In der familienrechtlichen Praxis stellt sich häufig die Frage, unter welchen Umständen eine familiengerichtliche Entscheidung über das Sorgerecht oder den Umgang erforderlich ist, wenn es um Auslandsreisen von minderjährigen Kindern geht. Ein aktueller Fall des Amtsgerichts Wittenberg beleuchtet diese Problematik und zeigt die Komplexität solcher Entscheidungen auf. Grundsätzlich müssen Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für das Kind gemeinsam treffen (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auslandsreisen, insbesondere in Länder außerhalb der EU, fallen in der Regel in diese Kategorie. Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht angerufen werden, um einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis zu übertragen (§ 1628 BGB). Reisen innerhalb des europäischen EU-Auslands sind typischerweise unproblematisch. Die einheitlichen Rechtsstandards und das hohe Sicherheitsniveau in der EU führen dazu, dass Familiengerichte hier selten eingeschaltet werden müssen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. Anders verhält es sich bei Reisen in Länder wie Russland oder andere Krisenregionen wie die Ukraine, den Libanon, Syrien oder Israel. In solchen Fällen stellt sich für das Gericht die zentrale Frage, ob eine Reise dorthin mit dem Kindeswohl objektiv zu vereinbaren ist. Das Kindeswohl ist gemäß § 1697a BGB der Maßstab für alle kindschaftsrechtlichen Entscheidungen. Ein aktueller Fall des Amtsgerichts Wittenberg (Beschluss vom 28.06.2023, Az.: 5a F 327/23 EASO) verdeutlicht die Abwägungen, die Gerichte in solchen Situationen vornehmen müssen. Hier ging es um die Reise einer 15-Jährigen nach Russland in Begleitung des ehemaligen Lebensgefährten ihrer Mutter. Der leibliche Vater verweigerte seine Zustimmung aufgrund der aktuellen politischen Lage. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, der Mutter unter bestimmten Auflagen die alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen. Dabei berücksichtigte es folgende Faktoren: Das Gericht legte jedoch Wert darauf, dass die Mutter sich fortlaufend über die Sicherheitslage informiert und etwaige Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes beachtet. Der Fall des AG Wittenberg zeigt exemplarisch, wie Familiengerichte in solchen Situationen abwägen müssen. Sie berücksichtigen dabei nicht nur abstrakte Gefahren, sondern auch die konkreten Umstände des Einzelfalls. Letztlich geht es immer darum, eine Entscheidung zu treffen, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht, wie es § 1697a BGB vorschreibt. Für Eltern und Rechtsanwälte in ähnlichen Fällen ist es ratsam, alle relevanten Faktoren sorgfältig zu dokumentieren und dem Gericht darzulegen, um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen. Die Einzelfallbetrachtung und die Berücksichtigung aller Umstände sind entscheidend für eine dem Kindeswohl entsprechende Lösung.Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung
Reisen innerhalb der EU
Reisen in Krisenregionen
Der Fall des AG Wittenberg
Fazit
Archiv für Kategorie: Familienrecht
Auslandsreisen Minderjähriger: Wann entscheidet das Familiengericht?
