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Sterbegeldversicherung: Auszahlung gehört zum Erbe

Ich habe kürzlich eine interessante Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.07.2024 (Az. II R 31/21) gelesen, die sich mit der steuerlichen Behandlung von Bestattungskosten und Sterbegeldversicherungen befasst. Dieser Fall wirft wichtige Fragen zum Thema Nachlass und dessen steuerliche Bewertung auf.

Aktivnachlass und abzugsfähige Schulden

Der Aktivnachlass umfasst alle Vermögenswerte, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hinterlässt. Dazu gehören:

  • Bargeld und Bankguthaben
  • Immobilien
  • Wertpapiere und Aktien
  • Schmuck und Kunstgegenstände
  • Versicherungsleistungen, wie im vorliegenden Fall die Sterbegeldversicherung

Als Schulden können vom Nachlass abgezogen werden:

  • Bestattungskosten
  • Regelungskosten des Nachlasses
  • Verbindlichkeiten des Erblassers

Steuerrecht vs. Pflichtteilsansprüche

Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der steuerrechtlichen Behandlung des Nachlasses und der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen:

Steuerrechtliche Perspektive

Im Steuerrecht werden Bestattungskosten nach dem BFH-Urteil nun in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt. Dies geht über die bisherige Pauschale von 10.300 Euro hinaus. Versicherungsleistungen aus Sterbegeldversicherungen erhöhen jedoch den steuerpflichtigen Nachlass.

Pflichtteilsansprüche

Bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen werden Bestattungskosten ebenfalls als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt. Allerdings kann hier die Bewertung im Einzelfall anders ausfallen als im Steuerrecht.

Fazit

Die korrekte Ermittlung des Nachlasswertes ist sowohl für die Erbschaftsteuer als auch für Pflichtteilsansprüche von großer Bedeutung. Während ich Ihnen gerne bei Fragen zu Erb- und Pflichtteilsansprüchen zur Seite stehe, empfehle ich für eine detaillierte steuerrechtliche Beratung die Expertise der Kanzlei HUP (https://www.hup-stb.de/wir-stellen-uns-vor/kanzlei). Eine ganzheitliche Betrachtung unter Berücksichtigung beider Aspekte ist oft der Schlüssel zu einer optimalen Nachlassregelung.

Kai Breuning

Kai Breuning – Fachanwalt für Familienrecht in Bergedorf. Wir haben das Prinzip der Spezialisierung auf die jeweiligen Kernkompetenzen konsequent unserer Arbeit zugrunde gelegt. Und streben nun auch in den jeweils bearbeiteten Rechtsgebieten den Erwerb der entsprechenden Fachanwaltschaften an. Den ersten Fachanwaltstitel (Fachanwalt für Familienrecht) hat Rechtsanwalt Kai Breuning nun Anfang Februar bei der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer beantragt. Und offensichtlich waren die eingereichten Unterlagen für die Rechtsanwaltskammer überzeugend. Denn bereits am 29.02.2012 wurde der Titel durch die Kammer verliehen. Inhaltlich wird der Titel durch die in § 12 der Fachanwaltsordnung (FAO) genannten Rechtsgebiete, bezüglich derer der den Fachanwaltstitel führende Rechtsanwalt besondere Kenntnisse nachweisen muss, definiert. Es sind dies *das materielle Ehe-, Familien- und Kindschaftsrecht unter Einschluss familienrechtlicher Bezüge zum Erb-, Gesellschafts-, Sozial- und Steuerrecht und zum öffentlichen Recht, der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und der Lebenspartnerschaft (§ 12 Nr. 1 FAO) *das familienrechtliche Verfahrens- und Kostenrecht (§ 12 Nr. 2 FAO) *das internationale Privatrecht im Familienrecht (§ 12 Nr. 3 FAO) *die Theorie und Praxis familienrechtlicher Mandatsbearbeitung und Vertragsgestaltung (§ 12 Nr. 4 FAO) Weiter erforderlich ist zum Erwerb des Titels eines Fachanwalts für Familienrecht, wie bei allen Fachanwaltstiteln: *der Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen. Hier fordert § 5 Satz 1 lit. e FAO den Nachweis von: *in den letzten drei Jahren 120 durch den Bewerber bearbeiteten Fällen, von denen mindestens die Hälfte gerichtliche Verfahren sein müssen.

Schmerzensgeld Diskriminierung

Du kommst Hier nicht rein!

Schmerzensgeld Diskriminierung – Die Kultfigur des Türstehers Haken von Kaya Yanar ist im Fernsehen unerreicht komisch. Doch wie fast jeder gute Witz basiert auch dieser auf tatsächlichen Umständen. Und diese sind für die Betroffenen weniger lustig. Das Amtsgericht Bremen hat mit Urteil vom 20.01.2011, 25 C 0278/10, über einen entsprechenden Fall zu entscheiden gehabt. Dort wollte eine aus mehreren Personen bestehende Gruppe gemeinsam in einen Club eintreten. Der Türsteher ließ alle hinein. Alle? Nein! Eine Person wurde nicht eingelassen. Du kommst hier nicht rein! Dieser einzige nicht Eingelassene war der einzige aus der Gruppe mit dunkler Hautfarbe. Ein Schelm wer Böses dabei denkt… Der nicht Eingelassene verlangte für die Diskriminierung Schmerzensgeld. Seit der Einführung des § 19 A GG gibt es hierfür sogar eine gesetzliche Grundlage: „Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechtes, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die

