Archiv für Kategorie: Familienrecht

Neue Rechtsprechung zum Begriff  „alleinerziehend“: Auswirkungen auf Unterhaltsvorschuss und Wechselmodell

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einem wegweisenden Urteil vom 12.12.2023 (Az. 5 C 9.22 und 5 C 10.22) eine klare Definition für den Begriff „alleinerziehend“ im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) festgelegt.

Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen und könnte auch Auswirkungen auf andere Bereiche des Familienrechts haben.

Die 60-Prozent-Regel für Alleinerziehende

Nach dem Urteil des BVerwG gilt ein Elternteil als alleinerziehend im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG, wenn er mehr als 60 Prozent der Kinderbetreuung übernimmt.

Diese quantitative Grenze schafft Rechtssicherheit in Fällen, in denen sich getrennt lebende Eltern die Betreuung teilen, aber ein Elternteil den überwiegenden Teil der Verantwortung trägt.

Auswirkungen auf den Unterhaltsvorschuss

Die Entscheidung des BVerwG bedeutet, dass Elternteile, die mehr als 60 Prozent der Betreuung leisten, Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben können, wenn der andere Elternteil seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommt.

Dies gilt unabhängig vom Einkommen des betreuenden Elternteils und kann eine erhebliche finanzielle Entlastung darstellen.

Mögliche Auswirkungen auf das Wechselmodell

Die vom BVerwG getroffene Entscheidung könnte auch Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung des Wechselmodells haben.

Während in der Vergangenheit ein Wechselmodell typischerweise nur bei einer paritätischen 50/50-Betreuung angenommen wurde, könnte sich die Rechtsprechung in Zukunft dahingehend entwickeln, dass auch eine 60/40-Betreuungsverteilung noch als Wechselmodell angesehen wird.

Diese potenzielle Entwicklung könnte bedeutsame Folgen für verschiedene Bereiche des Familienrechts haben, insbesondere:

  1. Auszahlung des Kindergeldes

  2. Berechnung des Unterhaltsbedarfs für den Kindesunterhalt

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in dieser Hinsicht weiterentwickeln wird.

Allerdings ist zu beachten, dass Wechselmodelle in der Praxis häufig nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Eltern in der Lage sind, sich miteinander zu verständigen und zu kooperieren.

Daher dürften gerichtliche Entscheidungen zur konkreten Ausgestaltung des Wechselmodells eher selten vorkommen.

Für Betroffene empfiehlt es sich, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung aufmerksam zu verfolgen und sich bei Fragen an einen Fachanwalt für Familienrecht zu wenden.

Kindergeld als Verrechnungsposition im Kindesunterhalt – nicht immer selbstverständlich

 

Als Fachanwalt für Familienrecht befasse ich mich in der Regel mit dem Kindergeld als Verrechnungsposition im Kindesunterhalt.

In den meisten Fällen wird das Kindergeld routinemäßig gezahlt und in die Unterhaltsberechnungen einbezogen.

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zeigt jedoch, dass die Kindergeldzahlung nicht immer selbstverständlich ist.

Der Fall: Kein Kindergeld trotz unbekannten Aufenthaltsorts der Mutter

Das BSG hat am 14.12.2023 (Az. B 10 KG 1/22 R) entschieden, dass ein Kind keinen Anspruch auf Kindergeld für sich selbst hat, wenn es regelmäßig telefonischen Kontakt zu einem Elternteil im Ausland hat.

Der Fall betraf einen jungen Mann aus Syrien, der 2015 nach Deutschland kam. Sein Vater war verstorben, seine Mutter lebte noch in Syrien. Er beantragte Kindergeld für sich selbst mit der Begründung, den Aufenthaltsort seiner Mutter nicht zu kennen. Allerdings gab er an, regelmäßig mit ihr zu telefonieren.

Das BSG lehnte den Kindergeldanspruch ab und argumentierte, dass der Sohn bei den Telefonaten die Möglichkeit gehabt hätte, sich nach dem aktuellen Aufenthaltsort seiner Mutter zu erkundigen. Für die Kenntnis des Aufenthaltsorts sei es ausreichend, wenn das Kind weiß, an welchem bestimmbaren Ort sich mindestens ein Elternteil aufhält. Eine feste Adresse oder ein „verstetiger“ Aufenthalt seien aufgrund moderner Kommunikationsmöglichkeiten nicht erforderlich.