Trennungsunterhalt durch Überlassen der Familienwohnung: Steuerliche Auswirkungen und gerichtliche Entscheidung
In einem aktuellen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine wichtige Entscheidung zur steuerlichen Behandlung von Trennungsunterhalt durch Überlassung der Familienwohnung getroffen. Diese Entscheidung hat sowohl unterhaltsrechtliche als auch steuerrechtliche Auswirkungen für getrennt lebende Ehepaare. Ein Ehepaar mit zwei Kindern trennte sich 2015. Sie vereinbarten, dass die Frau mit den Kindern in der gemeinsamen 200 qm großen Wohnung verbleiben sollte. In einer notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung wurde festgelegt, dass der Mann seiner Frau monatlich 600 Euro Trennungsunterhalt zahlen sollte. Dabei wurde ein Wohnvorteil von 400 Euro mit dem Trennungsunterhalt verrechnet, sodass effektiv 200 Euro als Vorsorge- und Elementarunterhalt geleistet wurden. Der Mann wollte in seiner Steuererklärung höhere Unterhaltsleistungen geltend machen, indem er den tatsächlichen Mietwert seines Miteigentumsanteils mit monatlich 818,07 Euro ansetzte. Dies führte zu einem Rechtsstreit, der schließlich vor dem BFH landete. Der BFH (Urteil vom 14.12.2023, Az. IX R 23/21) entschied zugunsten des Mannes und stellte klar: Es liegt kein entgeltliches „mietvertragsähnliches“ Verhältnis vor, sondern eine Unterhaltsleistung in Form von Naturalunterhalt. Der Wohnvorteil ist nach dem ortsüblichen Mietzins anzusetzen, auch wenn unterhaltsrechtlich ein geringerer Wert vereinbart wurde. Steuerrechtlich: Er kann nun höhere Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben geltend machen, was seine Steuerlast reduziert. Unterhaltsrechtlich: Die tatsächliche Höhe seiner Unterhaltsleistung wird anerkannt, was seine finanzielle Situation besser widerspiegelt. Steuerrechtlich: Sie muss dem höheren Sonderausgabenabzug zustimmen (Realsplitting), was ihre eigene Steuerlast erhöhen könnte. Unterhaltsrechtlich: Der ihr zukommende Wohnvorteil wird höher bewertet, was ihre Gesamtunterhaltsleistung erhöht. Der BFH stellte zudem klar, dass ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden kann, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. In diesem Fall wurde der Antrag des Mannes auf einen höheren Sonderausgabenabzug und die Zustimmung seiner Ehefrau als solches rückwirkendes Ereignis anerkannt. Diese Entscheidung des BFH unterstreicht die Komplexität des Unterhaltsrechts und dessen steuerliche Implikationen. Sie zeigt auch, wie wichtig es ist, bei Trennungsvereinbarungen sowohl die unterhaltsrechtlichen als auch die steuerrechtlichen Aspekte sorgfältig zu berücksichtigen. Betroffene sollten sich in solchen Fällen unbedingt fachkundigen Rat einholen, um ihre Rechte zu wahren und steuerliche Vorteile optimal zu nutzen.Der Fall
Das Problem
Die Lösung des BFH
Auswirkungen für die Beteiligten
Für den Mann:
Für die Frau:
Wichtiger Hinweis zur Bestandskraft von Steuerbescheiden
Namensänderung zur Stärkung der Mutter-Kind-Beziehung: Ein aktueller Fall aus der Rechtsprechung
In einem kürzlich ergangenen Urteil hat sich der Verwaltungsgerichtshof München mit einem interessanten Fall zur Namensänderung befasst. Diese Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die unterschiedlichen Verfahrenswege bei Namensänderungen und deren rechtliche Grundlagen. Zunächst ist es wichtig, zwischen zwei Arten von Namensänderungsverfahren zu unterscheiden: Verfahren vor dem Familiengericht (FamG): Verfahren vor dem Verwaltungsgericht: Im vorliegenden Fall (VGH München, Urteil vom 30.01.2025, 5 B 22.1550) ging es um einen besonderen Aspekt der Namensänderung: Der VGH München kam zu dem Schluss, dass eine Namensänderung in diesem Fall gerechtfertigt sein kann. Dabei stützte sich das Gericht auf folgende Überlegungen: Das Gericht betonte, dass eine Namensänderung nach § 3 NamÄndG nur aus „wichtigem Grund“ möglich ist. In diesem Fall sah es diesen wichtigen Grund in der Stärkung der Mutter-Kind-Beziehung und der faktischen Zugehörigkeit des Kindes zur mütterlichen Familie. Diese Entscheidung zeigt, dass Namensänderungen nicht nur formale Akte sind, sondern tiefgreifende Auswirkungen auf familiäre Beziehungen haben können. Sie unterstreicht die Bedeutung des Kindeswohls und die Berücksichtigung der tatsächlichen Lebensverhältnisse in rechtlichen Entscheidungen. Für Betroffene in ähnlichen Situationen ist es ratsam, sich frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um den richtigen Verfahrensweg zu wählen und die Erfolgsaussichten einschätzen zu können.Namensänderungsverfahren: Familiengericht vs. Verwaltungsgericht