1.) typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zu Stande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zu Stande kommen oder

2.) eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist unzulässig.“ Vor diesem Hintergrund hat das Amtsgericht Bremen in der Entscheidung dem Abgewiesenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 300 € zugesprochen. Wenn das nächste Mal Hakan oder ein anderer Türsteher wieder ungerechtfertigt jemanden abweist wird man ihm zwar nicht das Urteil unter die Nase halten können. Aber sollte Ihnen Vergleichbares geschehen empfiehlt es sich, insoweit Ihre Rechte auch nötigenfalls vor Gericht geltend zu machen. So kann möglicherweise dazu bei beigetragen werden, dass die Club-Betreiber sensibilisiert werden und ihr Verhalten ändern.

Transparente Staatsausgaben per Mausklick

Wenn wir in Not geratene Unternehmen bei deren Sanierung begleiten oder wenn meine Partnerin, Frau Winkler, für unsere Mandanten mal wieder eine Insolvenz zur Erlangung der Restschuldbefreiung vorbereitet kommt oft die Frage auf: Wo ist das ganze Geld nur hin gegangen? Sofern Sie oder Herr Schäuble dies auch in Bezug auf Ihre Steuergelder fragen gibt es eine Antwort.

In der FTD war ein Artikel zu lesen: Wer wissen will, wofür die Regierung die Steuergelder ausgibt, muss sich durch ein Bürokratiemonster arbeiten: den Bundeshaushaltsplan. Ein neues Webportal zeigt, dass es auch einfacher geht. Sogar das Bundesfinanzministerium ist angetan.

Ich habe mir die Seite https://offenerhaushalt.de/haushalt/bund  daraufhin auch einmal angesehen. Und ich bin auch angetan. Man kann in die einzelnen Haushaltspositionen klicken und sehen, wie sie sich zusammen setzen. Der Teil mit den Schulden tut dann einfach nur weh wenn man drauf klickt.

Dieser intuitive Ansatz erinnert mich an das reporta System. Jenes ist für Unternehmen bzw. Unternehmer und erlaubt das Klicken durch die BWA bis hin zum Einzelbeleg. In beiden Fällen halte ich den Ansatz, über eine intuitiv erfassbare, optisch gut aufbereitete technische Lösung komplexe Zahlen verständlich aufzubereiten einfach für brillant. Hoffentlich wird das für den Bundeshalt nun fortgeführt.

Ich will mein [Irgendetwas] wieder haben – Rechtsanwälte in Hamburg Bergedorf

Eine in der praktischen Arbeit eines Rechtsanwaltes häufige Fragestellung ist, dass eine Person einen Gegenstand hat und eine andere Person eben diesen Gegenstand haben möchte. Weil die Sache „das Irgendetwas“ nur geliehen war oder aus sonstigen Gründen in den Besitz des anderen gekommen ist. Das klingt nach einer einfachen Aufgabe. Erweist sich aus mehreren Gründen in der praktischen Umsetzung jedoch aus unerwartet schwierig.

Genaue Bezeichnung bzw. Beschreibung

Zunächst einmal muss man, falls der Besitzer der Sache diese nicht freiwillig rausgibt – was in Fällen, in denen ein Anwalt eingeschaltet wird eigentlich immer so ist – auf Herausgabe klagen. Und, falls dann immer noch nicht herausgegeben wird, nötigenfalls einen Gerichtsvollzieher losschicken, damit er zusammen mit dem Urteil die Sache „das Irgendetwas“ dem Besitzer wegnimmt. Hieraus, aus der Einschaltung des Gerichtes und der möglichen Einschaltung des Gerichtsvollziehers, folgt ein Problem, dass bereits im Gesetz angelegt angelegt ist: Der „Bestimmtheitsgrundsatz im Sachenrecht des BGB“ sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz Dies ist die Sprache, die Juristen für deutsch halten. Doch was ist damit gemeint? Damit ist gemeint, dass eine konkrete Sache immer so genau bezeichnet sein muss, dass jeder Dritte diese Sache auch erkennen und zuordnen kann.

Beispiel

Sie kaufen bei Aldi zwei Digitalkameras. Eine für sich und eine für einen Freund. Nun vergessen Sie Ihre Kamera bei Ihrem Freund. Beide Kameras liegen auf dem Tisch. Welche von beiden ist jetzt Ihre? Welche dürfen Sie mitnehmen?

