Eheverträge und Scheidungsfolgenvereinbarungen sind ein sensibles Thema. Sie sollen Klarheit schaffen, bergen aber auch das Risiko, einen der Partner zu benachteiligen. Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin (KG, Beschluss vom 28.08.2023 – 16 UF 21/23) zeigt dies deutlich. In dem Fall ging es um eine belarussische Lehrerin, die kurz nach ihrer Einreise nach Deutschland einen Ehevertrag mit ihrem Mann schloss. Dieser sah Gütertrennung, Ausschluss des Versorgungsausgleichs und nachehelichen Unterhalt nur bei Kinderbetreuung vor. Der Mann hatte zuvor monatelang Druck ausgeübt: Unterschreibe sie nicht, würde er sich scheiden lassen, sie ihren Aufenthaltstitel verlieren und ausgewiesen. Da sie in ihrer Heimat bereits alle Zelte abgebrochen hatte, willigte sie schließlich unter Tränen ein. Während der Ehe begleitete sie ihren Mann auf Montageeinsätzen im Ausland, wodurch sie selbst kein eigenes Einkommen erzielen konnte. Er hingegen erwarb eine Eigentumswohnung. Nach der Scheidung erklärte das Familiengericht den Ehevertrag für sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) und ordnete den Versorgungsausgleich an. Das Kammergericht bestätigte diese Entscheidung. Das Gericht betonte, dass der Verzicht auf den Versorgungsausgleich, ein Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts (§ 8 Abs. 1 VersAusglG), nicht kompensiert wurde. Es lag ein deutliches wirtschaftliches Ungleichgewicht zugunsten des Mannes vor, da er Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielte, während ihre Einkünfte gering waren. Zudem wurde berücksichtigt, dass sie ihn auf seinen Reisen begleitete und dadurch keine eigene Karriere entwickeln konnte. Auch ihre ausländerrechtliche Situation, die sie existenziell von der Ehe abhängig machte (§ 31 Abs. 1 AufenthG), spielte eine Rolle. Das Gericht sah auch die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit als gegeben an: Der Mann hatte seine Frau zwar nicht widerrechtlich bedroht (§ 123 Abs. 1 BGB), aber er hatte sie durch ständiges Hinweisen auf ihre hilflose Lage „weichgeklopft“ und zum Vertragsabschluss gedrängt. Allein die Fortführung der Ehe und die mietfreie Mitwohngelegenheit stellten keine ausreichende Kompensation dar. Dieser Fall verdeutlicht ein grundlegendes Problem: Jeder Ehevertrag und jede Scheidungsfolgenvereinbarung birgt das Risiko, einen Partner zu benachteiligen. Dies wird typischerweise anhand der Sittenwidrigkeit zum Zeitpunkt der Beurkundung und durch eine Ausübungskontrolle im Scheidungszeitpunkt beurteilt. Letztere ist juristisch schwer vorhersehbar, da sie davon abhängt, wie die Eheleute ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich gelebt haben. Weicht dies vom Vertrag ab, kann im Nachhinein kaum noch etwas korrigiert werden. Gerade in Situationen, in denen eine Scheidung droht und ein Ehevertrag „in letzter Minute“ geschlossen werden soll, ist Vorsicht geboten. Im oben genannten Fall reichte es dem Gericht nicht aus, dass die Ehe fortgeführt wurde, um den Ausschluss gesetzlicher Ehefolgen zu rechtfertigen. Aus Sicht eines Scheidungsanwalts wäre es ratsam gewesen, die Beweggründe für den Wunsch, verheiratet zu bleiben, sowie die wirtschaftlichen Überlegungen bezüglich der verschiedenen Ausschlussklauseln in der Urkunde detailliert zu dokumentieren. Notare nehmen solche Hintergrundinformationen jedoch selten auf. Ich rate Ihnen dringend, sich vor Abschluss eines Ehevertrages oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung anwaltlich beraten zu lassen. Auch wenn dies zunächst mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, die im Vergleich zur notariellen Beratung überflüssig erscheinen mögen: Notare beraten zwar umfassend zum reinen materiellen Recht, aber sie treten nicht vor Gericht auf. Daher können sie die praktischen Auswirkungen und die richterliche Auslegung oft anders einschätzen als ein erfahrener Scheidungsanwalt. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung kann Sie vor bösen Überraschungen bewahren!Der Fall: Druck zur Unterschrift und wirtschaftliche Ungleichheit
Sittenwidrigkeit und Ausübungskontrolle
Die Tücke von Eheverträgen und Scheidungsfolgenvereinbarungen
Der Rat vom Scheidungsanwalt
Fazit: Anwaltliche Beratung ist unerlässlich!