– Basierend auf §§ 1617, 1617a, 1617b, 1617c BGB
– Betrifft meist Änderungen im Zusammenhang mit Eheschließung, Scheidung oder Abstammung
– Grundlage ist das Namensänderungsgesetz (NamÄndG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG
– Kommt zur Anwendung, wenn keine familienrechtliche Grundlage bestehtDer aktuelle Fall vor dem VGH München
Ausgangssituation:
Rechtliche Bewertung:
Fazit
Hausverkauf an Ex-Ehegattin: Steuerliche Fallstricke bei der Scheidung
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine für viele Ehepaare in Trennung relevante Entscheidung getroffen. Es geht um die steuerliche Behandlung des Verkaufs eines Hauses an den Ex-Ehepartner im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Scheidung. Der Fall: Ein Ehepaar hatte 2008 gemeinsam ein Einfamilienhaus erworben. Nach der Trennung 2015 zog der Ehemann aus. Im Zuge der Scheidung verkaufte er seinen hälftigen Miteigentumsanteil an seine Ex-Frau. Das Finanzamt sah darin ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der BFH (Urteil vom 14.11.2023, IX R 11/22) bestätigte diese Einschätzung. Entscheidend war, dass der Verkauf innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 23 EStG erfolgte und der Ehemann nach seinem Auszug das Objekt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Die steuerlichen Konsequenzen bei der Vermögensauseinandersetzung nach einer Scheidung sind komplex und können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Es ist daher dringend zu empfehlen, sich frühzeitig fachkundigen Rat einzuholen. Für eine umfassende steuerliche Beratung in solchen Fällen empfehlen wir, Kontakt zur Steuerberatungskanzlei Heitmann + Päper aufzunehmen. Sie erreichen die Kanzlei unter: Heitmann + Päper Hafenstraße 11 Tel.: 0491 / 92 73 00 Eine vorausschauende Planung kann helfen, unerwartete steuerliche Belastungen zu vermeiden und die finanziellen Folgen einer Scheidung zu minimieren.Die Problematik: Steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft
Mögliche Lösungsansätze
Empfehlung
Steuerberatungsgesellschaft mbH
26789 Leer
Fax: 0491 / 92 73 0-50
OLG Frankfurt: Hälftige Kostenteilung bei Vaterschaftsfeststellungsverfahren trotz vorherigem DNA-Test
In einem kürzlich ergangenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main eine interessante Entscheidung zur Kostenverteilung in Vaterschaftsfeststellungsverfahren getroffen (OLG Frankfurt, 13.01.2025 – 6 WF 155/24). Auf den ersten Blick mag es überraschend erscheinen, dass der Kindesvater trotz eines bereits durchgeführten außergerichtlichen DNA-Tests nicht allein die Kosten des gerichtlichen Verfahrens tragen musste. Das Gericht begründete seine Entscheidung jedoch mit einem wichtigen rechtsstaatlichen Prinzip: In einem Rechtsstaat hat der potenzielle Vater das Recht, die Frage der Abstammung in einer rechtlich sicheren Weise durch einen vom Gericht bestellten Gutachter klären zu lassen. Dies unterstreicht die Bedeutung der gerichtlichen Überprüfung in solch wichtigen Angelegenheiten. Ein weiterer interessanter Aspekt des Urteils ist die Betrachtung der Mitverantwortung der Mutter. Das Gericht argumentierte, dass – zumindest im Falle einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs – die Mutter eine faktische Mitverantwortung für die Entstehung des Kindes trägt. Daher sei es angemessen, dass sie die Kosten der Vaterschaftsfeststellung zur Hälfte mitträgt. Es ist anzumerken, dass das Gericht nicht über Fälle von nachgewiesener oder unstreitiger Vergewaltigung zu entscheiden hatte. Für solche Szenarien gibt es bislang keine bekannte einschlägige Rechtsprechung. Nachvollziehbar erscheint auch die Entscheidung des Gerichts, das Kind selbst nicht an den Kosten seiner Vaterschaftsfeststellung zu beteiligen. Schließlich kann ein Kind für die Tatsache seiner eigenen Geburt offensichtlich keine Verantwortung tragen. Es ist zu beachten, dass DNA-Feststellungen heute, dank des technischen Fortschritts, nicht mehr so kostspielig sind wie früher. Selbst bei einem vom Gericht bestellten Gutachten stellen die Kosten in der Regel keine große finanzielle Hürde mehr dar. Sollten die Eltern dennoch nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Diese Entscheidung des OLG Frankfurt unterstreicht die Komplexität und Sensibilität von Vaterschaftsfeststellungsverfahren und zeigt, wie Gerichte bemüht sind, eine ausgewogene und faire Lösung für alle Beteiligten zu finden.Mitverantwortung der Mutter
