Das Amtsgericht Marburg hat mit seinem Beschluss vom 03.11.2023 (Az. 74 F 809/23 WH) eine bemerkenswerte Entscheidung zur Zuweisung eines Familienhundes bei einer Trennung getroffen. Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die besondere rechtliche Stellung von Tieren im deutschen Sachenrecht. Grundsätzlich regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in seinem Sachenrecht den rechtlichen Umgang mit Gegenständen. Tiere nehmen jedoch eine Sonderstellung ein. § 90a BGB stellt klar: „Tiere sind keine Sachen.“ Dennoch finden die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere entsprechende Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Diese Regelung trägt dem besonderen ethischen Status von Tieren Rechnung. Im Fall des Hundes Bruno wandte das AG Marburg § 1361a BGB über die Verteilung von Haushaltsgegenständen bei Trennung entsprechend an. Dabei betonte das Gericht, dass das Tierwohl das entscheidende Kriterium sei. Folgende Aspekte waren für die Entscheidung maßgeblich: Gewohnte Umgebung: Bruno sollte in sein vertrautes Umfeld zurückkehren. Artgerechte Haltung: Ein hundesicherer Garten wurde als lebensqualitätssteigernd bewertet. Bezugsperson: Das Gericht prüfte, wer die Hauptbezugsperson des Hundes war. Das AG Marburg ordnete zudem analog § 209 Abs. 2 S. 2 FamFG die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses an, um das Tierwohl nicht zu gefährden. Es ist wichtig zu betonen, dass dieser Fall einen Ausnahmefall darstellt. In meiner Erfahrung als Fachanwalt für Familienrecht einigen sich „Hunde-Eltern“ bei einer Trennung meist einvernehmlich über den Verbleib des gemeinsamen Tieres. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind selten, da die gesetzlichen Regelungen nur in Ausnahmefällen eine klare Handhabe bieten. Dennoch zeigt dieser Fall, dass bei einem passenden Sachverhalt und einem für das Tierwohl sensibilisierten Gericht auch in solch komplexen Fällen praktikable Lösungen gefunden werden können. Er unterstreicht die wachsende Bedeutung des Tierwohls in familienrechtlichen Entscheidungen und könnte richtungsweisend für zukünftige ähnlich gelagerte Fälle sein. Betroffene sollten sich jedoch bewusst sein, dass solche Entscheidungen Einzelfälle bleiben und eine gütliche Einigung oft der bessere Weg ist – nicht zuletzt im Interesse des Tieres selbst.Tiere im Sachenrecht des BGB
Der Fall Bruno: Anwendung des Hausratsrechts auf Tiere
Ein Ausnahmefall mit Signalwirkung
Jahresarchiv: 2025
Trennungshunde im Sachenrecht: Wenn Bruno zum Streitobjekt wird
Neue Rechtsprechung zum Begriff „alleinerziehend“: Auswirkungen auf Unterhaltsvorschuss und Wechselmodell
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einem wegweisenden Urteil vom 12.12.2023 (Az. 5 C 9.22 und 5 C 10.22) eine klare Definition für den Begriff „alleinerziehend“ im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) festgelegt. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen und könnte auch Auswirkungen auf andere Bereiche des Familienrechts haben. Nach dem Urteil des BVerwG gilt ein Elternteil als alleinerziehend im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG, wenn er mehr als 60 Prozent der Kinderbetreuung übernimmt. Diese quantitative Grenze schafft Rechtssicherheit in Fällen, in denen sich getrennt lebende Eltern die Betreuung teilen, aber ein Elternteil den überwiegenden Teil der Verantwortung trägt. Die Entscheidung des BVerwG bedeutet, dass Elternteile, die mehr als 60 Prozent der Betreuung leisten, Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben können, wenn der andere Elternteil seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommt. Dies gilt unabhängig vom Einkommen des betreuenden Elternteils und kann eine erhebliche finanzielle Entlastung darstellen. Die vom BVerwG getroffene Entscheidung könnte auch Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung des Wechselmodells