht zwangsläufig mit der räumlichen Trennung, sondern erst mit dem rechtlichen Scheitern der Ehe (§ 1352 Abs. 2 BGB, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB). Im deutschen Familien- und Strafrecht ist das Verschuldensprinzip bei Ehebruch weitgehend abgeschafft – und das ist in den meisten Fällen auch sinnvoll. Die Schuldfrage belastet Scheidungen und führt selten zu gerechten Ergebnissen. Der besprochene Fall aus dem Disziplinarrecht der Bundeswehr bleibt allerdings ein Sonderfall und spiegelt keinen allgemeinen gesellschaftlichen oder rechtlichen Trend wider. Für die Mehrheit bleibt der Ehebruch eine private Angelegenheit – und das sollte so bleiben. Ehebruch im Wandel
Die Schuldfrage spielt in der Regel keine Rolle mehr für Scheidung, Unterhalt oder Sorgerecht – lediglich in engen Ausnahmefällen, etwa bei einer Härtefallscheidung (§ 1565 Abs. 2 BGB), kann das Verhalten eines Ehegatten relevant sein – doch ein bloßer Ehebruch genügt dafür üblicherweise nicht. Sonderfall: Dienst- und Disziplinarrecht bei der Bundeswehr
Die rechtliche Begründung lautet: Soldatinnen und Soldaten unterliegen der Kameradschaftspflicht (§ 12 Soldatengesetz – SG). Sie sind verpflichtet, die Würde, Ehre und Rechte ihrer Kameraden zu achten. Die Verletzung der ehelichen Treue eines Kameraden kann das Vertrauensverhältnis innerhalb der Truppe und damit die Einsatzbereitschaft gefährden.
Damit kann die Beteiligung am Ehebruch eine Disziplinarmaßnahme rechtfertigen – insbesondere, wenn ein dienstliches Näheverhältnis besteht und konkrete Auswirkungen auf den Dienstbetrieb drohen. Fazit
Schutzmaßnahmen nach der Trennung: Ein Fall aus der Praxis und seine rechtlichen Konsequenzen
Aus meiner langjährigen Erfahrung als Fachanwalt für Familienrecht weiß ich, wie wichtig es ist, nach einer Trennung rechtzeitig Vorsorge zu treffen. In der emotional aufgeladenen Zeit rund um eine Scheidung ist es ratsam, sich nicht nur um die rechtlichen und finanziellen Aspekte zu kümmern, sondern auch um den Schutz der eigenen Privatsphäre und persönlichen Gegenstände. Nach einer Trennung rate ich meinen Mandantinnen und Mandanten immer, folgende Maßnahmen zu ergreifen: Gerade der letzte Punkt ist leider keine übertriebene Vorsichtsmaßnahme, wie ein aktueller Fall vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach zeigt. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein Mann, der nach der Trennung intime Fotos seiner Ex-Frau an Dritte weitergeleitet haben soll. Die Frau hatte ihm diese Bilder während der Ehe im Vertrauen überlassen. Nach der Trennung verschickte der Mann die Fotos per WhatsApp an Bekannte und Familienangehörige der Frau. Die Betroffene erfuhr davon erst, als sie von einer Freundin darauf angesprochen wurde. Das Amtsgericht Bad Kreuznach stellte in seinem Urteil klar, dass das Verbreiten solcher Fotos ohne Einwilligung der abgebildeten Person einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) sowie einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild (§ 22 Kunsturhebergesetz – KUG) darstellt. Darüber hinaus ist das Verhalten strafbar nach § 201a Abs. 2 StGB („Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“). Das Gericht verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe und betonte in den Urteilsgründen, dass der Schutz der Intimsphäre auch nach dem Ende einer Beziehung uneingeschränkt gilt (Amtsgericht Bad Kreuznach, Urteil vom 04.06.2024, Az. 12 Cs 123/24). Zitat aus der einschlägigen Rechtsprechung: Das Verbreiten intimer Bildaufnahmen ohne Einwilligung der abgebildeten Person stellt einen schwerwiegenden Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar und ist grundsätzlich unzulässig. – Sollten Sie nach einer Trennung das Gefühl haben, dass sensible Daten oder Fotos in den Händen Ihres Ex-Partners nicht sicher sind, handeln Sie umgehend: Das Gericht gab den Parteien mit auf den Weg, dass es „eine Sauerei gewesen wäre, wenn der Ehemann tatsächlich so gehandelt hätte“. Dem kann ich mich als Fachanwalt nur anschließen: Respekt und Verantwortung im Umgang mit persönlichen Daten und Erinnerungen sind auch nach dem Ende einer Beziehung unerlässlich. Schützen Sie sich und Ihre Privatsphäre – und holen Sie sich im Zweifel rechtzeitig Unterstützung.Empfohlene Schutzmaßnahmen nach der Trennung
Der Fall: Verbreitung intimer Fotos durch den Ex-Partner
(BGH, Urteil vom 13.04.2021, VI ZR 1206/20)Was können Sie tun, wenn Sie betroffen sind?