Keine Kostenbeteiligung des Kindes
Finanzielle Aspekte
Elternzeit bei Krankheit des Kindes: Rechte, Pflichten und gesellschaftliche Realität
Als Fachanwalt für Familienrecht möchte ich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Fehlzeiten aufgrund der Erkrankung eines Kindes erläutern und einige Beobachtungen aus der Praxis teilen. Wenn ein Kind erkrankt und betreut werden muss, haben Eltern das Recht auf bezahlte Freistellung von der Arbeit. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in § 45 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sowie in § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Folgende Schritte sind zu unternehmen: Für die Jahre 2024 und 2025 gilt eine Sonderregelung gemäß § 45 Abs. 2a SGB V: Gesetzlich Versicherte können pro Kind und Jahr bis zu 15 Arbeitstage bezahlte Freistellung in Anspruch nehmen Bei Alleinerziehenden erhöht sich der Anspruch auf 30 Tage pro Kind Die Gesamtzahl der Tage ist auf 35 Arbeitstage pro Jahr begrenzt (bei Alleinerziehenden 70 Tage) Ab 2026 gilt wieder die Standardregelung nach § 45 Abs. 2 SGB V: 10 Arbeitstage pro Kind und Jahr 20 Arbeitstage für Alleinerziehende Maximal 25 bzw. 50 Tage insgesamt pro Jahr Neu ab 2024: „Kinderkrankengeld bei stationärer Mitaufnahme“ ohne gesetzlich vorgegebene Höchstanspruchsdauer (§ 45 Abs. 2b SGB V) Für privat krankenversicherte Eltern gelten die Regelungen des jeweiligen Versicherungstarifs Beamte erhalten aufgrund des Alimentationsprinzips weiterhin ihr volles Gehalt Für Familiengerichte kann die tatsächliche Inanspruchnahme von Kinderkrankentagen ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung von Betreuungsmodellen sein, insbesondere im Kontext des § 1671 BGB bei Entscheidungen über das Sorgerecht oder die Aufenthaltsbestimmung. Als Fachanwalt für Familienrecht rate ich Eltern, sich dieser Thematik bewusst zu sein und im Interesse des Kindeswohls eine wirklich gleichberechtigte Aufteilung der Betreuungsaufgaben anzustreben, wie es auch dem Grundgedanken des § 1626 BGB zur gemeinsamen elterlichen Sorge entspricht.Rechtliche Grundlagen und Vorgehensweise
– Unverzügliche Mitteilung über die Erkrankung des Kindes (§ 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz)
-Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, wenn vom Arbeitgeber gefordert
– Beantragung des Kinderkrankengeldes gemäß § 45 SGB V
– Einreichung einer ärztlichen Bescheinigung über die Notwendigkeit der Betreuung Anspruchsdauer
Besondere Regelungen
Relevanz für gerichtliche Entscheidungen
Nutzungsentschädigung vs. Wohnwertvorteil: Eine komplexe Abwägung im Familienrecht
Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 27.11.2024 – XII ZB 28/23) wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Interaktion zwischen Nutzungsentschädigung und Unterhaltsrecht bei Trennungen. Der Fall zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, beide Aspekte im Zusammenhang zu betrachten. Bei Trennungen stellt sich häufig die Frage, wie mit der gemeinsamen Immobilie umzugehen ist. Dabei sind zwei rechtliche Konstrukte zu unterscheiden: Nutzungsentschädigung: Gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB kann der ausgezogene Ehepartner als Miteigentümer eine Entschädigung für die Nutzung seines Anteils verlangen. Wohnwertvorteil: Im Unterhaltsrecht wird der geldwerte Vorteil des mietfreien Wohnens bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs berücksichtigt. Im vorliegenden Fall verließ der Ehemann freiwillig das gemeinsame Reihenhaus und forderte später eine monatliche Nutzungsentschädigung von seiner Frau. Das Oberlandesgericht sprach ihm 805,60 Euro zu, ohne die unterhaltsrechtliche Situation genauer zu betrachten. Der BGH hob diese Entscheidung auf und betonte die Notwendigkeit, die unterhaltsrechtliche Lage zu berücksichtigen. Insbesondere verwies er auf § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB, der eine Billigkeitsabwägung vorschreibt. Die Unterscheidung zwischen Nutzungsentschädigung und Wohnwertvorteil ist entscheidend: Nutzungsentschädigung ist eine Zahlung des in der Immobilie verbleibenden Ehepartners an den ausgezogenen Miteigentümer für die Nutzung dessen Anteils. Wohnwertvorteil wird bei der Unterhaltsberechnung dem Einkommen des in der Immobilie verbleibenden Ehepartners hinzugerechnet, da dieser mietfrei wohnt. Für den unterhaltsberechtigten Ehepartner, der in der Immobilie verbleibt, ergeben sich folgende Szenarien: Vorteilhaft: Anrechnung des Wohnwertvorteils bei der Unterhaltsberechnung, wenn der Unterhaltsbedarf dadurch nicht wesentlich gemindert wird und keine zusätzliche Nutzungsentschädigung zu zahlen ist. Nachteilig: Zahlung einer Nutzungsentschädigung zusätzlich zur Anrechnung des Wohnwertvorteils, da dies die finanzielle Belastung erhöht. Im vorliegenden Fall argumentierte die Ehefrau, dass sie selbst bei Anrechnung des vollen Mietwerts Unterhalt benötige. Eine zusätzliche Nutzungsentschädigung würde ihre finanzielle Situation weiter verschlechtern. Der BGH betont mit seiner Entscheidung die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung. Es reicht nicht aus, isoliert über eine Nutzungsentschädigung zu entscheiden, ohne die unterhaltsrechtliche Situation zu berücksichtigen. Für Betroffene und ihre Rechtsberater bedeutet dies, dass sie beide Aspekte sorgfältig abwägen müssen. Eine pauschale Lösung gibt es nicht – vielmehr muss jeder Fall individuell unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren betrachtet werden.Rechtlicher Hintergrund
Der Fall im Detail
Nutzungsentschädigung vs. Wohnwertvorteil
Vorteilhaftigkeit für den Unterhaltsberechtigten
Fazit
Eheliche Pflicht zum Sex? Ein Urteil aus Frankreich überrascht
In einer Zeit, in der wir glaubten, bestimmte rechtliche Fragen längst geklärt zu haben, überrascht uns ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 23.01.2025, Az. noch nicht bekannt). Der Fall betrifft unser Nachbarland Frankreich und wirft ein Schlaglicht auf ein Thema, das in Deutschland seit den 1970er Jahren der Vergangenheit angehört: die sogenannte „eheliche Pflicht“ zum Sex. Eine französische Frau hatte sich 2012 von ihrem Ehemann scheiden lassen wollen. Im Scheidungsverfahren wurde ihr jedoch die Alleinschuld am Scheitern der Ehe zugesprochen, weil sie Sex mit ihrem Mann abgelehnt hatte. Diese Entscheidung basierte auf dem Konzept der „ehelichen Pflicht“, das offenbar in Frankreich noch immer Bestand hat. Der EGMR hat nun klargestellt, dass die Vorstellung einer „ehelichen Pflicht“ zum Sex im Widerspruch zur sexuellen Freiheit und zum Recht auf den eigenen Körper steht. Die Richter betonten, dass jeder sexuelle Akt ohne Zustimmung als sexuelle Gewalt zu werten ist. Das Festhalten an diesem veralteten Konzept stelle eine Verletzung des Menschenrechts auf Privatleben dar. In Deutschland ist diese Frage glücklicherweise seit der Änderung des Scheidungsrechts in den 1970er Jahren kein Thema mehr. Wie wir bereits in einem früheren Artikel auf unserer Website dargelegt haben, spielt fehlender Sex in der Ehe bei einer deutschen Scheidung keine rechtliche Rolle mehr. Es ist erstaunlich und besorgniserregend zugleich, dass solche Ansichten in einem EU-Nachbarland wie Frankreich noch Bestand haben können. Das Urteil des EGMR ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es bleibt zu hoffen, dass im Zuge der Angleichung europäischen Rechts auch in anderen EU-Ländern bald ähnliche Fortschritte erzielt werden. Die persönliche und sexuelle Freiheit innerhalb der Ehe sollte in ganz Europa als selbstverständlich gelten.Der Fall
Das Urteil des EGMR
Die deutsche Perspektive
Fazit
Namensänderung bei Erwachsenenadoption: BVerfG bestätigt Verfassungsmäßigkeit
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer wegweisenden Entscheidung die Regelungen zur Namensänderung bei der Adoption Volljähriger für verfassungskonform erklärt (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2024 – 1 BvL 10/20). Diese Entscheidung klärt wichtige Fragen im Bereich des Adoptions- und Namensrechts. Der Fall betraf eine Witwe, die die verheiratete Tochter ihres verstorbenen Lebensgefährten adoptierte. Die adoptierte Tochter wollte ihren bisherigen Familiennamen behalten, was das Familiengericht jedoch ablehnte. Der Bundesgerichtshof sah darin einen möglichen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und legte die Frage dem Bundesverfassungsgericht vor. Die relevanten