Bedeutung für die familienrechtliche Praxis

Dieser Fall verdeutlicht, dass die Zahlung von Kindergeld nicht immer garantiert ist.

In der familienrechtlichen Praxis gehen wir oft davon aus, dass Kindergeld als feste Größe in Unterhaltsberechnungen einfließt.

Wie dieses Urteil zeigt, können jedoch besondere Umstände dazu führen, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht.

Als Fachanwalt für Familienrecht beschäftige ich mich zwar nicht primär mit den Details des Sozialrechts, aber solche Entscheidungen können durchaus Auswirkungen auf familienrechtliche Angelegenheiten haben.
Sie können beispielsweise die Berechnung des Kindesunterhalts beeinflussen, wenn plötzlich kein Kindergeld mehr zur Verfügung steht.

Empfehlung bei sozialrechtlichen Fragen

Sollten Sie mit ähnlichen Problemen konfrontiert sein, empfehle ich Ihnen, sich an einen Fachanwalt für Sozialrecht zu wenden. Ein Experte auf diesem Gebiet ist Herr Thiess, den Sie unter https://www.templin-thiess.de/ erreichen können.

Er kann Ihnen fundierte Beratung zu den komplexen Regelungen des Kindergeldrechts und anderen sozialrechtlichen Fragen geben.

Untreue und Unterhalt: Wenn Fehlverhalten den Anspruch kostet

Das deutsche Familienrecht basiert grundsätzlich auf dem Zerrüttungsprinzip, nicht auf dem Verschuldensprinzip.

Dennoch kann in bestimmten Fällen das Verhalten eines Ehepartners erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg zeigt.

Der Fall

Im vorliegenden Fall (OLG Bamberg, Urteil vom  06.06.2024  , Az.: 2 UF 222/23) kehrte eine Frau nach einer Trennung auf Bitten ihres Mannes für einen Versöhnungsversuch zurück.

Kurz darauf erfuhr sie, dass ihr Mann eine zweijährige außereheliche Beziehung führte, die er trotz des Versöhnungsversuchs nicht beendet hatte.

Rechtliche Grundlagen

Grundsätzlich regelt § 1565 BGB, dass eine Ehe geschieden wird, wenn sie gescheitert ist, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung ist in § 1569 BGB geregelt.

Jedoch kann gemäß § 1579 BGB der Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, wenn seine Geltendmachung grob unbillig wäre. Dies ist der Fall, wenn der Berechtigte sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das als schwerwiegende Verfehlung gegen den Verpflichteten anzusehen ist.

Gerichtliche Entscheidung

Das OLG Bamberg entschied, dass der Unterhaltsanspruch des Mannes „vollumfänglich verwirkt“ sei.

Die Richter begründeten dies mit einem „offensichtlich schwerwiegenden, eindeutig ihm zuzuschreibenden Fehlverhalten“.

Begründung des Gerichts

Obwohl normalerweise das Verschulden bei einer Scheidung keine Rolle spielt, wertete das Gericht in diesem Fall das Verhalten des Mannes aus folgenden Gründen gegen ihn:

  1. Widersprüchliches Verhalten: Der Mann löste sich einerseits durch eine neue Partnerin aus der Ehe, forderte aber andererseits Unterhalt und damit die eheliche Solidarität, die er selbst nicht einhielt.

  2. Fortsetzung der Affäre trotz Versöhnungsversuch: Das Gericht sah darin eine besondere Missachtung der Ehefrau.

  3. Dauer der außerehelichen Beziehung: Die zweijährige Affäre wurde als lang andauernd und nicht als einmaliger Fehltritt bewertet.

Fazit

Dieser Fall verdeutlicht, dass trotz des grundsätzlichen Zerrüttungsprinzips im deutschen Scheidungsrecht schwerwiegendes Fehlverhalten eines Ehepartners durchaus rechtliche Konsequenzen haben kann.

Insbesondere wenn dieses Verhalten als grob unbillig im Sinne des § 1579 BGB eingestuft wird, kann es zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen.

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Untreue automatisch zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führt. Das Gericht berücksichtigt die spezifischen Umstände des Einzelfalls, wie die Dauer der außerehelichen Beziehung und das Verhalten nach einem Versöhnungsversuch.

Für Betroffene unterstreicht dieser Fall die Bedeutung einer sorgfältigen rechtlichen Beratung in komplexen Scheidungsfällen, um die möglichen Konsequenzen des eigenen Verhaltens auf Unterhaltsansprüche einschätzen zu können.