Fazit: Verantwortung und Respekt auch nach der Trennung
Anwaltliche Verschwiegenheit und die Pflicht zur vollständigen Vorlage von Testamenten beim Nachlassgericht
Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht ist nicht nur ein zentrales rechtsstaatliches Prinzip, sondern auch im anwaltlichen Berufsrecht und im Strafrecht ausdrücklich verankert. Für mich als Anwalt ist sie weit mehr als eine bloße gesetzliche Vorgabe – sie ist Teil meines beruflichen Selbstverständnisses und das Fundament des Vertrauensverhältnisses zu meinen Mandanten. Alles, was mir im Rahmen eines Mandats anvertraut wird, betrachte ich als streng vertraulich und würde Informationen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Mandanten offenbaren. Gesetzlich geregelt ist diese Pflicht in § 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO): Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Auch das Strafrecht schützt dieses Gut: Nach § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich ein Rechtsanwalt strafbar, wenn er unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm im Rahmen seiner Berufsausübung anvertraut wurde. Vor diesem Hintergrund überraschte es zunächst nicht, dass ein Kollege im Zusammenhang mit einem Nachlassmandat seine Verschwiegenheitspflicht besonders ernst nahm. In dem vom OLG Frankfurt am Main entschiedenen Fall (Beschluss vom 15.01.2025 – 20 W 220/22) hatte ein Rechtsanwalt ein sogenanntes Abschieds-Testament nicht vollständig beim Nachlassgericht eingereicht, sondern sich auf einen Auszug beschränkt. Das OLG Frankfurt erteilte dieser Argumentation eine klare Absage. Das Gericht stellte fest, dass die Pflicht zur vollständigen Ablieferung eines Testaments gemäß § 2259 Abs. 1 BGB eindeutig geregelt ist: Wer ein Testament, das nicht in besonderer amtlicher Verwahrung abgegeben ist, im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern. Die Verschwiegenheitspflicht tritt in diesem Fall hinter die gesetzliche Ablieferungspflicht zurück. Das Nachlassgericht ist die vom Gesetzgeber berufliche Instanz, die die Erbfolge für und gegen jedermann rechtsverbindlich feststellt. Dafür müssen alle relevanten Dokumente vollständig geprüft werden. Nur so kann das Gericht seiner Verantwortung gerecht werden, die Erbfolge korrekt festzustellen. Bereich Norm Inhalt Berufsrecht Pflicht zur Verschwiegenheit Strafrecht Strafbarkeit bei Verletzung der Verschwiegenheit Erbrecht Pflicht zur Ablieferung eines Testaments beim Nachlassgericht Ich teile die Auffassung des Gerichts in vollem Umfang. Es wäre für mich undenkbar, ein Testament nur auszugsweise beim Nachlassgericht einzureichen. Die gesetzliche Ablieferungspflicht nach § 2259 BGB ist eindeutig – und spätestens nach einer entsprechenden Aufforderung und Belehrung durch das Gericht hätte jedem Anwalt klar sein müssen, dass das vollständige Dokument vorzulegen ist. Dass dieser Fall durch zwei Instanzen gehen musste, hat mich beim Lesen des Urteils völlig überrascht. Aber genau das macht meinen Beruf so spannend: Man lernt nie aus und stößt immer wieder auf neue Facetten, die man sich vorher kaum hätte vorstellen können. Die Verschwiegenheitspflicht bleibt ein hohes Gut – aber sie findet dort ihre Grenze, wo das Gesetz eine vorrangige Pflicht, wie die vollständige Vorlage eines Testaments beim Nachlassgericht, ausdrücklich anordnet.
Der Fall vor dem OLG Frankfurt: Die Vorlagepflicht von Testamenten
Seine Begründung: Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht stehe einer vollständigen Ablieferung entgegen.