Vorschriften finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch: Das Gericht entschied mit einer knappen Mehrheit von 5 zu 3 Stimmen, dass die genannten Regelungen verfassungskonform sind. Dabei erkannte das BVerfG an, dass die zwingende Namensänderung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt, hielt diesen jedoch für gerechtfertigt. Legitimer Zweck: Die Regelungen dienen dazu, „die durch Adoption bewirkte Begründung eines neuen Eltern-Kind-Verhältnisses sichtbar zu machen“. Angemessener Interessenausgleich: Die Vorschriften ermöglichen einen ausgewogenen Ausgleich zwischen dem Recht am eigenen Namen und dem öffentlichen Interesse an der Sichtbarkeit des neuen Familienverhältnisses. Weites Verständnis der Ausnahmeregelung: Das BVerfG betonte, dass bei Volljährigenadoptionen ein weites Verständnis der „schwerwiegenden Gründe“ nach § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB geboten sei. Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung, dass bei Volljährigenadoptionen weiterhin grundsätzlich eine Namensänderung erfolgt. Allerdings sollten Familiengerichte bei der Prüfung von Ausnahmen großzügig vorgehen und nahezu jedes nachvollziehbare Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens als ausreichenden Grund anerkennen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schafft Rechtssicherheit im Bereich der Volljährigenadoption und des Namensrechts. Sie unterstreicht die Bedeutung des Namens als Ausdruck der persönlichen Identität, erkennt aber auch das öffentliche Interesse an der Sichtbarkeit neuer Familienverhältnisse an. Für die Praxis wird es wichtig sein, im Einzelfall sorgfältig abzuwägen und die vom BVerfG geforderte weite Auslegung der Ausnahmeregelung zu berücksichtigen.Hintergrund des Falls
Gesetzliche Grundlagen
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Begründung des Gerichts
Praktische Auswirkungen
Fazit
Kinder: Chamäleons in der Familie
Eltern stellen oft fest, dass ihre Kinder sich ihnen gegenüber unterschiedlich verhalten – sowohl in intakten Familien als auch nach einer Trennung. Dieses Phänomen ist nicht nur normal, sondern auch ein faszinierender Aspekt der kindlichen Entwicklung. In vielen Familien erleben Väter und Mütter ihre Kinder auf unterschiedliche Weise. Ein Beispiel hierfür ist der Fall eines Vaters, der sich wunderte, warum seine Frau von den Kindern so gestresst war, während er sie als „so lieb“ empfand. Diese Diskrepanz in der Wahrnehmung ist häufig und kann zu Missverständnissen zwischen den Eltern führen. Nach einer Trennung wird dieses Phänomen oft noch deutlicher. Ob im Wechselmodell oder im Residenzmodell mit Umgang – Kinder passen ihr Verhalten an die jeweilige Situation an. Sie erzählen den getrennten Elternteilen häufig unterschiedliche Dinge, was zu Verwirrung und manchmal sogar zu Konflikten führen kann. Psychologen erklären dieses Verhalten folgendermaßen: Anpassungsfähigkeit: Kinder passen sich intuitiv an verschiedene Situationen an. Erwartungserfüllung: Sie verhalten sich so, wie sie glauben, dass es von ihnen erwartet wird. Überlebensstrategie: In manchen Fällen ist es eine Art Schutzmechanismus, um in beiden Umgebungen gut zurechtzukommen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Kinder in solchen Situationen nicht bewusst lügen. Vielmehr zeigen sie eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich an unterschiedliche familiäre Dynamiken anzupassen. Diese Anpassungsfähigkeit kann sogar als eine wichtige soziale Kompetenz betrachtet werden. Sowohl in funktionierenden Ehen als auch nach Trennungen ist es ratsam, gelassen zu akzeptieren, dass: Beide Elternteile sich unterschiedlich verhalten können. Kinder diese Unterschiede wahrnehmen und darauf reagieren. Kinder sich gegenüber beiden Elternteilen unterschiedlich benehmen können. Diese Unterschiede sind nicht negativ zu bewerten, sondern als normaler Teil des Familienlebens zu verstehen. Eine offene Kommunikation zwischen den Eltern und ein Verständnis für die Perspektive des Kindes können helfen, potenzielle Missverständnisse zu vermeiden und eine gesunde Familienumgebung zu fördern.Unterschiedliches Verhalten in intakten Familien
Verhalten nach der Trennung
Psychologische Erklärung
Keine Lügen, sondern Anpassung
Fazit: Akzeptanz und Verständnis
Familienrecht: Eine Ausnahme im Trend rückläufiger Zivilprozesse?