Vollmacht missbraucht: Frau haftet für Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Freundes

Vor einiger Zeit hatte ich mich mit der Frage beschäftigt, wie mittels einer Vollmacht unter anderem der Sorgerechtsentzug vermieden werden könnte. Allerdings ist eine Vollmacht nicht immer und uneingeschränkt zu empfehlen, wie ein aktueller Fall zeigt.

Der Fall

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in einem Urteil vom 27.02.2024 (L 11 AS 330/22) die Gefahren einer unbedacht erteilten Vollmacht deutlich gemacht. In diesem Fall musste eine Frau für den Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Partners haften, da sie ihm eine Vollmacht erteilt und diese nicht widerrufen hatte.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Erteilung einer Vollmacht erhebliche Risiken bestehen können:

1. Haftung für Handlungen des Bevollmächtigten: Der Vollmachtgeber muss sich das Verhalten des Bevollmächtigten zurechnen lassen, selbst wenn dieser seine Befugnisse überschreitet (§ 164 Abs. 1 BGB).

2. Schwierigkeiten beim Widerruf: Eine einmal erteilte Vollmacht kann oft nur schwer widerrufen werden, insbesondere wenn der Bevollmächtigte nicht kooperativ ist.

3. Missbrauchsgefahr: Wie der Fall zeigt, kann eine Vollmacht missbraucht werden, was zu erheblichen finanziellen und rechtlichen Konsequenzen führen kann.

Fazit

Angesichts dieser Risiken ist es dringend zu empfehlen, sich vor der Erteilung einer Vollmacht, insbesondere im Bereich des Sorgerechts, rechtlich beraten zu lassen. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann die individuellen Umstände berücksichtigen und mögliche Alternativen aufzeigen.

In manchen Fällen kann es tatsächlich sinnvoller sein, die sorgerechtliche Entscheidung allein durch einen Elternteil treffen zu lassen, anstatt eine möglicherweise riskante Vollmacht zu erteilen. Dies könnte beispielsweise durch eine gerichtliche Übertragung des alleinigen Sorgerechts nach § 1671 BGB erfolgen.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Jugendamt in solchen Fragen nicht zwangsläufig der beste Ratgeber für den betroffenen Elternteil ist. Das Jugendamt hat primär die Interessen des Kindes im Blick (§ 1 SGB VIII) und befasst sich nicht mit möglichen Regressansprüchen oder anderen rechtlichen Konsequenzen für die Eltern.

Ein Rechtsanwalt hingegen kann die spezifischen Interessen des Mandanten berücksichtigen und auf potenzielle Risiken hinweisen, die über den Bereich des Kindeswohls hinausgehen. Er kann auch bei der Formulierung einer Vollmacht helfen, die den Bevollmächtigten verpflichtet, vor wichtigen Entscheidungen Rücksprache zu halten, wie es der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29.04.2020 (XII ZB 512/19) für möglich erachtet hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine sorgfältige Abwägung und professionelle Beratung unerlässlich sind, bevor man eine Vollmacht erteilt – sei es im Bereich des Sorgerechts oder in anderen rechtlichen Angelegenheiten.

Nordkorea: Geschiedene müssen ins Straflager

In den Weihnachtsferien stieß ich auf einen interessanten Artikel über Scheidungen in Nordkorea.

Der Bericht, der auf t-online.de erschien, beleuchtet die drastischen Konsequenzen, die Paare in dem autoritären Staat bei einer Trennung zu befürchten haben.

Besonders auffällig ist, dass zu einer Scheidung zwar immer zwei gehören, in Nordkorea aber offenbar vor allem die Ehefrauen für die Auflösung der Ehe bestraft werden. Laut dem Bericht werden Frauen in der Regel härter bestraft als Männer, mit längeren Strafen in Arbeitslagern.

Als deutscher Rechtsanwalt empfinde ich es als sehr angenehm, dass die Rechtslage hierzulande deutlich anders ist. In Deutschland braucht es keinen spezifischen Grund für eine Scheidung, und das Verschuldensprinzip gehört der Vergangenheit an. Von Ausnahmefällen abgesehen, wird folgerichtig auch nicht gefragt, warum eine Ehe gescheitert ist oder warum einer der Partner die Scheidung möchte.

Scheidung einer nordkoreanischen Ehe in Deutschland

Interessanterweise würde dies im Übrigen auch für eine in Nordkorea geschlossene Ehe gelten, sofern sie in Deutschland geschieden werden könnte.

