Archiv für Kategorie: Familienrecht

Familienrecht: Kinderbetreuung und nachehelicher Unterhalt

Aufgrund unseres Artikels nachehelicher Unterhalt – Ehe als Schaden
wurde ich bereits jetzt mehrfach gefragt, ob das auch in dem konkreten Fall so gelte bzw. wie Kinder hier mit reinspielen. Der konkrete Fall ist naturgemäß immer unterschiedlich. Die Frage, wie Kinder mit in die nacheheliche Unterhaltspflicht für den geschiedenen Ehegatten einfließen hat der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch in diesem Jahr ein einem Grundsatzurteil bereits einmal entschieden.

Nach dem früheren Recht hätte die Frau bis zum 8. Lebensjahr des Kindes gar nicht und bis zum 15. nur halbtags arbeiten müssen. Dieses „Altersphasen-Modell“ gehört nun der Vergangenheit an. Der Gesetzgeber hat die Rechtslage grundlegend umgestaltet. Laut BGH sind vor allem die Betreuungsmöglichkeiten entscheidend für die Frage einer Verlängerung des Anspruchs. Sind diese vorhanden, müssen sie ab dem dritten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden.

Der Elternteil kann sich nicht darauf berufen, das Kind ausschließlich selbst betreuen zu wollen. Der Unterhalt, der gemäß § 1570 BGB für die Betreuung eines gemeinsamen Kindes gezahlt wird, kann künftig entfallen – wenn ausreichende Betreuungsmöglichkeiten bestehen. Der BGH gab in seinem „BGH XII ZR 74/08Urteil vom 18. 3. 2009 – XII ZR 74/ 08 dem Vater eines Siebenjährigen Recht, der keinen „Betreuungsunterhalt“ mehr an seine Ex-Frau zahlen will.

Daneben sind aber auch die Dauer der Ehe und vor allem die Rollenverteilung maßgeblich: Hat sich ein Ehepaar darauf geeinigt, dass die Frau auf den Beruf verzichtet und sich um die Kinder kümmert, kann sie – im Vertrauen auf die Absprache – nach einer Scheidung deutlich länger Unterhalt für die Kinderbetreuung fordern als in einer Doppelverdiener-Ehe.

Dieser Fall unterscheidet sich von dem in Ehe als Schaden dargestellten Unterhaltsanspruch. Hier geht es um nachehelichen Betreuungsunterhalt, der gezahlt werden muss, weil der geschiedene Ehegatte das minderjährige Kind betreut. Dort ging es um den nachehelichen Unterhalt der gezahlt werden muss, weil der Ehegatte durch die Ehe eigene zukünftige Einkommensnachteile erleidet. In beiden Fällen zeigt sich aber, dass die Rechtsprechung die vom Gesetzgeber gewollte Verschärfung der Anforderung an den Unterhaltsberechtigten mit trägt und in den Urteilen umsetzt. Hierdurch können alte Unterhaltstitel u.U. abgeändert werden. Bzw. in neuen Fällen die nachehelichen Unterhaltsforderung abgewehrt oder deutlich eingegrenzt werden.

Familienrecht: Falsch im eigenen Studienfach – Rechtzeitig die Reißleine ziehen

Vor kurzem war im Spiegel Online ein interessanter Artikel:
„Falsch im eigenen Studienfach“ Artikel über Studenten, die festgestellt haben, dass ihnen ihr Studium nicht liegt. Am Anfang sah alles so gut aus: Die neue Stadt war toll, die Partys waren laut und die Vorlesungen spannend. Aber nach ein paar Monaten kehrt der Uni-Alltag ein, und die Euphorie ist plötzlich verflogen, weil das Studium ganz anders ist als erwartet. Wer den Studienstart so erlebt, sollte der Uni nicht gleich den Rücken kehren.

Studienberater empfehlen aber, die Entscheidung über einen Fachwechsel nicht auf die lange Bank zu schieben. Dieser Schritt muss gut überlegt sein – auch weil er Probleme mit dem Bafög-Amt mit sich bringen kann.

Nun sind wir keine Studienberater. Aber auch aus Sicht des Familienrechtlers gilt, dass man bei einem Wechsel der Berufsausbildung sich einmal in Ruhe Gedanken machen sollte. Selbst wenn der BGH dem Unterhaltsberechtigten hier eine Orientierungsphase mit gescheiterten Ausbildungsversuchen durchaus zugesteht.

Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Kindes
Verletzt das unterhaltsberechtigte Kind nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es u.U. seinen Unterhaltsanspruch ein und muß sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.