Bei vielen technischen Geräten kann man sich über eine Serien-Nummer o.ä. helfen. Ein Problem haben Sie jedoch, wenn Sie die Seriennummer nicht kennen. Denn mal ehrlich: Wer schreibt sich die Nummer überhaupt auf? Auf dem Kassenbon von Aldi, Lidl oder Saturn bzw. Media-Markt stehen die individuellen Seriennummer nicht mit drauf. Und die Geräte sehen alle gleich aus. Wohl dem, dessen Gerät einen individuellen Kratzer hat. Mit dem man das Gerät eindeutig bezeichnen kann. Nun könnten Sie einwenden: Na und? Mein Freund hat doch nur genau ein „irgendetwas“. Da ist eine Verwechselung doch ausgeschlossen. Doch leider reicht das nicht. Denn der Gerichtsvollzieher kann das nicht wissen. Abstrakt könnte dieses Objekt auch jemandem anderem gehören. Wenn der Gerichtsvollzieher dies nicht beurteilen kann, dann darf er das „Irgendetwas“ nicht mitnehmen. Und noch schlimmer: Wenn der Klagantrag zu einem Urteil führen würde, dass den Gerichtsvollzieher vor dieses Problem stellt, dann ist der Klagantrag schon unzulässig. Das bedeutet, dass die Klage in diesem Fall kostenpflichtig abgewiesen wird. Daher hat eine Herausgabeklage von vorneherein keinen Sinn, wenn man das „Irgendetwas“ nicht individuell beschreiben und bezeichnen kann.

Beweis vor Gericht

Vor Gericht muss jeder immer alles beweisen, was für ihn günstig ist. Gelingt der Beweis nicht, dann wird man mit der entsprechenden Einwendung vom Gericht nicht gehört. In einer Herausgabesache muss derjenige, der die Sache herausbekommen möchte daher beweisen, dass er ein Recht zum Besitz hat. Der typische Fall hierbei ist das Eigentum. Der Eigentümer ist im Normalfall aus seinem Eigentum zum Besitz berechtigt. Das gilt nur dann nicht, wenn das Eigentum verliehen, vermietet, verpachtet oder ähnliches wurde. Wie beweist man nun das Eigentum? Häufig kann man über die Einkaufsquittung oder Zeugenaussagen beweisen, dass man das „Irgendetwas“ irgendwann einmal gekauft oder geschenkt bekommen hat. Dummerweise beweist dies zunächst nur, dass man irgendwann einmal Eigentümer „war“. Es beweist leider nicht, dass man noch immer Eigentümer „ist“ und deshalb Herausgabe verlangen kann.

Eigentumsvermutung aus dem Besitz

Denn der Besitzer braucht nur einzuwenden: Das hat er mir geschenkt / verkauft / übereignet. und kommt schon in den Vorteil einer gesetzlichen Vermutung. Nach § 1006 BGB gilt derjenige, der im „Besitz“ Besitz einer Sache ist bis zum Beweis des Gegenteils als Eigentümer. Daraus folgt, dass derjenige, der die Sache heraus bekommen möchte nicht nur diese hinreichend eindeutig bezeichnen muss und beweisen muss, dass er einmal Eigentümer war, sondern auch zusätzlich noch beweisen muss, dass das Eigentum nicht auf den derzeitigen Besitzer übergegangen ist. Aus diesem Grund ist die Durchsetzung von Herausgabeansprüchen überraschend schwierig. Da ein verlorener Prozess mit weiteren – teils erheblichen – Kosten verbunden ist kann daher nur angeraten werden, sich möglichst frühzeitig fachkundiger Hilfe durch einen Rechtsanwalt zu bedienen.

Learning by burning – Rechtsanwälte in Hamburg Bergedorf

Frau Winkler hat bereits „Die Drohung mit dem Schufa-Eintrag“ kürzlich darüber berichtet, dass die Vertreter der Gegenseite wiederholt die Meldung an die „SCHUFA“ SCHUFA ankündigten, um unseren Mandanten zu einer Zahlung zu bewegen.

SCHUFA – Wir schaffen vertrauen

Zwischenzeitlich hat der Rechtsanwalt, der bisher Talkline vertreten hat uns mitgeteilt, dass er unseren Gegner nicht mehr vertritt. Nun dachten wir, dass damit der Spuk sein Ende haben würde. Doch ich hätte diesen Post niemals geschrieben, wenn es tatsächlich so gewesen wäre. Stattdessen meldete sich eine Inkasso-Firma für Talkline und teilte mit, dass sie davon ausgehen, dass die Forderung inhaltlich ja nicht bestritten wird wir unseren Mandanten nicht weiter vertreten, falls wir uns nicht unverzüglich bei ihnen melden sie in dem Fall direkt mit unseren Mandanten Kontakt aufnehmen werden und – last but not least – die Meldung an die SCHUFA erfolgen würde, falls jetzt nicht endlich gezahlt würde. Und spätestens an diesem Punkt kam uns ein unvergleichliches Lied von Stoppok in den Sinn. Also haben wir uns entschlossen, dem Punk nun ein für allemal ein Ende zu bereiten. Und haben gegen die Inkasso-Firma Strafanzeige wegen Nötigung nach § 240 StGB erstattet. „Learning by burning “ Learning by burning

Prozesskosten, Einkommen und Anwaltsgebühren

Gerade hatte ich ein interessantes Telefonat. Ein potentieller Mandant schildert mir sein Problem und bittet dringend um Hilfe. Ich sage ihm einen zeitnahen Termin zu. Und will ihn vor Ort aufsuchen, weil er gerade dort nicht weg kann.

Er fragt mich, was ihn dies kosten würde. In der durch den Sachverhalt und langjährige Erfahrung geweckten Erwartung, dass er wohl „Prozesskostenhilfe“ in Anspruch nehmen kann frage ich ihn – um dies zu sich abzuklären – nach seinem ungefähren Nettoeinkommen. Und erlebe eine Überraschung!