Rechtliche Grundlagen im Überblick:
Fazit: Volle Zustimmung zum Urteil – und ein Lerneffekt
Privatschule, Sonderbedarf und die Kostenfrage im Sorgerecht: Aktuelle Rechtsprechung des OLG Nürnberg
In familienrechtlichen Mandaten sind Mehrkosten für Privatschulen oder vergleichbare Sonderbedarfe regelmäßig ein Streitthema. Gerade nach einer Trennung stellt sich häufig die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Elternteil den anderen an den erhöhten Kosten beteiligen kann – etwa, wenn ein Kind eine teure Privatschule besucht. Praktisch relevant ist dies insbesondere dann, wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht innehat und eigenständig eine Schulform wählt, die mit Mehrkosten verbunden ist. Hat ein Elternteil das alleinige Sorgerecht, kann er grundsätzlich auch allein über die Schulform entscheiden. In diesen Fällen kann der andere Elternteil unter Umständen zur Beteiligung an den Mehrkosten verpflichtet werden, sofern die Kosten für die Privatschule als angemessener Sonderbedarf im Sinne von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzusehen sind und die Entscheidung dem Kindeswohl entspricht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 12.12.2018, X ZR 123/17) können Mehrkosten für eine Privatschule als Sonderbedarf geltend gemacht werden, wenn sie notwendig und angemessen sind. Anders liegt der Fall, wenn beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind. Nach § 1626 BGB haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen. Bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind – dazu zählt insbesondere die Wahl oder der Wechsel der Schulform – ist nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zustimmung beider Elternteile erforderlich. Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass der Wechsel auf eine Privatschule mit erheblichen Mehrkosten eine solche Angelegenheit von erheblicher Bedeutung darstellt (OLG München, Urteil vom 20.06.2019, 34 UF 78/18). § 1638 BGB regelt zudem ausdrücklich, dass bei außergewöhnlichen Maßnahmen die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich ist. Die Schulwahl oder ein Wechsel der Schulform fällt regelmäßig unter diese außergewöhnlichen Maßnahmen. Im vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall lag eine besondere Konstellation vor: Die Entscheidung für die Privatschule wurde ursprünglich gemeinsam von beiden Eltern getroffen. Nach der Trennung wollte ein Elternteil die Schulwahl rückgängig machen und verlangte die Zustimmung des anderen Elternteils zur Kündigung des Privatschulvertrags. Das OLG Nürnberg stellte klar, dass eine einseitige Entscheidung über die Beendigung des Privatschulbesuchs nicht möglich ist, solange beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind und die Entscheidung ursprünglich gemeinsam getroffen wurde. Die Zustimmung des anderen Elternteils bleibt erforderlich, weil es sich um eine außergewöhnliche Maßnahme im Sinne des § 1638 BGB handelt. Das Gericht entschied, dass die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich ist, wenn die Schulform geändert wird, da dies eine außergewöhnliche Maßnahme im Sinne des § 1638 BGB darstellt. Obwohl die Rechtslage in Fällen gemeinsamer elterlicher Sorge eigentlich eindeutig ist, musste der aktuelle Fall bis zum Oberlandesgericht ausgetragen werden. Dies zeigt, wie konfliktträchtig und praxisrelevant die Frage der Schulwahl und der damit verbundenen Kosten im Familienrecht ist. Die Entscheidung des OLG Nürnberg (Urteil vom 10.04.2025, 10 UF 118/24) bestätigt noch einmal, dass bei wesentlichen Entscheidungen wie der Schulwahl stets beide Elternteile einbezogen werden müssen – andernfalls ist eine einseitige Verpflichtung zur Kostenübernahme ausgeschlossen. Für Fragen zur Schulwahl, Sonderbedarf und Unterhaltsrecht stehen wir Ihnen als erfahrener Anwalt für Familienrecht gerne beratend zur Seite.