Als ich kürzlich einen Artikel über den allgemeinen Rückgang von Zivilprozessen in Deutschland las, stutzte ich. Diese Beobachtung schien nicht mit meinen Erfahrungen im Familienrecht übereinzustimmen. Das veranlasste mich, tiefer in die Materie einzutauchen und die Besonderheiten des Familienrechts im Vergleich zum allgemeinen Zivilrecht zu untersuchen. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Zahl der Zivilverfahren an deutschen Gerichten in den letzten Jahren tatsächlich deutlich zurückgegangen ist: Von 2007 bis 2023 sank die Anzahl der neu eingegangenen Zivilverfahren an Amtsgerichten um fast 39 Prozent, von etwa 1,26 Millionen auf knapp 773.400. Bei den Landgerichten, die für Streitwerte ab 5000 Euro zuständig sind, gab es einen Rückgang von knapp 19 Prozent. Das Familienrecht nimmt jedoch eine Sonderstellung ein. Es ist zwar Teil des Zivilrechts, unterscheidet sich aber in wesentlichen Punkten von anderen zivilrechtlichen Bereichen: Unvermeidbarkeit gerichtlicher Verfahren: Viele familienrechtliche Angelegenheiten, insbesondere Scheidungen, erfordern zwingend ein gerichtliches Verfahren. Emotionale Komponente: Familienrechtliche Streitigkeiten sind oft emotional aufgeladen, was außergerichtliche Einigungen erschweren kann. Kindeswohl: Bei Verfahren, die Kinder betreffen, steht das Kindeswohl im Vordergrund, was oft eine gerichtliche Klärung notwendig macht. Verfahrenskostenhilfe: Im Familienrecht wird häufig Verfahrenskostenhilfe gewährt, was die finanzielle Hürde für Gerichtsverfahren senkt. Um die Entwicklung im Familienrecht besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Statistiken der letzten 20 Jahre: Diese Zahlen zeigen einen interessanten Trend: Während die Zahl der Eheschließungen relativ stabil geblieben ist, ist die Zahl der Scheidungen deutlich zurückgegangen. Die Scheidungsrate sank von 55,9% im Jahr 2003 auf 35,7% im Jahr 2023. Mehrere Faktoren könnten zu dieser Entwicklung beigetragen haben: Höheres Heiratsalter: Das durchschnittliche Alter bei der ersten Eheschließung ist gestiegen. 2023 waren Männer im Schnitt über 35 Jahre und Frauen knapp 33 Jahre alt. Mit höherem Heiratsalter nimmt das Scheidungsrisiko tendenziell ab. Gesellschaftlicher Wandel: Die zunehmende finanzielle Unabhängigkeit von Frauen führt dazu, dass Ehen heute eher aus Liebe und gegenseitigem Respekt geführt werden als aus ökonomischer Notwendigkeit. Bessere Konfliktbewältigung: Paare, die in der Lage sind, Konflikte konstruktiv zu lösen und effektiv zu kommunizieren, haben stabilere Beziehungen. Längere Ehedauer: Die durchschnittliche Ehedauer bis zur Scheidung betrug 2023 14,8 Jahre, was auf stabilere Ehen hindeuten könnte. Obwohl das Familienrecht Teil des Zivilrechts ist, folgt es nicht unbedingt dem allgemeinen Trend rückläufiger Gerichtsverfahren. Die Besonderheiten des Familienrechts, insbesondere die Notwendigkeit gerichtlicher Verfahren bei Scheidungen, sorgen dafür, dass die Zahl der Verfahren hier weniger stark zurückgeht als in anderen Bereichen des Zivilrechts. Dennoch zeigt der Rückgang der Scheidungsrate, dass sich auch im Familienrecht Veränderungen vollziehen. Diese Entwicklung könnte auf eine zunehmende Stabilität von Ehen hindeuten, was langfristig auch zu einem Rückgang familienrechtlicher Verfahren führen könnte. Als Familienrechtler bleibt es spannend, diese Entwicklungen zu beobachten und zu verstehen, wie sich gesellschaftliche Veränderungen auf unser Rechtsgebiet auswirken.Rückgang der Zivilprozesse: Ein allgemeiner Trend