Darüber möchte ich mit Ihnen nicht reden!

Das war dann mal eine hinreichend eindeutige Aussage. Also erklärte ich ihm noch einmal, warum ich die Frage stelle (Bedürftigkeitsprüfung wegen Prozesskostenhilfe), was ich ohne Prozesskostenhilfe verlangen würde, dass ich in dem Fall einen Vorschuss auf meine Gebühren erwarte.

Möchten Sie sich nun mit mir über die Prozesskostenhilfe unterhalten oder lieber einen Vorschuss leisten? Die Antwort „Nein“, die gleichzeitig für beide Varianten gelten sollte, ließ bei mir nur den Schluss zu, dass dieser konkrete Mandant nicht wirklich willens war, seinen Rechtsanwalt für dessen Tätigkeit auch zu bezahlen.

Was ist Ihnen die Hilfe denn wert? Ich sympathisiere im Ansatz durchaus mit dem von der Anwaltskanzlei CMS vorgeschlagenen Modell, dass der Kunde einfach dem Anwalt  zahlen soll, was er, der Mandant, meint, dass ihm die Arbeit des Anwaltes wert ist.

No questions asked! = Der Betrag wird nicht hinterfragt.

Ein Kollege der Anwaltliste wies auf dieses Konzept und damit gemachte gute Erfahrungen sowie positive Kommentare (vgl. hier und hier) hin. Doch bei allem Wohlwollen für neues: Wenn der Kunde erkennbar, ja erklärtermaßen keine Lust hat, mich zu bezahlen, dann habe ich keine Lust arbeiten. In diesem Fall habe ich daher von der Übernahme des Mandates Abstand genommen.

Die Furcht ist der Gegner. Der einzige Gegner!

Wer kennt das nicht. Eine wichtige Prüfung oder ein sonstiger Termin steht an und man rechnet mit dem eigenen Scheitern. Lampenfieber stellt sich ein und man möchte am liebsten weglaufen. Das dies keine Lösung ist weiß eigentlich jeder. Doch das es nicht einmal eine Entschuldigung ist, musste sich unlängst ein Jura-Student vom Gericht erklären lassen.

Für Jurastudenten ist es der ultimative Alptraum: das Scheitern am Staatsexamen. Denn dann sind Jahre harten Studierens, Paragraphenreitens und ausdauernder Schönfelder-Lektüre völlig für die Katz. Wer das Staatsexamen im ersten und im zweiten Versuch nicht packt, wird nie Anwalt oder Richter werden.

Und die Durchfallquote bei den Juristen ist höher als in jedem anderen Studiengang. In einem vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz entschiedenen Fall war der Kläger zweimal am juristischen Staatsexamen gescheitert. Daraufhin wollte der Student nun auf einen dritten Versuch klagen, weil ihn das Justizprüfungsamt nicht zu einer zweiten Wiederholungsprüfung zulassen wollte.

Der Kläger führte an, er sei wegen seiner Prüfungsängste ein besonderer Härtefall, und die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen für eine zweite Wiederholungsprüfung seien zu streng. Das sah das OVG in seinem Beschluss (Aktenzeichen 10 D 10529/10.OVG) jedoch anders.

Prüfungsängste seien grundsätzlich kein Härtefall. Außerdem verbiete es das Grundrecht der Berufsfreiheit dem Gesetzgeber nicht, die Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsprüfung auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken. Diese Entscheidung mag hart anmuten. Für den betroffenen Studenten ist sie auf jeden Fall bitter. Doch sie ist unter zwei Gesichtspunkten zu begrüßen.

Wir alle treffen Entscheidungen und leben mit den Konsequenzen. Das gilt insbesondere auch bei der Wahl unseres Berufes. Und falls diese Wahl nicht zu uns passt(e), müssen wir selbst uns darum kümmern eine Lösung zu finden statt die Verantwortung hierfür auf jemand anderen zu übertragen.

Das gilt meiner festen Überzeugung nach insbesondere auch für den Beruf des Anwaltes. Man stelle sich vor, dieser Student wäre einmal Anwalt geworden. Wie hätte er für seine Mandanten den etwaigen Stress, fristgebundene Schriftsätze in der notwendigen Güte zu fertigen und vor Gericht mit Nachdruck und ohne Furcht die Sache des Mandanten zu vertreten aushalten wollen, wenn er dies bereits im Rahmen seiner Prüfung nicht konnte?

Meine Kollegin vertritt aktuell einen Mandanten gegen seinen vorherigen Anwalt. Dieser hatte die Bearbeitung eingestellt, weil er aufgrund eigener Depressionen sich nicht motivieren konnte.

Hierdurch ist dem Mandanten ein erheblicher Schaden entstanden, weil er einen Prozess verloren hat den er sonst wohl gewonnen hätte. Natürlich ist mir bewusst, dass es einen Unterschied zwischen Prüfungsangst und einer echten Depression gibt.

Doch für den Mandanten ist es letztlich egal, ob der Anwalt unter Aufschieberitis, Angst oder einer echten Krankheit leidet. Wenn der Anwalt nicht die Interessen des Mandanten wahrnimmt, dann hat er seine Berufung und seinen Beruf verfehlt.