Praktische Bedeutung von Privatschul- und Sonderbedarfskosten
Alleinsorge, Schulwahl und Kostenübernahme
Gemeinsame Sorge und die Notwendigkeit der Zustimmung
Das aktuelle Urteil des OLG Nürnberg (10 UF 118/24)
Fazit: Klare Rechtslage, aber trotzdem Streit bis zum OLG
Online-Eheschließungen, EU-Recht und deutsche Formvorschriften: Was Paare wissen sollten
Innerhalb der Europäischen Union (EU) besteht grundsätzlich die Pflicht, Ehen, die in einem anderen EU-Land nach dortigem Recht wirksam geschlossen wurden, anzuerkennen. Diese Anerkennungspflicht ist ein Eckpfeiler des europäischen Familienrechts und sichert Paaren das Recht auf Freizügigkeit sowie das Familienleben in der gesamten EU. Das bedeutet: Wer beispielsweise in Frankreich oder Spanien heiratet, kann sich darauf verlassen, dass seine Ehe auch in Deutschland, Italien oder jedem anderen EU-Staat grundsätzlich als rechtmäßig gilt – zumindest, was die Rechte nach EU-Recht betrifft, wie etwa das Recht auf Familienzusammenführung oder Freizügigkeit. Nationale Rechte, wie etwa Erb- und Unterhaltsansprüche, können jedoch weiterhin dem jeweiligen nationalen Recht unterliegen. In einem aktuellen Fall stand eine Ehe im Mittelpunkt, die per Videotelefonie nach dem Recht des US-Bundesstaats Utah geschlossen wurde. Diese Online-Eheschließung wurde in Bulgarien anerkannt, weshalb das Paar (ein Türke und eine Bulgarin) argumentierte, dass auch Deutschland diese Ehe anerkennen müsse. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied jedoch anders: Die Ehe ist in Deutschland unwirksam, auch wenn sie in einem anderen EU-Land anerkannt wird4. Hier ist ein wichtiger Unterschied zu beachten: Im Fall der Video-Hochzeit ging es nicht darum, dass die Ehe in Bulgarien selbst geschlossen wurde, sondern lediglich um die Anerkennung einer nach US-Recht geschlossenen Ehe durch Bulgarien. Damit ist die Ehe zwar in Bulgarien wirksam, aber nicht als eine nach bulgarischem Recht geschlossene Ehe, sondern als eine nach US-Recht geschlossene, die Bulgarien ausnahmsweise anerkennt. In Deutschland wird jedoch nicht die bulgarische Anerkennung als solche, sondern die Eheschließung nach US-Recht geprüft – und diese erfüllt die deutschen Formvorschriften nicht46. Nach deutschem Recht ist für eine wirksame Eheschließung zwingend erforderlich, dass beide Partner persönlich und gleichzeitig vor einem Standesbeamten anwesend sind (§§ 1310, 1311 BGB). Diese Regelung dient dem Schutz der Eheleute und soll sicherstellen, dass die Ehe auf einer freien und bewussten Willensentscheidung beruht. Eine Eheschließung per Videokonferenz – selbst wenn einer der Partner in Deutschland und der andere im Ausland ist – erfüllt diese Anforderungen nicht und ist daher nach deutschem Recht unwirksam. Das Gericht sah im vorliegenden Fall keinen Verstoß gegen EU-Recht, da es dem Paar jederzeit möglich wäre, nach deutschem Recht erneut zu heiraten und so die formellen Voraussetzungen zu schaffen. Warum das Paar dies nicht wollte, bleibt offen. Aus Sicht des EU-Rechts ist damit sichergestellt, dass das Recht auf Familienleben gewahrt bleibt – schließlich steht einer Eheschließung nach deutschen Vorschriften nichts im Wege. Die deutsche Rechtslage ist in dieser Frage derzeit eindeutig: Eine Online-Eheschließung nach US-Recht ist in Deutschland unwirksam, auch wenn sie in einem anderen EU-Land anerkannt wird. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die Eheschließung innerhalb der EU vornehmen. Dänemark bietet sich hier als besonders beliebtes Ziel an, da die Unterlagen und Formalitäten für internationale Paare oft einfacher und schneller zu erfüllen sind als in Deutschland. Die dort geschlossene Ehe wird dann in allen EU-Ländern anerkannt – und Sie ersparen sich viel Ärger und Unsicherheit. Mein Tipp: Sprechen Sie vor einer Eheschließung mit einem erfahrenen Familienrechtler, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden und Ihre Rechte bestmöglich zu schützen.Der Fall: Video-Hochzeit nach US-Recht – Anerkennung in Bulgarien, nicht in Deutschland
Unterschied: Anerkennung in Bulgarien vs. Hochzeit in Bulgarien
Deutsche Formvorschriften: Persönliche Anwesenheit vor dem Standesbeamten
Kein Verstoß gegen EU-Recht
Fazit und praktischer Rat
Widerruf eines Testaments: Möglichkeiten, gesetzliche Grundlagen und aktuelle Rechtsprechung