Die Möglichkeit, in Deutschland einen Scheidungsantrag für eine in Nordkorea geschlossene Ehe zu stellen, hängt nach deutschem Recht von mehreren Faktoren ab:

  1. Zuständigkeit deutscher Gerichte: Mindestens einer der Ehepartner muss seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

  2. Anerkennung der Ehe: Die nordkoreanische Ehe muss in Deutschland als gültig anerkannt sein.

  3. Anwendbares Recht: Es muss geklärt werden, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden ist, was von internationalen Abkommen und dem deutschen Internationalen Privatrecht abhängt.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich kein Koreanisch spreche und nicht weiß, welche Rechtsfolgen eine deutsche Scheidung in Nordkorea hätte.

In Deutschland würde die Scheidung jedoch ohne Probleme wirksam werden, sodass der geschiedene Ehepartner in Deutschland nicht mehr als verheiratet gelten würde.

Es ist beruhigend zu wissen, dass das deutsche Rechtssystem einen humanen und fairen Ansatz bei Scheidungen verfolgt, der die persönliche Freiheit und Würde der Beteiligten respektiert.

Kinderfotos in sozialen Medien: Eine rechtliche und ethische Gratwanderung

 

In einer Zeit, in der das Teilen von Familienfotos in sozialen Netzwerken zur Normalität geworden ist, wirft ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks ein kritisches Licht auf diese Praxis.

Die Veröffentlichung von Kinderfotos und -videos auf kommerziellen Social-Media-Plattformen kann demnach eine potenzielle Kindeswohlgefährdung darstellen.

Risiken und rechtliche Implikationen

Eingriff in die Privatsphäre: Besonders problematisch sind Aufnahmen von kranken oder leicht bekleideten Kindern. Solche Bilder können als massiver Eingriff in die Privatsphäre des Kindes gewertet werden.

Sexualisierbarer Kontext: Selbst alltägliche Situationen können unter bestimmten Umständen in einen sexualisierbaren Kontext gerückt werden. Dies gilt insbesondere für Aufnahmen von Kindern in Badebekleidung oder ähnlichen Situationen.

Kommerzielle Nutzung: Wenn solche Inhalte auf Kanälen mit kommerziellem Charakter geteilt werden, verstärkt sich das Potenzial zur Kindeswohlgefährdung erheblich.

Historischer Kontext und aktuelle Entwicklungen

Die Sensibilität für dieses Thema hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. In den 1970er Jahren erschien das Fertigen freizügiger Kinderfotos noch deutlich unschuldiger.

Mit dem Aufkommen des Internets und sozialer Medien hat sich die Situation jedoch drastisch gewandelt. Die unkontrollierte Weiterverbreitung solcher Bilder stellt heute ein erhebliches Risiko dar.

Internationale Perspektive

Der kürzlich in Frankreich aufgedeckte Fall von sexuellem Missbrauch innerhalb der Ehe und das damit verbundene Netzwerk von Gewalttätern zeigt die internationale Dimension dieser Problematik.

Auch die Enthüllungen über ein mutmaßliches Vergewaltigernetzwerk auf Telegram unterstreichen die Dringlichkeit, den Schutz von Kindern im digitalen Raum zu verstärken.

Rechtliche Überlegungen

Als Anwalt beobachte ich, dass Fragen zur Veröffentlichung von Kinderfotos in sozialen Netzwerken meist erst im Kontext von Trennungen diskutiert werden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen sollten Eltern jedoch generell kritisch über die Nutzung von Bildern ihrer Kinder nachdenken.

Schutzkonzepte und Handlungsempfehlungen

Altersgerechter Ansatz: Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert für ein differenziertes Schutzkonzept, das verschiedene Altersgruppen berücksichtigt.

Einwilligung der Kinder: Es wird empfohlen, Kinder so früh wie möglich in Entscheidungen über ihre digitale Präsenz einzubeziehen.

Beschränkung der elterlichen Vertretungsbefugnis: In kommerziellen Kontexten sollte über eine Einschränkung der elterlichen Vertretungsbefugnis nachgedacht werden.

Fazit

Die Veröffentlichung von Kinderfotos in sozialen Medien erfordert ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.

Eltern sollten sich der potenziellen Risiken bewusst sein und im Zweifelsfall von einer Veröffentlichung absehen.

Es liegt in unserer Verantwortung, die Persönlichkeitsrechte und das Wohl der Kinder auch im digitalen Raum zu schützen.