(st. Rspr. des BGH, vgl. Urteile vom 23. Mai 1984 – IVb ZR 39/ 83FamRZ 1984, 777; vom 11. Februar 1987 – BGH, 11.02.1987 – IVb ZR 23/86.)

Jedoch ist jedem jungen Menschen grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Unter diesem Gesichtspunkt hat der BGH in seinem „Ausbildungsunterhalt — Wechsel der Ausbildung — Heilpraktiker-Ausbildung — Aufnahme des Medizinstudiums“ Urteil vom 14. 3. 2001 – XII ZR 81/ 99
entschieden, dass u.U. selbst eine Orientierungsphase von einem Jahr bis zur erstmaligen Aufnahme einer Ausbildung sowie ein anschließender Abbruch des ersten Versuches unterhaltsrechtlich noch nicht schädlich ist.

Fazit
Da es trotzdem richtig bleibt, dass ein Ausbildungswechsel um so eher zu akzeptieren sein wird, je früher er stattfindet, kann jedem zweifelnden Auszubildenden oder Studenten, der Unterhalt bezieht nur dringend geraten werden, sich so früh wie möglich über die Fortsetzung der Ausbildung Gedanken zu machen. Und einen etwa anstehenden Wechsel ggf. mit dem Unterhaltsverpflichteten zu besprechen, damit dieser sich darauf einrichten kann.

Familienrecht: Nachehelicher Ehegattenunterhalt – Ehe als Schaden

Früher,  dass heißt vor dem 01.01.2008, hörte man häufig zum Thema Unterhalt das Schlagwort: Einmal Arztfrau, immer Arztfrau.

Damit war gemeint, dass sich der Unterhaltsbedarf nach der Scheidung weiter an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte. Nach unserer Einschätzung muss im Rahmen des nachehelichen Unterhalts das Schlagwort heute eher lauten – Unterhaltsanspruch als Schadensersatz = die Ehe als Schaden – Wie kommen wir zu dieser Einschätzung? Der Gesetzgeber hat in § 1569 BGB den Grundsatz der Eigenverantwortung festgeschrieben. Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.

In diesem Lichte sind die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen auszulegen. Und hierzu haben wir bereits Urteile erstritten und sind bundesweit Urteile ergangen, die hohe Anforderungen an den Unterhalt fordernden Ehegatten nach der Scheidung stellen.

Nach Erwerbsobliegenheit § 1574 BGB

obliegt es dem Unterhalt fordernden Ehegatten, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Er muss versuchen in seinen alten Job zurückzukehren oder einen neuen aufzunehmen.

Tut er dies nicht wird ihm im Rahmen der Prüfung seines Bedarfs ggf. fiktives Einkommen zugerechnet. Unserer Einschätzung nach gegen die Gerichte seit der Neuregelung des Unterhaltsrechtes im Jahr 2008 dazu über, die gesetzliche Regelung des

Maß des Unterhalts §1578 BGB

wonach sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt, dahingehend auszulegen, dass dem Unterhaltsberechtigten diejenigen Nachteile zu erstatten sind, die er durch die Ehe im Rahmen seines später selbst erzielten Einkommens erleidet.

Wer z.B. aufgrund von Kinderbetreuung o.ä. darauf verzichtet Karriere zu machen oder nach eine Job-Pause nur zu niedrigerem Einstiegsgehalt wieder arbeiten kann, hat weiterhin einen Unterhaltsanspruch. Der Lebenstil, wie er vor der Hochzeit bestand soll auch nach der Scheidung wieder erreicht werden.

Diesen Gedanken des Nachteilsausgleiches kennen wir sonst nur aus dem Schadensersatzrecht. Dort sollen die Geschädigten so gestellt werden, wie sie stünden, wenn das schädigende Ereignis niemals eingetreten wäre. Sie sollen keine Vorteile erhalten, aber auch keine Nachteile erleiden müssen.

Und so stehen letztlich auch die geschiedenen Ehegatten unterhaltsrechtlich nach der Scheidung so dar, als wären sie niemals verheiratet gewesen. Falls die Ehe jedoch für einen Ehegatten mit Einkommensnachteilen verbunden ist, hat der andere Ehegatte diese ggf. im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit auszugleichen.