haben. Während in der Vergangenheit ein Wechselmodell typischerweise nur bei einer paritätischen 50/50-Betreuung angenommen wurde, könnte sich die Rechtsprechung in Zukunft dahingehend entwickeln, dass auch eine 60/40-Betreuungsverteilung noch als Wechselmodell angesehen wird. Diese potenzielle Entwicklung könnte bedeutsame Folgen für verschiedene Bereiche des Familienrechts haben, insbesondere: Auszahlung des Kindergeldes Berechnung des Unterhaltsbedarfs für den Kindesunterhalt Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in dieser Hinsicht weiterentwickeln wird. Allerdings ist zu beachten, dass Wechselmodelle in der Praxis häufig nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Eltern in der Lage sind, sich miteinander zu verständigen und zu kooperieren. Daher dürften gerichtliche Entscheidungen zur konkreten Ausgestaltung des Wechselmodells eher selten vorkommen. Für Betroffene empfiehlt es sich, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung aufmerksam zu verfolgen und sich bei Fragen an einen Fachanwalt für Familienrecht zu wenden.Die 60-Prozent-Regel für Alleinerziehende
Auswirkungen auf den Unterhaltsvorschuss
Mögliche Auswirkungen auf das Wechselmodell
Neue Entwicklungen im Erbschaftssteuerrecht: Auswirkungen des BFH-Urteils zur Veräußerung geerbter Immobilien
Das kürzlich ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerfreien Veräußerung geerbter Immobilien hat weitreichende Konsequenzen für Erbengemeinschaften. Es lohnt sich, die Hintergründe und Auswirkungen dieser Entscheidung genauer zu betrachten. Die relevante Vorschrift findet sich in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Demnach sind private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Der BFH hat mit seinem Urteil vom 26.09.2023 (Az. IX R 13/22) eine bedeutende Klarstellung vorgenommen. Das Gericht entschied, dass der Erwerb von Anteilen an einer Erbengemeinschaft nicht als Anschaffung im Sinne des § 23 EStG gilt. Somit fällt beim späteren Verkauf der geerbten Immobilie keine Einkommensteuer an. Mit dieser Entscheidung hat der BFH seine frühere Rechtsprechung revidiert und sich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt. Das Urteil stellt klar: Voraussetzung für die Besteuerung sei, dass das veräußerte Vermögen zuvor auch angeschafft worden sei. Dies sei in Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens nicht der Fall. Diese Rechtsprechungsänderung hat erhebliche praktische Bedeutung für Erbengemeinschaften: Steuerfreiheit: Der Verkauf von geerbten Immobilien durch Erbengemeinschaften ist nun in vielen Fällen von der Einkommensteuer befreit. Planungssicherheit: Erben können jetzt Immobilien aus dem Nachlass veräußern, ohne steuerliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Vereinfachung: Die Auflösung von Erbengemeinschaften wird erleichtert, da der Verkauf von Anteilen und anschließende Immobilienveräußerungen steuerlich unbedenklich sind. Das BFH-Urteil vom 26.09.2023 (Az. IX R 13/22) stellt eine signifikante Änderung in der steuerrechtlichen Behandlung von Erbengemeinschaften dar. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese neue Rechtsprechung reagieren wird. Erben sollten diese Entwicklung im Auge behalten und gegebenenfalls ihre Planungen anpassen. Für eine detaillierte Beratung zu Ihrer individuellen Situation empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Fachanwalt für Steuerrecht zu konsultieren.Gesetzliche Grundlagen
Das wegweisende BFH-Urteil
Abkehr von bisheriger Rechtsprechung
Praktische Auswirkungen
Fazit und Ausblick
Sicherung des Pflichtteils: Der Arrestbefehl als rechtliches Instrument