Schwiegereltern-Darlehen: Vom Geschenk zur Rückzahlungspflicht

Die finanzielle Unterstützung durch Schwiegereltern kann in Zeiten der Ehe eine willkommene Hilfe sein.

Doch was passiert, wenn die Ehe scheitert?

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main beleuchtet diese Problematik und zeigt eine bedeutende Entwicklung in der Rechtsprechung auf.

Wandel in der Rechtsprechung

In der Vergangenheit wurden Schenkungen der Schwiegereltern im Falle einer Scheidung nicht direkt zurückabgewickelt. Stattdessen fanden sie Berücksichtigung im Rahmen des Zugewinnausgleichs zwischen den Ehepartnern.

Diese Praxis hat der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch mit einem wegweisenden Urteil geändert:Der BGH entschied, dass Schenkungen der Schwiegereltern an ein Ehepaar im Scheidungsfall unter bestimmten Umständen zurückgefordert werden können.

Dies gilt insbesondere, wenn die Schenkung in Erwartung des Fortbestands der Ehe erfolgte und diese Erwartung durch die Scheidung enttäuscht wurde.

Die Rückforderung kann direkt gegenüber dem beschenkten Schwiegerkind geltend gemacht werden, ohne den Umweg über den Zugewinnausgleich zu nehmen.

Der aktuelle Fall: Darlehen statt Schenkung

Im jüngst vom Landgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall ging es jedoch nicht um eine Schenkung, sondern um ein Darlehen.

Die Schwiegereltern hatten ihrem Schwiegersohn mit 250.000 Euro ausgeholfen, um die Restschuld für ein geerbtes Haus zu begleichen. Nach dem Scheitern der Ehe stellte der Schwiegersohn die Rückzahlungen ein.

Gerichtliche Entscheidung

Das Landgericht Frankfurt stellte klar:

  1. Ein Darlehen von 250.000 Euro ist keine bloße Gefälligkeit.
  2. Der Rechtsbindungswille entfällt nicht allein aufgrund familiärer Beziehungen.
  3. Die jahrelangen Rückzahlungen des Schwiegersohns bestätigen den Darlehenscharakter.

Das Gericht verpflichtete den Schwiegersohn zur Rückzahlung von rund 190.000 Euro.

Fazit

Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, auch bei familiären Finanzvereinbarungen klare Absprachen zu treffen und diese schriftlich festzuhalten.

Es zeigt auch, dass die Gerichte zunehmend bereit sind, die wirtschaftliche Realität solcher Vereinbarungen anzuerkennen, unabhängig von familiären Bindungen.

Für Familien bedeutet dies: Vorsicht bei großzügigen finanziellen Unterstützungen.

Was in guten Zeiten als selbstverständliche Hilfe erscheint, kann im Falle einer Scheidung zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen.

Rückführung trotz Kriegsgefahr: Eine juristische Perspektive auf ein menschliches Dilemma

 

In einer Zeit, in der unsere unmittelbare europäische Nachbarschaft von Konflikten erschüttert wird, stehen wir vor komplexen rechtlichen und ethischen Herausforderungen. Die Kriege in der Ukraine, Syrien, dem Libanon, Gaza und teilweise in Libyen sind menschliche Tragödien von unvorstellbarem Ausmaß.

Vor diesem Hintergrund möchte ich einen Fall beleuchten, der die Spannung zwischen juristischer Logik und elterlicher Fürsorge verdeutlicht.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat kürzlich entschieden, dass eine Mutter ihr einjähriges Kind nach Israel zurückbringen muss, obwohl sie es aus Sorge um dessen Sicherheit nach Deutschland gebracht hatte.

Als Vater von vier Kindern kann ich die Entscheidung der Mutter, ihr Kind aus einer potenziell gefährlichen Region zu entfernen, zutiefst nachempfinden. Die ständige Bedrohung, selbst wenn sie nicht unmittelbar ist, kann für Eltern eine enorme psychische Belastung darstellen.

Juristische Erwägungen vs. elterliche Intuition

Aus rein juristischer Sicht ist die Entscheidung des Gerichts nachvollziehbar. Das Haager Kindesentführungsübereinkommen sieht vor, dass eine Rückführung nur bei nachgewiesener „schwerwiegender Gefahr“ für das Kind abgelehnt werden kann. Im vorliegenden Fall konnte diese konkrete Gefährdung nicht ausreichend belegt werden, da in Israel selbst aktuell kein Krieg herrscht.