Beratungshilfe und der Wert rechtlicher Beratung

Bereits vor einiger Zeit haben wir uns Gedanken zum Thema Anwälte im Supermarkt“ gemacht. Gerade gestern habe ich mal wieder ein Gespräch über die Frage geführt, ob der Anwalt nicht eine kurze Frage mal eben kostenlos beantworten sollte. Als Service für gute Kunden wird dies für die Mehrzahl der Anwälte ohnehin selbstverständlich sein. Und im Rahmen der Anbahnung einer Mandatsbeziehung ist dies bis zu einer gewissen Grenze auch durchaus üblich. Die Frage ist jedoch, wo diese Grenze liegen kann und sollte.

Unabhängig von der Tatsache, dass Rechtsanwälte selbstverständlich lieber mehr als weniger Geld verdienen ist es aber durchaus nachvollziehbar, dass alle diejenigen, die die Kosten für die anwältliche Tätigkeit tragen müssen, diese immer für zu hoch halten und senken wollen. Mit dem Mandanten muss man über die Kosten sprechen. Und im außergerichtlichen Bereich ggf. auch verhandeln. Manchmal wird man dabei als Anwalt ggf. auch ein Mandat ablehnen müssen. Weil sich ein Vorgang mit einem Streitwert von EUR 50 nunmal nicht für EUR 10 bearbeiten lässt. Genauso wenig, wie es sich umgekehrt für den Mandanten lohnen würde, EUR 50 an den Anwalt zu zahlen um EUR 40 nicht an den Gegner zahlen zu müssen. Trotzdem übernehmen wir auch Prozessmandate auf der Basis von Prozesskostenhilfe. Und vertreten die Bürger aus den Randgemeinden ggf. auf der Basis von Beratungshilfe. Für die Bürger der Stadt Hamburg bleibt insoweit „nur“ der Hinweis auf die Möglichkeit der Öffentlichen Rechtsauskunft  (ÖRA). Wenn ich aber nun lese, dass es eine Gesetzgebungsinitiative gibt, für den Bürger die Möglichkeiten der Beratungshilfe einzuschränken, weil die Kosten für den Staat zu hoch seien, dann sträuben sich mir die Haare. Derjenige, der es nicht schaffte, die BGB-InfoV gesetzeskonform zu den Informationspflichten aus dem BGB zu gestalten, so dass sie durch die Rechtsprechung aufgehoben wurde und nun – zur Vermeidung weiterer Blamagen – in Gesetzesrang gehoben hat, bemängelt, dass die Kosten für die Beratungshilfe steigen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen schlecht sind. Vielleicht könnte es aber – neben der Tatsache, dass immer mehr Menschen wirtschaftlich in den Anwendungsbereich der Beratungshilfe gekommen sind – auch daran liegen, dass Gesetz und Rechtsprechung so kompliziert geworden sind, dass man als Bürger sein Recht nicht mehr ohne einen Rechtsanwalt geltend machen kann oder davon zumindest ausgehen muss. Die Gebühren in Beratungshilfesachen sind für den betreuenden Anwalt niemals auskömmlich. Sie auch noch zu senken ist gesellschaftlich fahrlässig. Oder eine Form mutwilliger Rechtsverweigerung für die jeweiligen Bürger. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Gesetz – welches Anwälte aus Hamburg wegen der ÖRA wenig bis gar nicht betreffen wird – tatsächlich umgesetzt wird.

Anwälte im Supermarkt – Kanzlei am Mohnhof


Danni Lowinski – Hast n´ Euro haste Recht

Sie gibt so schnell nicht auf und kämpft für das Recht der kleinen Leute: Danni Lowinski, ehemalige Friseurin und frischgebackene Anwältin, empfängt ihre Mandanten an einem Tisch mitten in einer Einkaufspassage. Eine Minute Rechtsberatung kostet 1 Euro. Nicht nur deshalb ist Danni die ungewöhnlichste Rechtsanwältin Kölns – mindestens! Ohne die Serie selbst gesehen zu haben, dachte ich, dass dies eine Idee ist, die so nur einem Drehbuch-Autor einfallen kann. Doch wie ich der Tagespresse entnehmen konnte, schreibt das Leben offenbar die besten Geschichten.

In Großbritannien sollen Supermärkte und Banken Rechtsberatung anbieten dürfen. Viele Anwälte sind sauer. Die großen Kanzleien laufen sich dagegen schon warm. Vor einigen Jahren hat in Deutschland die Kanzleikette „Juraxx Rechtsanwälte“ Jurax versucht, Rechtsberatung zu Kampfpreisen zu etablieren. Mit einer Erstberatung von EUR 20 versuchte die Kanzlei mit Dumpingpreisen in den Markt zu drängen. Und ist grandios gescheitert. Zum einen wurde durch die Stiftung Warentest berichtet, dass die Beratung inhaltlich fehlerhaft gewesen sei. Vor allem endete das Exeriment aber damit, dass die Anwaltskette Insolvenz anmelden musste.

Was ist ein guter Rat wert?