Im Erbrecht gibt es oft komplexe Situationen, die einer genauen rechtlichen Betrachtung bedürfen. Ein aktueller Fall, der vom Oberlandesgericht München am 07.01.2025 entschieden wurde (Az.: 3 W 1443/24 e), beleuchtet ein wichtiges Instrument für Pflichtteilsberechtigte: den Arrestbefehl. Ein Arrestbefehl ist eine vorläufige Sicherungsmaßnahme, die in § 916 ff. ZPO geregelt ist. Im Erbrecht dient er dazu, den Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten zu sichern, bevor dieser endgültig festgestellt und durchgesetzt werden kann. Um einen Arrestbefehl zu erwirken, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Der Arrestgrund ist dabei besonders kritisch. Er liegt vor, wenn die Besorgnis besteht, dass ohne den Arrest die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Das Gericht betonte, dass nicht jede Vermögensübertragung durch den Erben automatisch einen Arrestgrund darstellt. Erst wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Vermögenswerte beiseite geschafft werden oder ohne angemessene Gegenleistung veräußert werden, ist ein Arrest gerechtfertigt. Der Arrestbefehl „friert“ das Vermögen des Erben ein, bis der Pflichtteilsanspruch geklärt ist. Dies verhindert, dass Vermögenswerte verschoben oder verschleudert werden und sichert somit die Durchsetzbarkeit des Pflichtteilsanspruchs. Der Fall zeigt, wie wichtig es für Pflichtteilsberechtigte sein kann, frühzeitig rechtliche Schritte einzuleiten. Ein Arrestbefehl kann ein effektives Mittel sein, um den eigenen Anspruch zu sichern. Allerdings muss er gut begründet sein, um vor Gericht Bestand zu haben. Für Erben bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie bei Vermögensübertragungen besonders vorsichtig und transparent vorgehen sollten, um nicht den Verdacht zu erwecken, Vermögen dem Zugriff des Pflichtteilsberechtigten entziehen zu wollen. Als Fachanwälte für Erbrecht beraten wir Sie gerne zu Ihren Rechten und Pflichten, sei es als Pflichtteilsberechtigter oder als Erbe, um in solch komplexen Situationen die richtigen Schritte einzuleiten.Was ist ein Arrestbefehl?
Voraussetzungen für einen Arrestbefehl
Grenzen des Arrestbefehls
Wirtschaftliche Bedeutung
Fazit
Kindergeld als Verrechnungsposition im Kindesunterhalt – nicht immer selbstverständlich
Als Fachanwalt für Familienrecht befasse ich mich in der Regel mit dem Kindergeld als Verrechnungsposition im Kindesunterhalt. In den meisten Fällen wird das Kindergeld routinemäßig gezahlt und in die Unterhaltsberechnungen einbezogen. Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zeigt jedoch, dass die Kindergeldzahlung nicht immer selbstverständlich ist. Das BSG hat am 14.12.2023 (Az. B 10 KG 1/22 R) entschieden, dass ein Kind keinen Anspruch auf Kindergeld für sich selbst hat, wenn es regelmäßig telefonischen Kontakt zu einem Elternteil im Ausland hat. Der Fall betraf einen jungen Mann aus Syrien, der 2015 nach Deutschland kam. Sein Vater war verstorben, seine Mutter lebte noch in Syrien. Er beantragte Kindergeld für sich selbst mit der Begründung, den Aufenthaltsort seiner Mutter nicht zu kennen. Allerdings gab er an, regelmäßig mit ihr zu telefonieren. Das BSG lehnte den Kindergeldanspruch ab und argumentierte, dass der Sohn bei den Telefonaten die Möglichkeit gehabt hätte, sich nach dem aktuellen Aufenthaltsort seiner Mutter zu erkundigen. Für die Kenntnis des Aufenthaltsorts sei es ausreichend, wenn das Kind weiß, an welchem bestimmbaren Ort sich mindestens ein Elternteil aufhält. Eine feste Adresse oder ein „verstetiger“ Aufenthalt seien aufgrund moderner Kommunikationsmöglichkeiten nicht erforderlich. Dieser Fall verdeutlicht, dass die Zahlung von Kindergeld nicht immer garantiert ist. In der familienrechtlichen Praxis gehen wir oft davon aus, dass Kindergeld als feste Größe in Unterhaltsberechnungen einfließt. Wie dieses Urteil zeigt, können jedoch besondere Umstände dazu führen, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht. Als Fachanwalt für Familienrecht beschäftige ich mich zwar nicht primär mit den Details des Sozialrechts, aber solche Entscheidungen können durchaus Auswirkungen auf familienrechtliche Angelegenheiten haben. Sollten Sie mit ähnlichen Problemen konfrontiert sein, empfehle ich Ihnen, sich an einen Fachanwalt für Sozialrecht zu wenden. Ein Experte auf diesem Gebiet ist Herr Thiess, den Sie unter https://www.templin-thiess.de/ erreichen können. Er kann Ihnen fundierte Beratung zu den komplexen Regelungen des Kindergeldrechts und anderen sozialrechtlichen Fragen geben.Der Fall: Kein Kindergeld trotz unbekannten Aufenthaltsorts der Mutter