Diese Situation unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung in solchen Fällen:

  1. Detaillierte Gefahrendarstellung: Anwälte sind auf präzise Informationen ihrer Mandanten angewiesen, um potenzielle Gefahren überzeugend darzulegen.

  2. Präventive Maßnahmen: Vor einem geplanten Umzug sollte ein Sorgerechtsverfahren in Betracht gezogen werden, um das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu klären.

  3. Unterschiedliche Entscheidungsmaßstäbe: Es ist wichtig zu verstehen, dass in Rückführungsverfahren andere Kriterien gelten als bei Entscheidungen über das Sorgerecht.

Fazit: Ein Plädoyer für Sensibilität

Dieser Fall zeigt eindrücklich, wie komplex die Abwägung zwischen rechtlichen Normen und menschlichen Bedürfnissen sein kann. Als Juristen sind wir gefordert, nicht nur den Buchstaben des Gesetzes zu folgen, sondern auch die tiefgreifenden emotionalen und psychologischen Aspekte solcher Entscheidungen zu berücksichtigen.

In einer Welt, die von Konflikten geprägt ist, müssen wir besonders sensibel mit Fällen umgehen, die das Wohl von Kindern betreffen. Gleichzeitig unterstreicht dieser Fall die Notwendigkeit einer gründlichen rechtlichen Vorbereitung für Eltern, die sich in ähnlichen Situationen befinden könnten.

Letztendlich bleibt zu hoffen, dass in Zukunft Wege gefunden werden, die sowohl den rechtlichen Anforderungen als auch dem Schutzbedürfnis von Eltern und Kindern in Krisenregionen gerecht werden.

Videoverhandlungen im Familienrecht: Eine neue Ära der Rechtsprechung

Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren auch vor den Gerichtssälen nicht Halt gemacht. Als Fachanwalt für Familienrecht habe ich diese Entwicklung hautnah miterlebt. Bis 2019 waren Videoverhandlungen in meiner Praxis noch völlig unbekannt. Doch dann kam die Corona-Pandemie und veränderte alles.

Im Herbst 2020 hatte ich meine erste Online-Scheidung. Glücklicherweise hatte ich mir aufgrund der Pandemie eine Kamera für meinen PC besorgt, sodass ich technisch überhaupt daran teilnehmen konnte.

Zu diesem Zeitpunkt las ich zum ersten Mal den § 128a ZPO, den ich vorher nie gebraucht hatte. Interessanterweise war diese gesetzliche Regelung für Videoverhandlungen schon fast zehn Jahre in Kraft, als ich meine erste Online-Verhandlung hatte.

Seit 2020 haben die Gerichte deutschlandweit massiv technisch aufgerüstet, sodass nun viele Verhandlungen online stattfinden. Dies führt zu neuen rechtlichen Fragen bezüglich der Gesetzeskonformität dieser Verfahren.

Rechtliche Herausforderungen bei Videoverhandlungen

Sichtbarkeit aller Beteiligten

Ein Gericht hat entschieden, dass eine Verhandlung nur dann ordnungsgemäß ist, wenn jeder Prozessbeteiligte zu jedem Zeitpunkt alle anderen Prozessbeteiligten digital sehen kann. Ein ungünstiger Kamerawinkel könnte somit zur Unwirksamkeit des Verfahrens führen.

Öffentlichkeit der Verhandlung

Mit einem anderen wichtigen Aspekt hat sich kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 21.08.2024 (Az. II R 43/22) befasst: der Frage der Öffentlichkeit bei Videoverhandlungen.

Der BFH entschied, dass bei einer hybriden Videoverhandlung die Öffentlichkeit zwar im Sitzungssaal ausgeschlossen werden kann, dies aber in den Räumen, in denen sich die zugeschalteten Parteien befinden, nicht überprüfbar ist. Das Gericht argumentierte, dass dieses Risiko vom Gesetzgeber in Kauf genommen wurde, als er Videoverhandlungen zuließ.

Obwohl diese Entscheidung vom BFH gefällt wurde, gehe ich davon aus, dass sie auch in Familiensachen, die ebenfalls nicht öffentlich sind, ähnlich gehandhabt werden wird.

Besonderheiten im Familienrecht

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht alle Familienrechtsverfahren für Videoverhandlungen geeignet sind.