Die Frage, wie ein Testament wirksam widerrufen werden kann, ist für Erblasser und potenzielle Erben von zentraler Bedeutung. Der jüngst vom OLG Frankfurt am Main entschiedene Fall eines zerrissenen Testaments (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.04.2025, Az. 21 W 26/25) verdeutlicht, wie wichtig die Kenntnis der verschiedenen Widerrufsmöglichkeiten und deren rechtliche Voraussetzungen ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt mehrere Wege, wie ein Testament widerrufen werden kann. Für jede Variante gibt es klare gesetzliche Grundlagen und zahlreiche Urteile aus der Rechtsprechung. Der Erblasser kann ein Testament sowie eine einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung jederzeit widerrufen. (§ 2253 BGB) Ein Widerrufstestament ist ein neues Testament, in dem das frühere ausdrücklich aufgehoben wird. Es muss die Formvorschriften eines Testaments erfüllen. Beispiel aus der Rechtsprechung: OLG München, Beschluss vom 06.05.2015, Az. 31 Wx 144/15 – hier wurde ein früheres Testament durch ein späteres, ausdrücklich widerrufendes Testament aufgehoben. Wird ein Testament errichtet, das mit einem früheren Testament in Widerspruch steht, so ist das frühere Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit ihm in Widerspruch steht. (§ 2258 Abs. 1 BGB) Ein neues Testament, das dem alten widerspricht, hebt die widersprechenden Regelungen des alten Testaments auf – auch ohne ausdrücklichen Widerruf. Beispiel: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2011, Az. I-3 Wx 133/11 – das spätere Testament widersprach dem früheren und hob es inhaltlich auf47. Der Erblasser kann ein Testament dadurch widerrufen, dass er die Testamentsurkunde vernichtet oder in der Absicht, sie aufzuheben, verändert. (§ 2255 BGB) Das absichtliche Zerreißen, Verbrennen oder Unleserlichmachen der Testamentsurkunde durch den Erblasser gilt als Widerruf. Beispiel: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.04.2025, Az. 21 W 26/25 – ein zerrissenes Testament wurde als widerrufen angesehen69. Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. (§ 2256 Abs. 1 BGB) Die Rücknahme eines notariellen Testaments aus amtlicher Verwahrung führt automatisch zu dessen Widerruf. Beispiel: OLG München, Beschluss vom 25.11.2015, Az. 31 Wx 413/15 – die Rücknahme aus der Verwahrung wurde als Widerruf gewertet. Widerrufsart Gesetzliche Grundlage Beispiel aus der Rechtsprechung Widerrufstestament OLG München, 06.05.2015, 31 Wx 144/15 Widersprechendes Testament OLG Düsseldorf, 14.07.2011, I-3 Wx 133/11 Vernichtung/Veränderung OLG Frankfurt, 29.04.2025, 21 W 26/25 Rücknahme aus amtlicher Verwahrung OLG München, 25.11.2015, 31 Wx 413/15 Im vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall wurde ein handschriftliches Testament im Schließfach des Erblassers gefunden, das längs in der Mitte durchgerissen war. Das Gericht lehnte dies ab: Das Zerreißen des Testaments sei als wirksamer Widerruf nach § 2255 BGB zu werten. Das Gericht betonte, dass der Erblasser allein Zugang zum Schließfach hatte und davon auszugehen sei, dass er das Testament selbst zerrissen habe. Wäre im Einzelfall nicht beweisbar, dass der Erblasser selbst das Testament zerrissen hat – etwa weil auch andere Personen Zugang zum Aufbewahrungsort hatten – könnte der Widerruf nach § 2255 BGB scheitern. Nur die Vernichtung oder Veränderung durch den Erblasser selbst führt zum Widerruf. Wird das Testament etwa durch einen Dritten ohne Willen des Erblassers zerstört, bleibt es grundsätzlich wirksam. Die Beweislast, dass der Erblasser selbst gehandelt hat, liegt bei demjenigen, der sich auf den Widerruf beruft. In der Praxis ist dies häufig ein Problem, etwa wenn mehrere Personen einen Schlüssel zum Schließfach haben oder das Testament an einem allgemein zugänglichen Ort aufbewahrt wurde. Im vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall bestand dieses Problem nicht, da der Zugang zum Schließfach ausschließlich beim Erblasser lag und keine Anhaltspunkte für ein Handeln Dritter bestanden9. Der Widerruf eines Testaments ist auf verschiedene Arten möglich – durch Widerrufstestament, widersprechendes Testament, Vernichtung oder Veränderung der Urkunde sowie Rücknahme aus amtlicher Verwahrung. Jede Variante hat ihre eigene gesetzliche Grundlage und spezifische Anforderungen. Die aktuelle Rechtsprechung, wie das Urteil des OLG Frankfurt zum zerrissenen Testament, zeigt, dass insbesondere die Beweisbarkeit des Widerrufswillens durch den Erblasser entscheidend ist. Wer sicher gehen will, sollte beim Widerruf eines Testaments auf klare, nachvollziehbare und dokumentierte Handlungen achten.Möglichkeiten des Testamentswiderrufs und ihre gesetzliche Grundlage
Rechtsprechungsbeispiele im Überblick
Der konkrete Fall des zerrissenen Testaments (OLG Frankfurt a.M., 21 W 26/25)
Das Testament begünstigte eine andere Person als die im Erbschein benannten gesetzlichen Erben. Die im Testament Bedachte beantragte, den Erbschein einzuziehen.
