Die Frage, wer Erbe sein kann, ist eigentlich ganz einfach: Jeder! Die Frage, wer „jeder“ ist, ist hingegen schon schwieriger zu beantworten. Man muss um „jeder“ zu sein, ein „jemand“ sein. Weil man sonst ein „niemand“ ist. Alles klar?
Erbfähigkeit
Das Gesetz regelt die Erbfähigkeit in § 1923 BGB.
Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt. „Lebt“ darf dabei nicht überbewertet werden, weil Tiere nach deutschem Recht nicht erben können, obwohl sie unstreitig leben. Juristische Personen, wie z.B. GmbHs, Stiftungen oder die BRD erben können, obwohl sie nicht im biologischen Sinne leben. Existiert trifft es daher eigentlich besser. Klingt aber nicht so gut.
Wann beginnt das Leben / die Existenz?
Diese eher philosophisch anmutende Frage hat auch die Gesetzgeber des BGB bereits im 19. Jahrhundert beschäftigt. Weil zwischen der Zeugung und der Geburt im Normalfall 40 Wochen vergehen und in dieser Zeit viel geschehen kann. Daher ist ein § 1923 (2) BGB bestimmt:
Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren.
Die philosophische Frage hat der Gesetzgeber also mit einer gesetzlichen Fiktion geklärt oder umgangen. Aufgrund des überschaubaren Zeitraums beschränken sich die praktischen Probleme – wenn überhaupt – hier meistens auf die nachträgliche Feststellung der Vaterschaft.
Zeitpunkt der Zeugung
Die Regelung des § 1923 BGB ist, wie der Großteil des BGB, bereits aus dem 19. Jahrhundert und damit über hundert Jahre alt. Neuere technische Möglichkeiten stellen das Recht jedoch nun vor Herausforderungen, die es so im 19. Jahrhundert noch gar nicht gab. “Witwe darf Kind ihres toten Ehemanns austragen“ Spiegel Online
Witwe darf Kind ihres toten Ehemanns austragen
In ihrem Kampf um ein Kind von ihrem gestorbenen Ehemann hat Ines S. einen wichtigen Sieg errungen. Das Rostocker Oberlandesgericht entschied am Freitag, dass eine Klinik die künstlich befruchteten Eizellen an die 29-jährige Witwe herausgeben muss. Die Richter argumentierten, dass es strafbar sei, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich zu befruchten. Im Fall der Neubrandenburgerin sei der Samen aber schon vor dem Tod des Ehemannes der Klägerin verwendet und untrennbar von der Eizelle eingeschlossen worden.
In dem Fall ging es allein um die Frage, ob die Ehefrau von der Klinik die befruchtete Eizelle herausverlangen konnte. Es ging nicht darum, ob die Eizelle der Frau eingesetzt werden sollte oder durfte. Und es ging auch (noch) nicht um Erbrecht nach dem Vater. Aber Sicht des Juristen ist dies durchaus ein Problem. Was ist, wenn die befruchtete Eizelle wohl möglich erst mit deutlicher Verzögerung ausgetragen wird? Hier können – je nach technischer Entwicklung – wohl möglich Jahre vergehen. Die Frage, wer Erbe geworden ist, steht dann u.U. über sehr lange Zeit noch nicht fest. Auch könnte die Frage von Bedeutung werden, wem der Herausgabeanspruch an der befruchteten Eizelle überhaupt zusteht. Wenn es – anders als im vorstehenden Fall – wohlmöglich weitere Erben neben der Ehefrau gibt könnten diese nach § 1922 BGB eigene Rechte an der Eizelle geltend machen. Und damit das Entstehen eines weiteren Erbberechtigten schon im Vorwege verhindern. Eine Antwort auf diese Fragen gibt es derzeit noch nicht. Aber es wird mit Sicherheit der Tag kommen, an dem die Antwort gegeben werden muss.