Bedeutung für die familienrechtliche Praxis
Sie können beispielsweise die Berechnung des Kindesunterhalts beeinflussen, wenn plötzlich kein Kindergeld mehr zur Verfügung steht.Empfehlung bei sozialrechtlichen Fragen
Untreue und Unterhalt: Wenn Fehlverhalten den Anspruch kostet
Das deutsche Familienrecht basiert grundsätzlich auf dem Zerrüttungsprinzip, nicht auf dem Verschuldensprinzip. Dennoch kann in bestimmten Fällen das Verhalten eines Ehepartners erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg zeigt. Im vorliegenden Fall (OLG Bamberg, Urteil vom 06.06.2024 , Az.: 2 UF 222/23) kehrte eine Frau nach einer Trennung auf Bitten ihres Mannes für einen Versöhnungsversuch zurück. Kurz darauf erfuhr sie, dass ihr Mann eine zweijährige außereheliche Beziehung führte, die er trotz des Versöhnungsversuchs nicht beendet hatte. Grundsätzlich regelt § 1565 BGB, dass eine Ehe geschieden wird, wenn sie gescheitert ist, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung ist in § 1569 BGB geregelt. Jedoch kann gemäß § 1579 BGB der Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, wenn seine Geltendmachung grob unbillig wäre. Dies ist der Fall, wenn der Berechtigte sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das als schwerwiegende Verfehlung gegen den Verpflichteten anzusehen ist. Das OLG Bamberg entschied, dass der Unterhaltsanspruch des Mannes „vollumfänglich verwirkt“ sei. Die Richter begründeten dies mit einem „offensichtlich schwerwiegenden, eindeutig ihm zuzuschreibenden Fehlverhalten“. Obwohl normalerweise das Verschulden bei einer Scheidung keine Rolle spielt, wertete das Gericht in diesem Fall das Verhalten des Mannes aus folgenden Gründen gegen ihn: Widersprüchliches Verhalten: Der Mann löste sich einerseits durch eine neue Partnerin aus der Ehe, forderte aber andererseits Unterhalt und damit die eheliche Solidarität, die er selbst nicht einhielt. Fortsetzung der Affäre trotz Versöhnungsversuch: Das Gericht sah darin eine besondere Missachtung der Ehefrau. Dauer der außerehelichen Beziehung: Die zweijährige Affäre wurde als lang andauernd und nicht als einmaliger Fehltritt bewertet. Dieser Fall verdeutlicht, dass trotz des grundsätzlichen Zerrüttungsprinzips im deutschen Scheidungsrecht schwerwiegendes Fehlverhalten eines Ehepartners durchaus rechtliche Konsequenzen haben kann. Insbesondere wenn dieses Verhalten als grob unbillig im Sinne des § 1579 BGB eingestuft wird, kann es zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Untreue automatisch zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führt. Das Gericht berücksichtigt die spezifischen Umstände des Einzelfalls, wie die Dauer der außerehelichen Beziehung und das Verhalten nach einem Versöhnungsversuch. Für Betroffene unterstreicht dieser Fall die Bedeutung einer sorgfältigen rechtlichen Beratung in komplexen Scheidungsfällen, um die möglichen Konsequenzen des eigenen Verhaltens auf Unterhaltsansprüche einschätzen zu können.Der Fall
Rechtliche Grundlagen
Gerichtliche Entscheidung
Begründung des Gerichts
Fazit
Der digitale Nachlass: Eine juristische Herausforderung im 21. Jahrhundert