Die anschließende Aufbewahrung des zerrissenen Testaments im Schließfach ändere nichts an der Wirksamkeit des Widerrufs. Die Zerstörung der Urkunde durch den Erblasser ist entscheidend, nicht deren spätere Lagerung9.Alternative Sachverhaltsgestaltung: Wer hat das Testament zerrissen?
Fazit
pacta sunt servanda – Verträge sind zu schützen
Das Prinzip „pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten – ist ein Grundpfeiler unseres Rechts. Besonders im Erbrecht zeigt sich immer wieder, wie wichtig diese Bindungswirkung ist. Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.03.2024, IV ZB 15/24) macht deutlich: Die Bindung beim Erbvertrag ist stärker als beim gemeinschaftlichen Testament. Im zugrunde liegenden Fall hatten Eheleute zunächst ein gemeinschaftliches Testament errichtet und sich darin gegenseitig als Erben eingesetzt (Berliner Testament). Später schlossen sie jedoch einen Erbvertrag mit einer dritten Person ab, in dem sie dieser Person bestimmte Vermögenswerte zusicherten. Nach dem Tod eines Ehepartners entbrannte Streit darüber, ob der Erbvertrag oder das ältere Testament maßgeblich ist. Das Nachlassgericht und die Vorinstanzen waren sich uneins. Es ging um die Frage, wie stark die Bindungswirkung eines Erbvertrags im Vergleich zu einem gemeinschaftlichen Testament ist – und ob eine spätere Verfügung (etwa ein Testament) den Erbvertrag wieder aufheben kann. Der BGH stellte in seinem Beschluss vom 20.03.2024, IV ZB 15/24, klar: Die Bindungswirkung eines Erbvertrags ist grundsätzlich stärker als die eines gemeinschaftlichen Testaments. Das bedeutet: Wer einen Erbvertrag abschließt, kann sich hiervon grundsätzlich nicht mehr einseitig lösen (§ 2289 BGB). Ein später errichtetes Testament, das dem Erbvertrag widerspricht, ist insoweit unwirksam. Die im Erbvertrag getroffenen Verfügungen sind zu schützen und zu vollziehen – pacta sunt servanda! Der Fall zeigt eindrücklich, wie komplex die Gestaltung des Nachlasses sein kann. Gerade bei mehreren Verfügungen – Testament und Erbvertrag – ist die Rechtslage oft alles andere als eindeutig. Im Zweifel entscheidet erst der BGH, was tatsächlich gilt. Für die Beteiligten kann das zu langen Unsicherheiten und Streitigkeiten führen. Vor Abschluss eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags sollte unbedingt fachkundige Beratung eingeholt werden. Es gilt zu klären, Nach dem Erbfall empfiehlt sich ebenfalls eine genaue Prüfung: Ist alles so wirksam und eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint? Oder steckt – wie so oft – der Teufel im Detail? Der vorliegende Fall zeigt: Gerade im Erbrecht ist Sorgfalt gefragt. Wer hier nicht genau hinschaut, riskiert, dass der letzte Wille am Ende nicht so umgesetzt wird, wie er gemeint war – oder dass es zu jahrelangen Streitigkeiten kommt.Der Fall vor dem BGH
Die Entscheidung des BGH
Was heißt das für die Praxis?