Familienrecht: Eine Sonderstellung im Zivilrecht
Entwicklung von Eheschließungen und Scheidungen
Jahr
Eheschließungen
Ehescheidungen
Scheidungsrate (%)
2003
382.911
213.975
55,9
2013
373.655
169.833
45,5
2023
360.979
129.008
35,7
Mögliche Gründe für den Rückgang der Scheidungsrate
Fazit
Ex-Partner verweigert Kontakt zum Kind – Das sind Ihre Rechte und Optionen
In meiner Tätigkeit als Anwalt im Familienrecht habe ich häufig Fälle, in denen ein Elternteil den Kontakt zwischen Kind und Ex-Partner verhindert. Diese Situation ist für alle Beteiligten äußerst belastend, insbesondere für das Kind. Lassen Sie mich Ihnen einen Einblick in die rechtliche Lage und mögliche Handlungsoptionen geben. Zunächst ist es wichtig zu betonen: Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen. Dieses Recht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert und dient dem Kindeswohl. Als Anwalt sehe ich es als meine Aufgabe, dieses Recht zu schützen und durchzusetzen. Meine erste Empfehlung ist stets der Versuch einer gütlichen Einigung. Ein Gespräch zwischen den Eltern, möglicherweise unter Einbeziehung eines Mediators, kann oft Wunder bewirken. In meiner Praxis habe ich erlebt, dass viele Konflikte auf Missverständnissen oder mangelnder Kommunikation beruhen. Sollte eine direkte Einigung nicht möglich sein, rate ich meinen Mandanten, das Jugendamt einzuschalten. Die Fachkräfte dort können vermitteln und bei der Erarbeitung einer Umgangsregelung unterstützen. Wenn alle anderen Wege ausgeschöpft sind, bleibt der Gang zum Familiengericht. Hier kann ein Antrag auf Regelung des Umgangs gestellt werden. Das Gericht wird dann eine Entscheidung im Sinne des Kindeswohls treffen. In besonders schwierigen Fällen kann das Gericht verschiedene Maßnahmen anordnen: Als Anwalt rate ich jedoch zur Vorsicht bei der Anwendung dieser Zwangsmittel. Sie können das Konfliktpotenzial erhöhen und sich negativ auf das Kind auswirken. Aus meiner Erfahrung heraus ist es entscheidend, langfristige Lösungen anzustreben. Dazu gehören: Als Fachanwalt für Familienrecht sehe ich meine Aufgabe darin, das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen und gleichzeitig die Rechte meiner Mandanten zu wahren. Die Verweigerung des Umgangs ist eine komplexe Situation, die viel Fingerspitzengefühl erfordert. Mit der richtigen rechtlichen Unterstützung und einem kooperativen Ansatz lassen sich jedoch meist Lösungen finden, die allen Beteiligten gerecht werden. Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden, zögern Sie nicht, fachkundigen Rat einzuholen. Gemeinsam können wir eine Strategie entwickeln, um den Kontakt zwischen Ihnen und Ihrem Kind wiederherzustellen und zu festigen.Das Recht des Kindes auf Umgang
Mögliche Schritte bei Umgangsverweigerung
1. Außergerichtliche Einigung
2. Beratung durch das Jugendamt
3. Gerichtliches Verfahren
Durchsetzung des Umgangsrechts
Langfristige Lösungen
Fazit