Dies ist – gerade bei kleinen Streitwerten – eine berechtigte Frage. Und eine Frage, die wir unseren Mandanten auch immer wieder stellen. Wenn der Mandant kommt um eine Forderung in Höhe von ~EUR 30 abzuwehren, dann macht es für ihn offenbar keinen Sinn, hierfür an den Anwalt ~EUR 40 zu zahlen. Die Fragestellung verschiebt sich ein wenig, wenn Dritte die Kosten zu tragen haben. Dabei denke ich insbesondere an die ÖRA, die Beratungshilfe oder eine Rechtschutzsversicherung. Doch ist die Frage damit ja nicht beantwortet. Sondern das Problem lediglich auf jemanden anderes verschoben. Sofern der Mandant die Kosten selbst zu tragen hat, muss und wird er sich die Fragen stellen (müssen), was ihm die Beantwortung seiner Frage bzw. die Lösung seines Problems wert ist. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass man lieber einen kleinen Betrag zahlt, statt einen Anwalt einzuschalten. Doch gerade wenn es darum geht, einen Rat einzuholen und zu bezahlen müssen wir feststellen, dass die Kosten die entstehen, weil man keinen Rat eingeholt hat deutlich höher sind, als man für den Rat hätte zahlen müssen.

Welchen Preis sollte oder muss ein Anwalt nehmen?

Das ist so abstrakt nicht zu sagen. Aber einige Dinge liegen auf der Hand: Der Anwalt hat nur ein einziges Gut, dass er verkaufen kann. Nämlich seine Arbeitszeit bzw. Information.n Der Anwalt kann die Arbeitszeit nur einmal verkaufen.Die Arbeitszeit des Anwaltes ist begrenzt. Im optimalen Fall sind es 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Doch es leuchtet ein, dass dieser optimale Fall nicht eintritt. Auch ein Anwalt aus Leidenschaft muss, schlafen, essen, hin und wieder Urlaub machen oder wird mal krank. Tatsächlich stehen daher weniger Zeitfenster zur Verfügung, die der Anwalt verkaufen kann. Neben der eigentlichen Arbeit für den Mandanten muss der Anwalt als Selbständiger (Unternehmer) auch Tätigkeiten ausführen, die nicht in Rechnung gestellt werden können. Dies können z.B. Büroorganisation oder Fortbildung sein. Aber auch Durchführung von Marketingmaßnahmen oder Besprechung mit potentiellen Mandanten, die nicht zu einer Auftragserteilung führen. Nicht zuletzt gibt es Zeiten, in denen keine abrechenbare Mandate vorliegen können.
Mit dem Honorar des Anwaltes wird nicht nur sein eigenes Einkommen nebst Krankenversicherung und Altersvorsorge bezahlt, sondern auch alle weiteren Kosten wie z.B. Büromiete, Löhne und Gehälter der Angestellten, Versicherungen, Kammerbeiträge, Forderungsausfälle unbezahlter Rechnungen, Bürobedarf etc. Wenn man dies weiter denkt kommt man zu „Honorar-Kalkulation für Dienstleistungen: realistische Stundensätze berechnen realistischen und wirtschaftlichen notwendigen Stundensätzen, die manchem Mandanten auf den ersten Blick überzogen erscheinen. Die jedoch zum Betrieb der Anwaltskanzlei bzw. für ein auskömmliches Einkommen des Anwaltes notwendig sind.

Gesetzliche Gebühren nach dem RVG

Immer mal wieder hört man als Anwalt den Einwand, dass Anwälte doch bei hohen Streitwerten so viel verdienen, dass die im Durchschnitt wieder passt bzw. man nur so kurz gearbeitet habe, dass die nach Streitwert in Rechnung gestellten Beträge völlig überzogen seien. Natürlich hört man beide Aussagen niemals gleichzeitig von demselben Mandanten! Aber dies zeigt des Dilemma doch ziemlich treffend auf. Wer von der Durchschnittsbetrachtung profitiert und niedrige, wirtschaftlich nicht auskömmliche Honorar zahlt, verweist auf die Durchschnittsbetrachtung. Und vermutet Raffgier, wenn der Anwalt darauf hinweist, dass das Mandant für ihn nicht wirtschaftlich ist. Wer hingegen aufgrund der Durchschnittsbetrachtung viel zahlen müsste versucht die Kosten unter Hinweis auf seinen konkreten Einzelfall zu drücken. Menschlich ist das durchaus verständlich.
Aber mit dem Wesen der Durchschnittsbetrachtung nun einmal nicht in Einklang zu bringen. Abgesehen davon geht die gesetzgeberische Wertung von dem Durchschnitt aller Mandate und aller Rechtsanwälte aus. Unterstellen wir einmal, dass auf diese Gruppen die Wertung sogar – durchschnittlich – richtig wäre. Dann funktioniert sie im Einzelfall trotzdem nicht. Kann sie gar nicht! Weil es mehr kleine Streitwerte als große Streitwerte gibt. Genauso wie es mehr Pfützen als Seen und mehr Seen als Meere gibt. Das ist einstatistisches Naturgesetz Nun verteilen sich aber die großen Streitwerte nicht statistisch gleichmäßig über alle Anwälte. Sondern werden bei manchen Großkanzleien o.ä. gebündelt. Hierdurch werden die wirtschaftlichen Folgen und die daraus resultierenden Möglichkeiten in der Gruppe der Anwaltschaft notwendigerweise gespreizt.