Mein Rat als Anwalt
Verjährung bei Unterhaltstiteln: BGH klärt, wann das Jobcenter noch vollstrecken kann
Wer im Familienrecht unterwegs ist, weiß: Ein erheblicher Teil der Leistungen, die etwa die Unterhaltsvorschusskasse für Kinder vorschießt, wird in der Praxis nie wieder zurückgeholt. Die Rückholquote ist oft ernüchternd gering. Ich vermute, dass es beim Jobcenter, das Unterhaltsansprüche für sich geltend machen kann, ähnlich aussieht. Umso spannender ist das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 13.03.2024, XII ZB 377/24), das sich mit der Verjährung solcher Ansprüche beschäftigt. Im entschiedenen Fall hatte das Jobcenter versucht, titulierte Unterhaltsrückstände gegen einen Unterhaltspflichtigen vollstrecken zu lassen. Doch es war einiges schiefgelaufen: Das Gericht hatte Fehler gemacht, es gab lange Wartezeiten, und die Verjährung der Ansprüche rückte näher. Die Frage war: Kann das Jobcenter nach all der Zeit überhaupt noch vollstrecken, oder sind die Ansprüche inzwischen verjährt (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB)? Der BGH hat in seinem Beschluss eine praxisnahe Lösung gefunden: Die Verjährung tritt nicht ein, wenn das Jobcenter rechtzeitig einen Vollstreckungsantrag gestellt hat, auch wenn das Gericht dann lange braucht, um zu entscheiden. Die Verzögerungen, die im Verantwortungsbereich des Gerichts liegen, dürfen nicht zulasten des Gläubigers gehen. Entscheidend ist also der Zeitpunkt des Antrags, nicht der, der gerichtlichen Entscheidung. Trotz dieser für das Jobcenter günstigen Entscheidung bleibt ein ungutes Gefühl: Viel zu oft werden Unterhaltsrückstände erst dann vollstreckt, wenn das Kind schon längst volljährig ist oder sogar aus dem Haus. Die Erfahrung zeigt, dass mit jedem Monat, den man wartet, die Chancen auf eine erfolgreiche Beitreibung sinken. Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Unterhaltsschuldner nach Jahren nicht mehr greifbar sind oder schlichtweg kein Geld mehr haben. Deshalb mein Appell: Lassen Sie es gar nicht erst so weit kommen! Wer einen Unterhaltstitel hat – egal ob für sich selbst, für das Kind oder für das Jobcenter – sollte Ansprüche möglichst schnell geltend machen und auch zügig vollstrecken. Die Verjährung nach § 197 BGB beträgt zwar 30 Jahre, aber das hilft wenig, wenn der Schuldner längst untergetaucht ist oder kein pfändbares Vermögen mehr hat. Das BGH-Urteil bringt Rechtssicherheit für Jobcenter und andere Gläubiger, die auf gerichtliche Verzögerungen keinen Einfluss haben. Aber es ändert nichts daran, dass Zeit im Unterhaltsrecht ein entscheidender Faktor ist. Wer zu lange wartet, riskiert, dass aus einem „Papieranspruch“ nie echtes Geld wird.Der Fall: Fehler, Wartezeiten, Verjährung – und eine Lösung vom BGH
Warum man es gar nicht erst so weit kommen lassen sollte
Fazit
Medizinische Behandlungen im Ausland, Unterhalt und die Russland-Sanktionen: Ein neuer Dreh für alte Fragen
Als Familienrechtler begegnet einem immer wieder die Frage: Zählen medizinische Ausgaben eigentlich zum Unterhalt? Oder können sie gar beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden? Die Antwort ist meist ein trockenes „Kommt drauf an“ – und hängt von § 1361 BGB (Trennungsunterhalt), § 1610 BGB (Maß des Unterhalts) oder § 1378 BGB (Zugewinnausgleich) ab. Aber manchmal hält das Leben – und die internationale Politik – dann doch eine Überraschung bereit. Wer sich im Ausland behandeln lässt, kann nach deutschem Recht durchaus hoffen, dass die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen beim Unterhalt oder Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. Entscheidend ist, ob die Behandlung medizinisch notwendig und angemessen ist. Das gilt grundsätzlich auch für Behandlungen in exotischeren Ländern – solange die Kosten nicht völlig aus dem Rahmen fallen. Die Rechtsprechung ist hier pragmatisch (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18.09.2015, 2 UF 58/15). Doch nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 30.04.2024 (C-246/24) eine Facette beleuchtet, die auch für Familienrechtler neu ist: Was, wenn die medizinisch notwendige Behandlung in Russland stattfinden soll – und der Transfer des Geldes dorthin an den EU-Sanktionen scheitert? Im konkreten Fall ging es um eine Brustoperation in Russland, die wegen der EU-Sanktionen nicht bezahlt werden konnte. Die EU-Verordnung Nr. 833/2014 untersagt nämlich in Art. 5i die Ausfuhr bestimmter Güter und Zahlungen nach Russland – auch für medizinische Zwecke. Der EuGH stellte klar: Die Sanktionen gelten auch dann, wenn es um medizinisch notwendige Behandlungen geht. Keine Ausnahme für Gesundheit, keine Ausnahme für Schönheit. Mit einem Augenzwinkern: Selbst wenn der Unterhaltsberechtigte oder der scheidungswillige Ehegatte nun nachweisen könnte, dass eine Behandlung in Russland medizinisch notwendig und angemessen wäre – wie will er sie bezahlen? Die Sanktionen machen einen Strich durch die Rechnung. Der Anspruch mag bestehen, die praktische Umsetzung scheitert aber an der Weltpolitik. Im Ergebnis bleibt: Manchmal sind es nicht die Paragrafen, sondern die internationalen Schlagzeilen, die den Alltag im Familienrecht beeinflussen. Die Entscheidung des EuGH (Urteil vom 30.04.2024, C-246/24) zeigt: Auch wenn das Recht vieles regelt, kann die Realität ganz eigene Hürden aufbauen. Und so bleibt für den Familienrechtler nur ein Schmunzeln und der Hinweis: Wer medizinische Ausgaben im Ausland plant, sollte nicht nur den Arzt, sondern auch das Amtsblatt der EU konsultieren.Medizinische Behandlungen im Ausland: Normalerweise kein Problem
Und dann kam der Ukraine-Krieg – und die Sanktionen gegen Russland
Was heißt das für den Unterhalt und den Zugewinnausgleich?