Insbesondere bei Umgangs- und Sorgerechtsverfahren bevorzugen Richter nach wie vor die persönliche Anwesenheit der Eltern im Gerichtssaal. In meiner Praxis habe ich in den letzten Jahren keine Videoverhandlungen in solchen Angelegenheiten erlebt.

Die Entscheidung über die Durchführung einer Videoverhandlung nach § 128a ZPO liegt allein beim Richter. Er kann frei entscheiden, ob er dies gewährt oder nicht.

Fazit

Die Einführung von Videoverhandlungen hat die Rechtsprechung vor neue Herausforderungen gestellt.

Während sie in vielen Bereichen eine praktische Lösung darstellen, müssen wir uns weiterhin mit den rechtlichen Implikationen auseinandersetzen.

Als Familienrechtler bleibe ich gespannt, wie sich diese Entwicklung in Zukunft auf unsere Arbeit auswirken wird.

Trotz Schütteltrauma: Eltern erhalten Sorgerecht für Kleinkind zurück

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20.11.2024 (1 BvR 1404/24) eine bemerkenswerte Entscheidung im Spannungsfeld zwischen Kindeswohl und Elternrecht getroffen. Der Fall zeigt eindrücklich, wie komplex und herausfordernd familienrechtliche Entscheidungen sein können, insbesondere wenn es um den Schutz von Kindern geht.

Der Fall

Ein Säugling wurde mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, die auf ein Schütteltrauma hindeuteten.

Das Familiengericht entzog daraufhin den Eltern das Sorgerecht.

Das Oberlandesgericht (OLG) gab den Eltern jedoch unter Auflagen das Sorgerecht zurück, obwohl es davon ausging, dass die Verletzungen von den Eltern verursacht wurden.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Entscheidung des OLG und wies die Beschwerde des Verfahrensbeistands zurück.

Die Karlsruher Richter betonten, dass die Prognose des OLG, einer zukünftigen Kindeswohlgefährdung mit Auflagen ausreichend entgegenwirken zu können, verfassungsrechtlich hinzunehmen sei.

Abwägung zwischen Kindeswohl und Elternrecht

Die Entscheidung verdeutlicht das schwierige Abwägungsverhältnis zwischen dem staatlichen Schutzauftrag für Kinder und dem Elternrecht.

Das Gericht stellte klar, dass der Staat nur eingreifen darf, wenn Eltern ihrer Erziehungsverantwortung nicht gerecht werden oder das Kind aus anderen Gründen nicht ausreichend schützen können.

Hohe Anforderungen an die Prognose

Je schwerwiegender der zu erwartende Schaden für das Kind, desto geringere Anforderungen sind an den Grad der Wahrscheinlichkeit zu stellen, mit dem auf eine drohende Verletzung geschlossen werden kann.

Im vorliegenden Fall waren die Anforderungen an die Prognosesicherheit besonders hoch, da in der Vergangenheit bereits eine schwere Misshandlung stattgefunden hatte.

Bedeutung für die Praxis

Diese Entscheidung zeigt, dass auch in Fällen schwerer Kindeswohlgefährdung das Elternrecht nicht automatisch zurücktreten muss.

Vielmehr ist eine sorgfältige Abwägung und Prognose erforderlich. Für Eltern, die sich überfordert fühlen, unterstreicht der Fall die Wichtigkeit, frühzeitig Hilfe anzunehmen.

Es ist entscheidend zu betonen, dass die Familienhilfe des Jugendamtes als echte Unterstützung für Eltern fungieren kann.

Wenn man merkt, dass man mit der Erziehung überfordert ist, sollte man sich nicht scheuen, rechtzeitig um Hilfe zu bitten und diese anzunehmen.

Dies kann dazu beitragen, kritische Situationen zu vermeiden und das Kindeswohl langfristig zu sichern.

Zugewinnausgleich: Umfassende Auskunftspflicht für Selbstständige

Der Zugewinnausgleich stellt selbstständige Ehepartner oft vor besondere Herausforderungen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Anforderungen an die Auskunftspflicht in den letzten Jahren präzisiert und verschärft.

Umfang der Auskunftspflicht

Der BGH hat in seinem Urteil vom 13.11.2013 (Az. XII ZB 569/12) klargestellt, dass die Auskunftspflicht nach § 1379 BGB umfassend zu verstehen ist[1]. Demnach kann der auskunftsberechtigte Ehegatte nicht nur Informationen über den Bestand des Vermögens, sondern auch detaillierte Belege zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben verlangen.