Chancengleichheit aller Rechtsuchenden

Ist nun ein Bürger mit Danni Lowinski gut beraten? Meiner Meinung nach nicht! Sie wird immer am Rande der wirtschaftlichen Existenz leben. Und keine Zeit haben, sich um das einzelne Mandat ausreichend zu kümmern. Vermutlich hat sie nicht einmal die notwendige Literatur und/oder Zugriff auf juristische Datenbanken. Damit ist es für den einzelnen Mandanten reine Glücksache, ob Danni Lowinski für ihn gewinnt oder verliert. Im Gegenzug dazu sind Großkanzleien und Konzerne trefflich ausgestattet. Und können daher mit viel größerer Wahrscheinlichkeit das für ihre Auftraggeber bzw. Arbeitgeber günstige Ergebnis erreichen. Im direkten Vergleich sind sie einer Anwältin vom Schlage der Danni Lowinski fast zwangsläufig überlegen. Auch wenn dies bei Sat1 aus dramaturgischen Gesichtspunkten sicherlich anders laufen wird.

Gesellschaftliche Konsequenze.

Sofern unter dem Schlagwort der Liberalisierung oder vor dem Eindruck des Einkommens mancher Anwaltskanzleien nun eine Änderung wie in Schottland angestrebt wird, so wird dies dazu führen, dass die Beratung für die breite Masse schlechter wird. Weil die Beratung im Interesse der Anteilseigner der Anwaltskanzleien geführt werden. Schnell beraten, schnell abrechnen, schnell zum nächsten Kunden. Oder – andere Ursache, selber Effekt – weil die kleinen Kanzleien derart an den Rand gedrückt werden, dass sie aus wirtschaftlicher Not keine hochwertige Arbeit mehr leisten können. Weil sie nicht vom Anteilseigner, sondern der Kostenlast getrieben werden. Kurzfristig erhält man günstige Beratung für die Verbraucher. Mittel bis langfristig schädigt das den gesamten Bereich der Juristerei. Und nimmt einem großen Teil der Bürger die Möglichkeit auf effektiven und richtigen Rechtsrat.

Rechtsanwälte: Folgen erfolgsabhängiger Honorare und Anwaltsvergütung

Immer mal wieder wird über Anwälte das Vorurteil verbreitet, die Honorare seien zu hoch. Vielfach hört man, es käme überhaupt nur deshalb in Deutschland so häufig zu Streit und Klagen vor Gericht, weil die Anwälte daran so gut verdienen. Doch ist das wirklich war?

Kostentragung durch den Auftraggeber

Wer einen Anwalt beauftragt muss ihn auch bezahlen. Eigentlich sollte dies selbstverständlich sein, doch beim Anwalt möchte manch einer dies gerne anders sehen.

Ich habe aber eine Rechtsschutzversicherung. Das muss doch der Gegner zahlen. Leider habe ich kein Geld. Warum eigentlich? Niemand käme auf die Idee, einen Klempner zu beauftragen, ohne ihn bezahlen zu wollen. Ob man einen Rechtsanwalt beauftragt sollte sich danach richten, ob man die Leistung des Anwaltes in Anspruch nehmen oder lieber mit den sonst eintretenden Folgen leben möchte.

Die Frage der Kostentragung durch Dritte liegt hier allein im Bereich des Mandanten. Auch wenn der Anwalt über die staatlichen Möglichkeiten durchaus beraten sollte. Und wir – in den Fällen in denen es dazu Anlass gibt – dies auch jeweils tun.

Erstattungspflicht des Gegners

Wenn der Gegner mit seiner Leistung in Verzug ist, dann hat er als Verzugsschaden gem. § 286 BGB ggf. auch die Kosten des Anwaltes zu tragen bzw. zu ersetzen. Sofern der Gegner das nicht freiwillig tut muss man den Schadensersatzanspruch ggf. selbst gerichtlich geltend machen. Sofern man sich „nur“ außergerichtlich gegen eine unberechtigte Forderung wehrt, möchte man die Kosten des eigenen Anwaltes verständlicherweise auch ersetzt bekommen.

Hier hat der BGH VI ZR 224/05 BGH (Urteil vom Urteil vom 12. 12. 2006 – VI ZR 224/ 05) jedoch erklärt, dass es hierfür keine gesetzliche Anspruchsgrundlage gibt. Nach Auffassung des BGH können die Kosten nur dann ersetzt verlangt werden, wenn bei Gericht eine negative Feststellungsklage anhängig gemacht und gewonnen wird. Weil dann der in Deutschland geltende gesetzliche Normalfall eintritt, dass der Verlierer eines Prozesses die Kosten zu tragen und verauslagte Kosten zu ersetzen hat.

Erfolgshonorare und ihre gesellschaftlichen Folgen

Zum Teil wird dies als ungerecht empfunden. Weil der Rechtsanwalt auch dann bezahlt werden muss, wenn der Prozess verloren geht bzw. wenn beim Gegner kein Ersatz zu erlangen ist. Unter gewissen Umständen ist bereits jetzt auch nach deutschem Recht ein Erfolgshonorar möglich. Aber unabhängig von den konkreten Voraussetzungen darf man sich durchaus die Frage stellen, ob dies gesellschaftlich bzw. für den Mandanten auch wünschenswert ist.