Fazit: Zwischen Recht, Politik und dem echten Leben
Anwaltszwang im Scheidungsverfahren und Versorgungsausgleich – Was das OLG Karlsruhe entschieden hat
Im familiengerichtlichen Verfahren gilt grundsätzlich der sogenannte Anwaltszwang (§ 114 FamFG). Das bedeutet: Die Parteien müssen sich anwaltlich vertreten lassen, wenn sie Anträge stellen oder Erklärungen abgeben wollen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 13.03.2024 (Az. 16 UF 144/24) einen Fall entschieden, der zeigt, welche praktischen Probleme entstehen können, wenn eine Partei ohne Anwalt im Scheidungsverfahren auftritt – insbesondere beim Versorgungsausgleich. Es ist rechtlich zulässig, dass nur einer der Ehegatten anwaltlich vertreten ist und den Scheidungsantrag stellt. Der andere Ehegatte kann der Scheidung zustimmen, muss dafür aber keinen eigenen Anwalt beauftragen. Wichtig ist: In der Praxis ist dies in den meisten Fällen unproblematisch, weil der nicht anwaltlich vertretene Ehegatte einfach zustimmt und keine eigenen Anträge stellt. Das Urteil des OLG Karlsruhe (Urteil vom 13.03.2024, 16 UF 144/24) zeigt jedoch, dass es im Einzelfall zu Problemen kommen kann: Im entschiedenen Fall hatte die Ehefrau keinen eigenen Anwalt. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs hätte sie aber auf einen Teil ihrer Rentenanwartschaften verzichten wollen. Dies ist jedoch ein Antrag, der zwingend anwaltlich gestellt werden muss. Da sie keinen Anwalt hatte, konnte sie diesen Antrag nicht wirksam stellen. Das Gericht konnte den Verzicht daher nicht berücksichtigen und musste den Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Vorgaben durchführen. Rechtlicher Hintergrund: Das OLG Karlsruhe macht deutlich: Wer im Scheidungsverfahren auf anwaltliche Vertretung verzichtet, kann in bestimmten Konstellationen – wie beim Versorgungsausgleich – erhebliche Nachteile erleiden. Insbesondere dann, wenn eigene Anträge gestellt oder auf Rechte verzichtet werden soll, ist anwaltliche Vertretung unerlässlich.Scheidung mit nur einem Anwalt: Was ist möglich?
Problemfall: Versorgungsausgleich und fehlende anwaltliche Vertretung
Fazit und Praxistipp
Haftung für Bestattungskosten bei Irrtum über Nachlassverschuldung
Das Landgericht Frankenthal entschied am 27.02.2025 (Az. 8 O 189/24), dass ein Erbe die Annahme der Erbschaft anfechten kann, wenn er irrtümlich von einem nicht überschuldeten Nachlass ausging. Im konkreten Fall hatte der Sohn die Erbschaft angenommen, ohne zu wissen, dass die Bestattungskosten von 7.500 € den Nachlasswert überstiegen. Die Anfechtung gelang, weil der Irrtum über die Überschuldung (§ 119 BGB) als wesentlicher Fehler gewertet wurde. Voraussetzungen und Fristen: Die erfolgreiche Anfechtung entbindet den Erben zwar von der nachlassbezogenen Haftung (§ 1968 BGB)6, nicht jedoch von anderen Haftungstatbeständen: Im Urteilsfall bleibt daher offen, ob der Sohn trotz Anfechtung über § 1615 BGB oder landesrechtliche Vorgaben in Anspruch genommen werden könnte. Wirtschaftlich könnte die Haftungsvermeidung somit nur teilweise gelingen.
Grenzen der Haftungsbefreiung
