Elternunterhalt: Wann Kinder für die Pflegekosten aufkommen müssen – und was Sie wissen sollten

Die steigenden Kosten für Pflegeheime sind ein wachsendes Problem.

Reichen Rente, Vermögen und die Leistungen der Pflegekasse nicht aus, springt oft das Sozialamt ein.

Doch das Amt kann sich das Geld von den Kindern der pflegebedürftigen Eltern zurückholen – Stichwort: Elternunterhalt.

Doch wann genau sind Kinder unterhaltspflichtig und was wird bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt? Ein Überblick.

Wer muss zahlen? Die Einkommensgrenze und das Angehörigen-Entlastungsgesetz

Seit 2020 gilt das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das eine wichtige Einkommensgrenze festlegt: Grundsätzlich werden Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro zum Elternunterhalt herangezogen. Wichtig: Enkel und Schwiegerkinder sind von dieser Regelung ausgenommen.

Diese Gesetzesänderung hat viele Familien entlastet, da vor 2020 keine solche Einkommensgrenze existierte und Kinder oft deutlich stärker zur Kasse gebeten wurden. Das Ziel des Gesetzes ist, dass die jüngere Generation stärker für das eigene Alter vorsorgen kann.

Was zählt zum Einkommen?

Bei der Berechnung des Bruttoeinkommens werden alle Einnahmen berücksichtigt, die im Laufe des Jahres eingehen. Dazu gehören:

  • Gehalt
  • Rente
  • Zinsen
  • Dividenden
  • Miet- und Pachteinnahmen
  • Boni
  • Weihnachtsgeld

Wichtig: Es geht ausschließlich um das Einkommen des Kindes selbst. Das Einkommen des Ehepartners spielt zunächst keine Rolle – aber dazu später mehr.

Vermögen wie Wertpapiere, Schmuck, Bargeld oder Immobilien werden bei der Frage, ob die 100.000 € überschritten werden, nicht berücksichtigt.

Selbstgenutztes Wohneigentum wird zwar nicht als Vermögen angerechnet, die dadurch gesparte Miete wird jedoch dem Einkommen hinzugerechnet und erhöht dieses entsprechend. Hier ist es wichtig, darauf zu achten, dass das Sozialamt nur die Miete für angemessenen Wohnraum ansetzt.

Die Berechnung der Leistungsfähigkeit: Was bleibt übrig?

Auch wenn die Einkommensgrenze von 100.000 Euro überschritten ist, bedeutet das nicht automatisch, dass Sie den vollen Pflegeheimbetrag zahlen müssen. Das Sozialamt berücksichtigt bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit verschiedene Faktoren:

Abzüge vom Einkommen:

  • Fahrtkosten: Kosten für den Arbeitsweg können abgesetzt werden.
  • Unterhaltsverpflichtungen: Unterhaltszahlungen für eigene Kinder oder den Ehepartner werden berücksichtigt.
  • Krankenversicherung: Beiträge zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind abzugsfähig.
  • Private Altersvorsorge: Aufwendungen für die private Altersvorsorge können ebenfalls abgesetzt werden.
  • Kreditverbindlichkeiten: Hier kommt es auf den Einzelfall an, inwieweit Kreditverbindlichkeiten anerkannt werden. Generell gilt, dass diese Verbindlichkeiten vor der Hilfebedürftigkeit der Eltern eingegangen sein müssen.
  • Weitere berufsbedingte Aufwendungen: Auch andere notwendige Ausgaben, die mit der Berufstätigkeit zusammenhängen, können unter Umständen abgesetzt werden.

Wichtig: Sie müssen dem Sozialamt Ihre Einkommensverhältnisse offenlegen und entsprechende Nachweise (Einkommensnachweise der letzten 12 Monate, Steuerbescheide) vorlegen.

Selbstbehalt:

Es gibt einen Selbstbehalt, der dem unterhaltspflichtigen Kind mindestens verbleiben muss.

Der Bundesgerichtshof hat den monatlichen Mindestselbstbehalt auf 2650 Euro für Alleinstehende und 4000 Euro für Verheiratete gekürzt (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2024, Az. XII ZB 6/24). Von darüber hinaus gehenden Beträgen werden Kinder sehr wahrscheinlich 30 Prozent für den Elternunterhalt einsetzen müssen. „Zwischen Amt und Kind wird künftig um jede Ausgabe gerungen werden“, skizziert Familienrechtler Jürgen Wabbel die Urteilsfolgen.

Der Sonderfall: Hausfrauenehe und hohes Einkommen des nicht unterhaltspflichtigen Ehepartners

Was aber gilt, wenn ein Ehepartner die 100.000-Euro-Grenze reißt, der andere aber nicht arbeitet oder deutlich weniger verdient?

Hier wird es kompliziert. Grundsätzlich gilt, dass nur das Einkommen des direkten Kindes berücksichtigt wird. ABER:

Wenn der nicht unterhaltspflichtige Ehepartner (z.B. die Hausfrau/der Hausmann) über hohe eigene Einkünfte (z.B. aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen) verfügt, kann dies indirekt doch eine Rolle spielen. Denn: Im Rahmen der Berechnung des Selbstbehalts des unterhaltspflichtigen Kindes wird auch der Lebensstandard der Familie berücksichtigt.

Ein höherer Lebensstandard, der durch das Einkommen des nicht unterhaltspflichtigen Ehepartners ermöglicht wird, kann dazu führen, dass der Selbstbehalt geringer angesetzt wird. Dadurch erhöht sich wiederum der Betrag, den das Kind an Elternunterhalt zahlen muss.

Hier wird genau geprüft, ob der Selbstbehalt angemessen ist oder ob aufgrund der günstigen finanziellen Situation des anderen Ehepartners eine höhere Unterhaltsleistung zumutbar ist.

Was tun, wenn das Sozialamt sich meldet?

Wenn Sie Post vom Sozialamt bekommen und zur Zahlung von Elternunterhalt aufgefordert werden, sollten Sie Folgendes beachten:

  1. Prüfen Sie die Forderung: Lassen Sie sich die Berechnungsgrundlagen offenlegen und prüfen Sie, ob alle relevanten Abzüge berücksichtigt wurden.
  2. Lassen Sie sich beraten: Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu prüfen und die optimale Strategie zu entwickeln.
  3. Kooperieren Sie, aber machen Sie keine voreiligen Zusagen: Seien Sie bereit, Auskünfte zu erteilen, aber unterschreiben Sie nichts, ohne es vorher von einem Anwalt prüfen zu lassen.

Elternunterhalt ist ein komplexes Thema, bei dem es viele individuelle Faktoren zu berücksichtigen gilt. Eine frühzeitige Beratung kann Ihnen helfen, Ihre finanzielle Situation zu schützen und Ihre Rechte zu wahren.

Elternunterhalt: Wann Kinder für die Pflegekosten aufkommen müssen – und was Sie wissen sollten was last modified: März 7th, 2025 by Ralf Römling

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