In den USA gibt es die Möglichkeit von Erfolgshonoraren keine Erstattungspflicht der Kosten des Gegners, wenn man einen Prozess verliert. Das bedeutet, dass man seinen eigenen Anwalt als Kläger nicht bezahlen möchte und häufig auch nicht muss. Daraus resultiert dann für den Anwalt geradezu zwingend die Motivation möglichst oft und mit möglichst hohen Streitwerten zu klagen. Weil er nur dann überhaupt Geld verdient. Wobei er – im Sinne einer Mischkalkulation – auch die Fälle mit abdecken muss, in denen er nichts bekommt.  Und zu guter Letzt drohen weder ihm noch seinem Mandanten Nachteile, weil beide dem Gegner die Kosten ja nicht ersetzen müssen. Das sieht vordergründig nach einem guten Geschäft aus. Auf der anderen Seite kann der Beklagte eben auch dann keine Kostenerstattung verlangen, wenn er – eine wohl möglich von vorne herein absolut aussichtlose – Sache abwehrt und gewinnt. Er muss trotzdem seinen eigenen Anwalt bezahlen. Die Regelung ähnelt dem deutschen Sonderfall des Kostentragungspflicht § 12a Arbeitsgerichtsgesetz in arbeitsgerichtlichen Verfahren in der ersten Instanz. Der Beklagte hat daher im Falle eines Prozesses wirtschaftlich in jedem Fall verloren. Es geht nur um die Frage, ob er verliert oder hoch verliert. Das führt zu einem nicht zu leugnenden Erpressungspotential! Dies ist nicht eine abstrakte Gefahr. Die konkreten Folgen lassen sich bereits heute in den USA feststellen. Das dortige Justizwesen beginnt zu einem echten Wettbewerbsnachteil der noch immer größten Volkswirtschaft der Welt zu werden. Immer mehr große ausländische Unternehmen sagen FTD Goodbye, Americ Goodbye, America.

Mit ihrer Kritik am Rechtssystem stehen die Deutschen nicht allein. Auch US-Unternehmen leiden unter der Klagewut profitgieriger Anwälte. 56 Prozent der US-Firmen beurteilen das System in einer aktuellen Umfrage der Handelskammer in Washington als „gerade noch ausreichend oder armselig“. Allein im Jahr 2008 summierten sich die Kosten für Zivilverfahren auf 254,7 Mrd. $. „Unser Rechtssystem ist damit 2,5-mal so teuer wie das anderer Industriestaaten“, sagt Quigley. „Das ist ein erheblicher Nachteil für die Unternehmen hier.“ Besonders Mittelständler können die Kosten für ein Verfahren teilweise gar nicht aufbringen. „Die Stundensätze für Anwälte sind in New York deutlich höher als in deutschen Metropolen“, sagt Loef. „Die Kanzleien, die für die großen Unternehmen arbeiten, nehmen Stundensätze über 1000 $.

Gerichtsverfahren: Gerichte und Technik

Immer mal wieder werde ich gefragt, warum Gerichtsverfahren so lange dauern. Zu einem großen Teil kann man dies allein anhand eines ganz normalen und letztlich in einem fairen Verfahren nicht zu ändernden Ablauf erklären. Aber es gibt doch immer mal wieder auch skurriles aus Gerichten, dass nur schwer erklärbar ist. So hat nun aktuell ein Richter am Amtsgericht erstritten, dass er keinen PC benutzen muss.

Vor drei Jahren ist ein Gesetz in Kraft getreten, nach dem Handelsregister von den Gerichten elektronisch geführt werden müssen. So sollte die Justiz schneller werden und beispielsweise Unternehmensgründern das Leben erleichtern. Doch diesem Richter müssen Servicekräfte sämtliche Akten ausdrucken, bevor er sie bearbeitet. Das Ausdrucken sei eine „typische Hilfstätigkeit“, die einem Richter nicht abverlangt werden könne, urteilten seine Kollegen bereits in zweiter Instanz – und zwar einstimmig.

In dem Beschluss (Az.: 1 DGH 2/08) heißt es:
„Die Zulässigkeit, der Richterschaft eine neue Technik zur Verfügung zu stellen, führt nicht dazu, dass der Richter auch ausnahmslos verpflichtet ist, diese Technik tatsächlich zur Anwendung zu bringen.“

Die Anregung der Spitzen von Amts-, Land- und Oberlandesgericht, selbst die Papierausdrucke anzufertigen, sei ein „Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit“. Damit verstoße sie gegen das Richterliche Unabhängigkeit Grundgesetz.

Diese Entscheidung überrascht. Ich hatte bislang immer gedacht, die Unabhängigkeit des Richters läge darin, wie er arbeitet. Nicht aber darin, ob er arbeitet. In Unterhaltsangelegenheit würde ein selbständiger Unterhaltsschuldner, der allein mit dieser Begründung („Unterlagen auszudrucken ist unter meiner Würde“) sich eine Sekretärin anstellt nicht gehört werden. Dort würde ihm dies mit Sicherheit zugemutet werden. Wie soll man diese Ungleichbehandlung und die daraus folgendem Konsequenzen  einem Bürger erklären?