Scheidungsarten und Härtefälle: Eine Analyse des OLG Hamm-Beschlusses

Das deutsche Scheidungsrecht kennt drei grundlegende Arten der Scheidung, die sich in ihren Voraussetzungen und Auswirkungen unterscheiden:

  1. Härtefallscheidung vor Ablauf des Trennungsjahres (§ 1565 Abs. 2 BGB)
  2. Regelscheidung nach Ablauf des Trennungsjahres (§ 1565 Abs. 1 BGB)
  3. Scheidung nach dreijähriger Trennung (§ 1566 Abs. 2 BGB)

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, eine Scheidung aufgrund einer unzumutbaren Härte zu verweigern (§ 1568 BGB).

Im vorliegenden Fall des OLG Hamm (Beschluss vom 02.11.2023 – 4 UF 87/23) ging es um die dritte Variante – die Frage, ob eine Ehe trotz des Wunsches eines Ehepartners aufgrund einer unzumutbaren Härte nicht geschieden werden sollte.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Ehe gescheitert war, da die Ehefrau sich endgültig von ihrem Mann abgewandt hatte. Dies erfüllte die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB, wonach eine Ehe geschieden werden kann, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht zu erwarten ist.

Bezüglich der Härteklausel (§ 1568 BGB) entschied das OLG, dass diese hier nicht greift. Obwohl eine psychische Erkrankung und mögliche Suizidgefährdung grundsätzlich als Härtefall in Betracht kommen können, sah das Gericht dies im vorliegenden Fall nicht als ausreichend an.
Es argumentierte, dass eine psychische Erkrankung die Anwendung der Härteklausel nicht rechtfertigt, wenn zumutbare und erfolgversprechende Therapiemöglichkeiten bestehen oder wenn – wie hier – durch die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung sichergestellt ist, dass bei Suizidabsichten notwendige Schritte eingeleitet werden können.

Diese Entscheidung steht im Einklang mit früheren Urteilen, wie etwa dem des OLG Bamberg (Beschluss vom 15.12.2021 – 7 UF 211/21), das ebenfalls betonte, dass psychische Belastungen nur in Ausnahmefällen eine Scheidung verhindern können.

Das OLG Hamm hat mit seinem Beschluss die hohe Schwelle für die Anwendung der Härteklausel bestätigt und gleichzeitig klargestellt, dass das Vorliegen einer psychischen Erkrankung allein nicht ausreicht, um eine Scheidung zu verhindern. Diese Rechtsprechung unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Freiheit in Ehefragen und die Notwendigkeit, jeden Fall individuell zu betrachten.

Scheidungsarten und Härtefälle: Eine Analyse des OLG Hamm-Beschlusses was last modified: Januar 24th, 2025 by Ralf Römling

Sie vermissen ein spezielles Thema? Dann mailen Sie uns!!