Scheidung oder Tod: Wenn der Versorgungsausgleich zur „Dauerlast“ wird

Im Leben einer Ehe gibt es nur zwei klassische Endpunkte: den Tod eines Partners oder die Scheidung.

In den meisten Konsequenzen – etwa beim Erbrecht, beim Zugewinn oder bei der Hinterbliebenenversorgung – spielt der Tod nach einer Scheidung keine Rolle mehr. Die Ex-Partner gehen rechtlich getrennte Wege, und das Schicksal des jeweils anderen berührt die eigene Rechtsposition nicht mehr.

Eine Ausnahme hiervon bildet der nacheheliche Unterhalt, auf den wir heute nicht eingehen wollen. Besonders überraschend ist aber, dass auch der Versorgungsausgleich, also die Aufteilung der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften, nach einer Scheidung weiterwirken kann – und zwar auch dann, wenn der oder die Ex-Partner:in bereits verstorben ist.

Was ist der Versorgungsausgleich?

Der Versorgungsausgleich ist in den §§ 1587 ff. BGB (bis 31.08.2009) und ab dem 01.09.2009 in den §§ 1 ff. Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) geregelt.

Er sorgt dafür, dass die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche als gemeinschaftliche Lebensleistung betrachtet und bei einer Scheidung gerecht zwischen den Ehepartnern aufgeteilt werden.

Das Familiengericht entscheidet im Rahmen des Scheidungsverfahrens von Amts wegen über den Versorgungsausgleich (§ 137 Abs. 2 FamFG). Ein gesonderter Antrag ist nicht erforderlich.

Das Problem: Versorgungsausgleich bleibt auch nach dem Tod des Ex-Partners bestehen

Wie der Artikel von inFranken.de beschreibt, führt diese Regelung zu einer für viele Betroffene schwer nachvollziehbaren Situation:

Auch wenn der Ex-Ehepartner verstorben ist, bleibt der durch den Versorgungsausgleich erfolgte Abzug bei der eigenen Rente bestehen. Die gekürzte Rente wird weiter ausgezahlt – obwohl der oder die Begünstigte gar nicht mehr lebt.

Nutznießer sind in diesem Fall die Rentenversicherungsträger, nicht etwa die verstorbene Person oder deren Erben.

Besonders kurios: Stirbt der Ex-Partner innerhalb von drei Jahren nach der Scheidung, kann der Versorgungsausgleich nach § 37 VersAusglG rückgängig gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist bleibt der Versorgungsausgleich aber dauerhaft bestehen – unabhängig vom Tod des Ex-Partners.

Kann man sich gegen die dauerhafte Kürzung wehren?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen kann der Versorgungsausgleich abgeändert oder aufgehoben werden.

Die maßgeblichen Vorschriften sind:

  • §37 VersAusglG: Rückabwicklung des Versorgungsausgleichs bei Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung.
  • §51 VersAusglG: Abänderung des Versorgungsausgleichs bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse.

Voraussetzungen für eine Abänderung

Ein Abänderungsantrag ist möglich, wenn:

  • Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich auf dem bis zum 31.08.2009 geltenden Recht (§§ 1587 ff. BGB) beruht,
  • sich bei mindestens einem Versorgungsträger eine wesentliche Änderung ergeben hat (z. B. Einführung der „Mütterrente“ 2014),
  • und die ausgleichspflichtige Person durch die Änderung tatsächlich entlastet wird.

Beispiel: (BGH, Beschluss vom 13.04.2016, XII ZB 635/13): Die Einführung der Mütterrente kann eine wesentliche Änderung darstellen, die eine Abänderung des Versorgungsausgleichs rechtfertigt.

Wie und wo stelle ich einen Antrag?

Der Antrag auf Abänderung (§ 51 VersAusglG) oder Rückabwicklung (§ 37 VersAusglG) ist beim zuständigen Familiengericht zu stellen. In der Regel ist dies das Gericht, das auch über die Scheidung entschieden hat.

Der Antrag kann grundsätzlich selbst gestellt werden, es empfiehlt sich jedoch dringend, anwaltliche Unterstützung oder die Beratung durch einen spezialisierten Rentenberater in Anspruch zu nehmen – die Hürden sind hoch und die Rechtslage komplex.

Achtung: Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) setzt die Entscheidung des Familiengerichts um, nicht umgekehrt. Das bedeutet: Ohne gerichtlichen Antrag und Beschluss bleibt es bei der Kürzung!

Fazit: Lassen Sie sich beraten!

Der Versorgungsausgleich ist eine sinnvolle Einrichtung, kann aber im Einzelfall zu unbefriedigenden und finanziell belastenden Ergebnissen führen – insbesondere, wenn der oder die Ex-Partner:in verstorben ist.

Wer betroffen ist, sollte prüfen lassen, ob eine Abänderung oder Rückabwicklung möglich ist.

Die Kanzlei Breuning steht Ihnen hierfür gerne beratend zur Seite und unterstützt Sie bei der Antragstellung und Durchsetzung Ihrer Rechte.

Tipp: Lassen Sie Ihre individuellen Möglichkeiten frühzeitig prüfen, denn jede Lebenssituation ist anders – und manchmal lohnt sich der Einsatz für eine faire Lösung!

Scheidung oder Tod: Wenn der Versorgungsausgleich zur „Dauerlast“ wird was last modified: Juni 14th, 2025 by Ralf Römling

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