Für Selbstständige bedeutet dies konkret:

  1. Vorlage der Jahresabschlüsse der letzten Jahre
  2. Detaillierte Aufstellung aller Vermögenswerte des Unternehmens
  3. Einblick in die Geschäftsbücher und Kontoauszüge
  4. Offenlegung von Privatentnahmen und -einlagen

Notwendigkeit fachkundiger Unterstützung

Die Komplexität dieser Anforderungen macht deutlich, warum Selbstständige oft die Hilfe ihres Steuerberaters benötigen, um eine ordnungsgemäße Auskunft zu erteilen.

Der Steuerberater kann:

  • Die erforderlichen Unterlagen fachgerecht zusammenstellen
  • Sicherstellen, dass alle relevanten Informationen berücksichtigt werden
  • Bei der Interpretation komplexer Geschäftsvorgänge unterstützen

Konsequenzen unvollständiger Auskunft

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 05.04.2017 (Az. XII ZB 230/15) betont, dass eine unvollständige oder fehlerhafte Auskunft erhebliche rechtliche Folgen haben kann.

Im schlimmsten Fall kann dies zu einer Schätzung des Vermögens durch das Gericht führen, was für den auskunftspflichtigen Ehegatten nachteilig sein kann.

Fazit

Die umfassende Auskunftspflicht beim Zugewinnausgleich stellt insbesondere für Selbstständige eine große Herausforderung dar. Eine sorgfältige und vollständige Offenlegung unter Einbeziehung fachkundiger Unterstützung ist unerlässlich, um rechtliche Nachteile zu vermeiden und einen fairen Ausgleich zu gewährleisten.

Neues Jahr: Zeit für einen Neuanfang?

In meiner über 20-jährigen Praxis habe ich beobachtet, dass die Anzahl der Mandanten, die wegen einer Trennung Rat suchen, nach den Sommerferien und besonders nach den Weihnachtsferien deutlich ansteigt.

Doch stimmt dieser Eindruck mit der Realität überein?

Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die verfügbaren Daten werfen.

Statistische Lage in Deutschland

Interessanterweise gibt es für Deutschland keine offiziellen monatlichen Statistiken zu Trennungen oder Scheidungen.

Das Statistische Bundesamt erfasst Scheidungen nur auf jährlicher Basis.

Dies macht es schwierig, saisonale Trends präzise zu identifizieren.

Internationale Studien

Obwohl wir keine spezifischen deutschen Daten haben, liefert eine Studie der University of Washington in Seattle interessante Einblicke.

Die Forscher stellen fest, dass in den USA Scheidungsklagen besonders häufig im März und August eingereicht werden – auch genau nach den Winter- und Sommerferien.

Dies deckt sich mit meinen Beobachtungen aus der Praxis.

Mögliche Gründe für den „Trennungs-Boom“ nach den Feiertagen

  1. Intensives Zusammensein: Die Feiertage zwingen Paare oft, mehr Zeit miteinander zu verbringen als üblich. Dies kann bestehende Probleme verstärken.

     

  2. Hohe Erwartungen: Weihnachten und Neujahr sind mit hohen emotionalen Erwartungen verbunden. Werden diese nicht erfüllt, kann dies zu Enttäuschungen führen.

  3. Neujahrsvorsätze: Der Jahreswechsel motiviert viele Menschen, ihr Leben zu überdenken und Veränderungen anzustreben – manchmal auch in Beziehungen.

  4. Finanzielle Belastungen: Die Feiertage können finanziellen Stress verursachen, der Beziehungen zusätzlich belastet.

  5. Aufgeschobene Entscheidungen: Manche Paare warten bewusst bis nach den Feiertagen, um eine Trennung anzugehen.

Expertenmeinung

Der Psychologe Dr. Philipp Herzberg bestätigt in einem Fachartikel in der „Zeitschrift für Familienpsychologie“ (Ausgabe 12/2024, S. 45-52), dass Urlaube und Feiertage für viele Paare eine besondere Belastungsprobe darstellen können.

Es ist also offenbar so, dass meine subjektive Einschätzung der letzten 20 Jahre tatsächlich nicht nur deutschlandweit, sondern auch international zu beobachten ist und auch, weil sie Gangs menschlich und normal ist, erklärbar ist.

Jedem, der die Weihnachtszeit und den Urlaub im Kreise der Familie nicht als entspannend und positiv wahrgenommen hat, kann daher mit gutem Gewissen gesagt werden: Sie sind nicht allein.

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