Das deutsche Erbrecht, welches im Wesentlichen am 01.01.1900 in Kraft getreten ist, steht heute vor einer besonderen Herausforderung: dem digitalen Nachlass. In einer Zeit, in der soziale Medien, Online-Konten und digitale Vermögenswerte zum Alltag gehören, müssen Juristen und Erben gleichermaßen kreative Lösungen finden, um die bestehenden Gesetze auf die digitale Gegenwart anzuwenden. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt natürlich keine Regelungen für Facebook-Profile oder Cloud-Speicher. Dennoch müssen wir mit den vorhandenen rechtlichen Werkzeugen arbeiten. Der Bundesgerichtshof hat 2018 in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass digitale Konten Teil des Erbes sind und Erben uneingeschränkten Zugang zu Social-Media-Accounts haben dürfen. Um den Umgang mit dem digitalen Nachlass zu erleichtern, empfiehlt es sich, schon zu Lebzeiten Vorkehrungen zu treffen: Zugangsdaten dokumentieren: Eine sichere Aufbewahrung aller wichtigen Zugangsdaten ist essentiell. Vertrauensperson bestimmen: Ein digitaler Nachlassverwalter kann helfen, den letzten Willen in der Online-Welt umzusetzen. Klare Anweisungen hinterlassen: Festlegen, wie mit den einzelnen Accounts verfahren werden soll. Ohne Vorsorge stehen Erben oft vor verschlossenen digitalen Türen. Sie haben zwar das Recht auf Zugang, aber nicht immer die praktische Möglichkeit. Hier kommen juristische Auslegungen und der gesunde Menschenverstand ins Spiel: Kontaktaufnahme mit Plattformbetreibern: Erben können die Versetzung von Profilen in den „Gedenkzustand“ beantragen. Vorlage von Erbschein oder Vollmacht: Um die Berechtigung nachzuweisen, müssen oft offizielle Dokumente vorgelegt werden. Die Anwendung des über 100 Jahre alten Erbrechts auf die digitale Welt erfordert Flexibilität und juristisches Fingerspitzengefühl. Es zeigt sich, dass die grundlegenden Prinzipien des Erbrechts auch im digitalen Zeitalter Bestand haben – sie müssen nur neu interpretiert und angewendet werden. Für Erblasser und Erben gleichermaßen gilt: Vorsorge und klare Regelungen können viele Probleme im Umgang mit dem digitalen Nachlass vermeiden. Als Rechtsanwälte sind wir gefordert, unsere Mandanten nicht nur in traditionellen erbrechtlichen Fragen zu beraten, sondern auch die Besonderheiten des digitalen Nachlasses zu berücksichtigen. Nur so können wir sicherstellen, dass der letzte Wille unserer Mandanten auch in der digitalen Welt Beachtung findet.Alte Regeln, neue Welt
Vorsorge zu Lebzeiten
Herausforderungen für Erben
Fazit
Vollmacht missbraucht: Frau haftet für Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Freundes
Vor einiger Zeit hatte ich mich mit der Frage beschäftigt, wie mittels einer Vollmacht unter anderem der Sorgerechtsentzug vermieden werden könnte. Allerdings ist eine Vollmacht nicht immer und uneingeschränkt zu empfehlen, wie ein aktueller Fall zeigt. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in einem Urteil vom 27.02.2024 (L 11 AS 330/22) die Gefahren einer unbedacht erteilten Vollmacht deutlich gemacht. In diesem Fall musste eine Frau für den Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Partners haften, da sie ihm eine Vollmacht erteilt und diese nicht widerrufen hatte. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Erteilung einer Vollmacht erhebliche Risiken bestehen können: 1. Haftung für Handlungen des Bevollmächtigten: Der Vollmachtgeber muss sich das Verhalten des Bevollmächtigten zurechnen lassen, selbst wenn dieser seine Befugnisse überschreitet (§ 164 Abs. 1 BGB). 2. Schwierigkeiten beim Widerruf: Eine einmal erteilte Vollmacht kann oft nur schwer widerrufen werden, insbesondere wenn der Bevollmächtigte nicht kooperativ ist. 3. Missbrauchsgefahr: Wie der Fall zeigt, kann eine Vollmacht missbraucht werden, was zu erheblichen finanziellen und rechtlichen Konsequenzen führen kann. Angesichts dieser Risiken ist es dringend zu empfehlen, sich vor der Erteilung einer Vollmacht, insbesondere im Bereich des Sorgerechts, rechtlich beraten zu lassen. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann die individuellen Umstände berücksichtigen und mögliche Alternativen aufzeigen. In manchen Fällen kann es tatsächlich sinnvoller sein, die sorgerechtliche Entscheidung allein durch einen Elternteil treffen zu lassen, anstatt eine möglicherweise riskante Vollmacht zu erteilen. Dies könnte beispielsweise durch eine gerichtliche Übertragung des alleinigen Sorgerechts nach § 1671 BGB erfolgen. Es ist wichtig zu betonen, dass das Jugendamt in solchen Fragen nicht zwangsläufig der beste Ratgeber für den betroffenen Elternteil ist. Das Jugendamt hat primär die Interessen des Kindes im Blick (§ 1 SGB VIII) und befasst sich nicht mit möglichen Regressansprüchen oder anderen rechtlichen Konsequenzen für die Eltern. Ein Rechtsanwalt hingegen kann die spezifischen Interessen des Mandanten berücksichtigen und auf potenzielle Risiken hinweisen, die über den Bereich des Kindeswohls hinausgehen. Er kann auch bei der Formulierung einer Vollmacht helfen, die den Bevollmächtigten verpflichtet, vor wichtigen Entscheidungen Rücksprache zu halten, wie es der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29.04.2020 (XII ZB 512/19) für möglich erachtet hat. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine sorgfältige Abwägung und professionelle Beratung unerlässlich sind, bevor man eine Vollmacht erteilt – sei es im Bereich des Sorgerechts oder in anderen rechtlichen Angelegenheiten.Der Fall
Fazit
Nordkorea: Geschiedene müssen ins Straflager
In den Weihnachtsferien stieß ich auf einen interessanten Artikel über Scheidungen in Nordkorea. Der Bericht, der auf t-online.de erschien, beleuchtet die drastischen Konsequenzen, die Paare in dem autoritären Staat bei einer Trennung zu befürchten haben. Besonders auffällig ist, dass zu einer Scheidung zwar immer zwei gehören, in Nordkorea aber offenbar vor allem die Ehefrauen für die Auflösung der Ehe bestraft werden. Laut dem Bericht werden Frauen in der Regel härter bestraft als Männer, mit längeren Strafen in Arbeitslagern. Als deutscher Rechtsanwalt empfinde ich es als sehr angenehm, dass die Rechtslage hierzulande deutlich anders ist. In Deutschland braucht es keinen spezifischen Grund für eine Scheidung, und das Verschuldensprinzip gehört der Vergangenheit an. Von Ausnahmefällen abgesehen, wird folgerichtig auch nicht gefragt, warum eine Ehe gescheitert ist oder warum einer der Partner die Scheidung möchte. Interessanterweise würde dies im Übrigen auch für eine in Nordkorea geschlossene Ehe gelten, sofern sie in Deutschland geschieden werden könnte. Die Möglichkeit, in Deutschland einen Scheidungsantrag für eine in Nordkorea geschlossene Ehe zu stellen, hängt nach deutschem Recht von mehreren Faktoren ab: Zuständigkeit deutscher Gerichte: Mindestens einer der Ehepartner muss seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Anerkennung der Ehe: Die nordkoreanische Ehe muss in Deutschland als gültig anerkannt sein. Anwendbares Recht: Es muss geklärt werden, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden ist, was von internationalen Abkommen und dem deutschen Internationalen Privatrecht abhängt. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich kein Koreanisch spreche und nicht weiß, welche Rechtsfolgen eine deutsche Scheidung in Nordkorea hätte. In Deutschland würde die Scheidung jedoch ohne Probleme wirksam werden, sodass der geschiedene Ehepartner in Deutschland nicht mehr als verheiratet gelten würde. Es ist beruhigend zu wissen, dass das deutsche Rechtssystem einen humanen und fairen Ansatz bei Scheidungen verfolgt, der die persönliche Freiheit und Würde der Beteiligten respektiert.Scheidung einer nordkoreanischen Ehe in Deutschland
Kinderfotos in sozialen Medien: Eine rechtliche und ethische Gratwanderung