Familienrecht: Umgang gegen Willen des Berechtigten

Nicht jedesmal, wenn Eltern sich trennen, muss der Umgang mit den Kindern vor Gericht geklärt werden. In vielen Fällen schaffen die Eltern dies auch gut allein. Manchmal gelingt das aber eben nicht. Weil der Trennung verschiedenste Verletzungen vorausgegangen sind, die es den Eltern im nachhinein schwer machen, miteinander einen entspannten Umgang zu pflegen. Dann kommen wir Anwälte ins Spiel. Um zusammen mit dem Familiengericht eine Lösung zu moderieren oder nötigenfalls auch zu erzwingen, die die Eltern nicht mehr alleine zum Wohle des Kindes aushandeln konnten. Der Normalfall ist dabei, dass der betreunde Elternteil den Umgang zwischen Kind und umgangsberechtigten Elternteil irgendwie erschwert oder verhindert. Durch eine gerichtliche Umgangsregelung, die nötigenfalls auch zwangsweise durchgesetzt wird, kann man dieses Problem in den Griff kriegen. Doch was ist, wenn der eigentlich umgangsberichtigte Elternteil den Umgang mit dem Kind gar nicht will?

Gesetzliche Regelung
Die entsprechende Regelung in § 1684 BGB ist eigentlich von sprachlich nicht zu überbietender Eindeutigkeit: Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

Daraus folgt dem Grunde nach, dass nicht nur der betreuende Elternteil zur Gewährung des Umgangs verpflichtet werden kann. Sondern auch der nicht betreuende, nur umgangsberechtigte Elternteil dem Kind gegenüber zur Gewährung von Umgang verpflichtet ist.

Familienrecht – Entscheidungsbefugnis über Schulbesuch

Die Entscheidung über den Schulbesuch eines Kindes ist Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Können sich Eltern darüber nicht einigen, entscheidet das zuständige Familiengericht durch Übertragung der Entscheidungsbefugnis in diesem Punkt auf ein Elternteil. Dabei entspricht es grundsätzlich dem Kindeswohl, die Entscheidungs- kompetenz demjenigen Elternteil zu übertragen, bei dem das Kind seinen dauernden Aufenthalt hat.

Oberlandesgericht Schleswig vom 07.12.2010, Az: 10 UF 186/10

Familienrecht – Ein Hund ist kein Kind

Ein Hund ist kein Kind, sondern Hausrat. So entschied jedenfalls das Oberlandesgericht Hamm am 19.11.2010 zum Aktenzeichen 10 WF 240/10. Daher gibt es auch keinen Anspruch auf Umgang eines geschiedenen Ehegatten mit dem Hund.

Familienrecht / Erbrecht – Sterbehilfe

Generalvollmacht, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung gehören zu den üblichen drei „Vollmachten“ von Todes wegen, die jeder an nahe Angehörige erteilen sollte.

Das ist für alle, gleich welchen Alters, empfehlenswert – das Schicksal ist altersunabhängig! In diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.06.2010 zur Sterbehilfe so bahnbrechend, dass sie jeder kennen sollte:

Eine Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung (Behandlungsabbruch) ist gerechtfertigt, also nicht strafbar, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht.

Entsprechend machen sich in einem solchen Fall auch Ärzte und ggf. Heimpersonal für ihre Mitwirkung nicht strafbar.

Obwohl der Bundesgerichtshof selbst den mündlich geäußerten Willen des Patienten für ausreichend erklärt, empfiehlt sich die schriftliche Niederlegung einer Patientenverfügung.

Diese Vollmacht, wie auch die Vorsorge- und Generalvollmacht, sollten natürlich auf den Einzelfall zugeschnitten werden. Auf jeden Fall sollte in diesem Zusammenhang auch an eine Ersatzbevollmächtigung gedacht werden, falls der Bevollmächtigte ausfällt!

Familienrecht / Erbrecht – Gemeinschaftliches Testament – Wechselbezüglichkeit

Was bedeutet Wechselbezüglichkeit im gemeinschaftlichen Ehegattentestament?

Wenn in einem Ehegattentestament die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt werden, hat das die schwerwiegende Folge, dass die Verfügungen jedes der Ehegatten von denen des anderen abhängig sind (=Wechselbezüglichkeit).

Und diese Wechselbezüglichkeit bewirkt, dass das Testament zu Lebzeiten beider Ehegatten nur schwer, nach dem Tode des Erstversterbenden gar nicht mehr widerrufen werden kann.

Achtung! Bei dieser Form des Testaments kommt es darüber hinaus nach dem Erstversterbenden zwangsläufig zur Enterbung der Kinder und dem daraus resultierenden Problem der Bedienung von Pflichtteilsansprüchen.

Durch andere Gestaltungen kann diese Hürde jedoch genommen werden. (OLG München, Beschluss vom 13.09.2010, Aktenzeichen: 31 Wx 119/10) (Abgedruckt in NJW RR 2011, S. 227 ff.)