In einer Zeit, in der das Teilen von Familienfotos in sozialen Netzwerken zur Normalität geworden ist, wirft ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks ein kritisches Licht auf diese Praxis. Die Veröffentlichung von Kinderfotos und -videos auf kommerziellen Social-Media-Plattformen kann demnach eine potenzielle Kindeswohlgefährdung darstellen. Eingriff in die Privatsphäre: Besonders problematisch sind Aufnahmen von kranken oder leicht bekleideten Kindern. Solche Bilder können als massiver Eingriff in die Privatsphäre des Kindes gewertet werden. Sexualisierbarer Kontext: Selbst alltägliche Situationen können unter bestimmten Umständen in einen sexualisierbaren Kontext gerückt werden. Dies gilt insbesondere für Aufnahmen von Kindern in Badebekleidung oder ähnlichen Situationen. Kommerzielle Nutzung: Wenn solche Inhalte auf Kanälen mit kommerziellem Charakter geteilt werden, verstärkt sich das Potenzial zur Kindeswohlgefährdung erheblich. Die Sensibilität für dieses Thema hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. In den 1970er Jahren erschien das Fertigen freizügiger Kinderfotos noch deutlich unschuldiger. Mit dem Aufkommen des Internets und sozialer Medien hat sich die Situation jedoch drastisch gewandelt. Die unkontrollierte Weiterverbreitung solcher Bilder stellt heute ein erhebliches Risiko dar. Der kürzlich in Frankreich aufgedeckte Fall von sexuellem Missbrauch innerhalb der Ehe und das damit verbundene Netzwerk von Gewalttätern zeigt die internationale Dimension dieser Problematik. Auch die Enthüllungen über ein mutmaßliches Vergewaltigernetzwerk auf Telegram unterstreichen die Dringlichkeit, den Schutz von Kindern im digitalen Raum zu verstärken. Als Anwalt beobachte ich, dass Fragen zur Veröffentlichung von Kinderfotos in sozialen Netzwerken meist erst im Kontext von Trennungen diskutiert werden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen sollten Eltern jedoch generell kritisch über die Nutzung von Bildern ihrer Kinder nachdenken. Altersgerechter Ansatz: Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert für ein differenziertes Schutzkonzept, das verschiedene Altersgruppen berücksichtigt. Einwilligung der Kinder: Es wird empfohlen, Kinder so früh wie möglich in Entscheidungen über ihre digitale Präsenz einzubeziehen. Beschränkung der elterlichen Vertretungsbefugnis: In kommerziellen Kontexten sollte über eine Einschränkung der elterlichen Vertretungsbefugnis nachgedacht werden. Die Veröffentlichung von Kinderfotos in sozialen Medien erfordert ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein. Eltern sollten sich der potenziellen Risiken bewusst sein und im Zweifelsfall von einer Veröffentlichung absehen. Es liegt in unserer Verantwortung, die Persönlichkeitsrechte und das Wohl der Kinder auch im digitalen Raum zu schützen.Risiken und rechtliche Implikationen
Historischer Kontext und aktuelle Entwicklungen
Internationale Perspektive
Rechtliche Überlegungen
Schutzkonzepte und Handlungsempfehlungen
Fazit
Schwiegereltern-Darlehen: Vom Geschenk zur Rückzahlungspflicht
Die finanzielle Unterstützung durch Schwiegereltern kann in Zeiten der Ehe eine willkommene Hilfe sein. Doch was passiert, wenn die Ehe scheitert? Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main beleuchtet diese Problematik und zeigt eine bedeutende Entwicklung in der Rechtsprechung auf. In der Vergangenheit wurden Schenkungen der Schwiegereltern im Falle einer Scheidung nicht direkt zurückabgewickelt. Stattdessen fanden sie Berücksichtigung im Rahmen des Zugewinnausgleichs zwischen den Ehepartnern. Diese Praxis hat der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch mit einem wegweisenden Urteil geändert:Der BGH entschied, dass Schenkungen der Schwiegereltern an ein Ehepaar im Scheidungsfall unter bestimmten Umständen zurückgefordert werden können. Dies gilt insbesondere, wenn die Schenkung in Erwartung des Fortbestands der Ehe erfolgte und diese Erwartung durch die Scheidung enttäuscht wurde. Die Rückforderung kann direkt gegenüber dem beschenkten Schwiegerkind geltend gemacht werden, ohne den Umweg über den Zugewinnausgleich zu nehmen. Im jüngst vom Landgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall ging es jedoch nicht um eine Schenkung, sondern um ein Darlehen. Die Schwiegereltern hatten ihrem Schwiegersohn mit 250.000 Euro ausgeholfen, um die Restschuld für ein geerbtes Haus zu begleichen. Nach dem Scheitern der Ehe stellte der Schwiegersohn die Rückzahlungen ein. Das Landgericht Frankfurt stellte klar: Das Gericht verpflichtete den Schwiegersohn zur Rückzahlung von rund 190.000 Euro. Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, auch bei familiären Finanzvereinbarungen klare Absprachen zu treffen und diese schriftlich festzuhalten. Es zeigt auch, dass die Gerichte zunehmend bereit sind, die wirtschaftliche Realität solcher Vereinbarungen anzuerkennen, unabhängig von familiären Bindungen. Für Familien bedeutet dies: Vorsicht bei großzügigen finanziellen Unterstützungen. Was in guten Zeiten als selbstverständliche Hilfe erscheint, kann im Falle einer Scheidung zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen.Wandel in der Rechtsprechung
Der aktuelle Fall: Darlehen statt Schenkung
Gerichtliche Entscheidung
Fazit
Rückführung trotz Kriegsgefahr: Eine juristische Perspektive auf ein menschliches Dilemma
In einer Zeit, in der unsere unmittelbare europäische Nachbarschaft von Konflikten erschüttert wird, stehen wir vor komplexen rechtlichen und ethischen Herausforderungen. Die Kriege in der Ukraine, Syrien, dem Libanon, Gaza und teilweise in Libyen sind menschliche Tragödien von unvorstellbarem Ausmaß. Vor diesem Hintergrund möchte ich einen Fall beleuchten, der die Spannung zwischen juristischer Logik und elterlicher Fürsorge verdeutlicht. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat kürzlich entschieden, dass eine Mutter ihr einjähriges Kind nach Israel zurückbringen muss, obwohl sie es aus Sorge um dessen Sicherheit nach Deutschland gebracht hatte. Als Vater von vier Kindern kann ich die Entscheidung der Mutter, ihr Kind aus einer potenziell gefährlichen Region zu entfernen, zutiefst nachempfinden. Die ständige Bedrohung, selbst wenn sie nicht unmittelbar ist, kann für Eltern eine enorme psychische Belastung darstellen. Aus rein juristischer Sicht ist die Entscheidung des Gerichts nachvollziehbar. Das Haager Kindesentführungsübereinkommen sieht vor, dass eine Rückführung nur bei nachgewiesener „schwerwiegender Gefahr“ für das Kind abgelehnt werden kann. Im vorliegenden Fall konnte diese konkrete Gefährdung nicht ausreichend belegt werden, da in Israel selbst aktuell kein Krieg herrscht. Diese Situation unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung in solchen Fällen: Detaillierte Gefahrendarstellung: Anwälte sind auf präzise Informationen ihrer Mandanten angewiesen, um potenzielle Gefahren überzeugend darzulegen. Präventive Maßnahmen: Vor einem geplanten Umzug sollte ein Sorgerechtsverfahren in Betracht gezogen werden, um das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu klären. Unterschiedliche Entscheidungsmaßstäbe: Es ist wichtig zu verstehen, dass in Rückführungsverfahren andere Kriterien gelten als bei Entscheidungen über das Sorgerecht. Dieser Fall zeigt eindrücklich, wie komplex die Abwägung zwischen rechtlichen Normen und menschlichen Bedürfnissen sein kann. Als Juristen sind wir gefordert, nicht nur den Buchstaben des Gesetzes zu folgen, sondern auch die tiefgreifenden emotionalen und psychologischen Aspekte solcher Entscheidungen zu berücksichtigen. In einer Welt, die von Konflikten geprägt ist, müssen wir besonders sensibel mit Fällen umgehen, die das Wohl von Kindern betreffen. Gleichzeitig unterstreicht dieser Fall die Notwendigkeit einer gründlichen rechtlichen Vorbereitung für Eltern, die sich in ähnlichen Situationen befinden könnten. Letztendlich bleibt zu hoffen, dass in Zukunft Wege gefunden werden, die sowohl den rechtlichen Anforderungen als auch dem Schutzbedürfnis von Eltern und Kindern in Krisenregionen gerecht werden.Juristische Erwägungen vs. elterliche Intuition
Fazit: Ein Plädoyer für Sensibilität