Jahresarchiv: 2025
Ehevertrag – (k)ein Pakt mit dem Teufel? Aktuelle Rechtsprechung beleuchtet Risiken
Wenn Eltern streiten – Das Kindeswohl im Fokus der Rechtsprechung
Leider ist es Trennungen von Paaren immanent, dass sie im Nachgang an eine Trennung zerstritten sind. Manchmal wird dieser Streit so intensiv, dass die Paare, insbesondere wenn sie auch Eltern sind, völlig emotional werden und außer Acht lassen, was für ihre Kinder, die typischerweise beide Eltern lieben, notwendig und richtig ist. Um solchen Eskalationen entgegenzuwirken, gibt es Kurse wie „Kinder im Blick“. Der Besuch eines solchen Kurses kann bei einer Trennung dringend empfohlen werden. Er soll Eltern helfen, ihre Konfliktebene zu reduzieren und das Wohl ihrer Kinder in den Vordergrund zu stellen. Doch nicht alle Konflikte lassen sich durch Kurse lösen. Dies zeigt sich in einem Fall, der kürzlich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main verhandelt wurde (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.01.2025, Az. 1 UF 186/24). In dem Fall kam es zwischen den in Scheidung lebenden Eltern im Streit um das Sorgerecht für ihre drei Kinder im Alter von sieben, zehn und zwölf Jahren immer wieder zu massiv eskalierten Konflikten. Das Familiengericht entzog den Eltern daraufhin unter anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die bis dahin bei ihrer Mutter wohnenden Kinder. Diese lebten daraufhin in einer Jugendhilfeeinrichtung sowie an den Wochenenden abwechselnd bei einem Elternteil. Das Oberlandesgericht wies jedoch darauf hin, dass eine derartige Sorgerechtsentscheidung nicht rechtlich zulässig ist. „Kindesschutzrechtliche Maßnahmen sind streng am Kindeswohl zu orientieren. Sie dienen nicht der Bestrafung eines Elternteils oder allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen“, so das OLG. Das Gericht gab das gemeinsame Sorgerecht beiden Eltern zurück, und die Kinder zogen wieder zu ihrer Mutter. Der Entzug der elterlichen Sorge sei unverhältnismäßig gewesen. Das OLG betonte: „Der ‚Ausgleich persönlicher Defizite zwischen den Eltern oder die Sanktionierung vermeintlichen Fehlverhaltens‘ sei nicht Maßstab und Ziel einer Sorgerechtsentscheidung.“ Das OLG führte aus, dass zwar die Kinder durch den hochkonflikthaften Umgangsstreit ihrer Eltern belastet seien. Jedoch habe ihre Herausnahme aus dem mütterlichen Haushalt schwerwiegende Entwicklungsrisiken geborgen. „Der Umzug in die Wochengruppe (…) bedeutete (…) eine komplette Entwurzelung – von ihrem Zuhause, ihrer Mutter als Hauptbezugsperson, der weiteren Familie, ihren Freunden, ihren bisherigen Schulen wie auch ihrem sozialen Umfeld im Übrigen.“ Zudem gebe es derzeit keinen empirischen Beleg für die Wirksamkeit einer Herausnahme eines Kindes aus dem Haushalt eines angeblich manipulierenden, entfremdenden Elternteils. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei Trennungen das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen. Emotionale Verletzungen und Streitereien zwischen den Eltern dürfen nicht dazu führen, dass die Bedürfnisse der Kinder vernachlässigt werden. Das OLG Frankfurt am Main hat mit seiner Entscheidung klargestellt, dass kindesschutzrechtliche Maßnahmen streng am Kindeswohl zu orientieren sind und nicht der Bestrafung eines Elternteils dienen dürfen.„Kinder im Blick“ – Ein hilfreicher Kurs
Wenn Streit das Kindeswohl gefährdet
Das OLG Frankfurt am Main greift ein
Kindeswohlgefährdung – Was ist zu beachten?
Fazit
Sonderurlaub bei Scheidung: Was Arbeitnehmer wissen sollten
Eine Scheidung ist nicht nur emotional belastend, sondern bringt auch viele organisatorische Herausforderungen mit sich. Viele Arbeitnehmer fragen sich in dieser Situation, ob sie Anspruch auf Sonderurlaub haben, um die notwendigen Schritte zu bewältigen. Hier ein Überblick über die rechtliche Lage und was Ihnen als Arbeitnehmer zusteht. Zunächst ist wichtig zu wissen, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub speziell für eine Scheidung gibt. Allerdings können Arbeitnehmer sich auf § 616 BGB berufen, der eine bezahlte Freistellung von der Arbeit für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ vorsieht, wenn der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist. Für Gerichtstermine im Rahmen des Scheidungsverfahrens oder behördliche Vorladungen besteht in der Regel ein Anspruch auf bezahlte Freistellung. Dies wurde durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt, beispielsweise: Die Dauer des Sonderurlaubs ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern richtet sich nach dem Einzelfall. In der Regel wird für einen Gerichtstermin ein Tag als angemessen angesehen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 24.05.2007, Az. 11 Sa 737/06) hat entschieden, dass für die Wahrnehmung eines Scheidungstermins ein Anspruch auf bezahlte Freistellung für einen Tag besteht. Es lohnt sich, einen Blick in den geltenden Tarifvertrag oder bestehende Betriebsvereinbarungen zu werfen. Manchmal sind dort günstigere Regelungen für Arbeitnehmer festgelegt, die über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehen. Wichtig ist, den Arbeitgeber frühzeitig über anstehende Termine zu informieren und gemeinsam eine Lösung zu finden. Viele Arbeitgeber zeigen Verständnis für die schwierige persönliche Situation und sind bereit, unbürokratisch Freistellungen zu gewähren. Auch wenn es keinen speziellen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub bei Scheidung gibt, haben Arbeitnehmer durchaus Möglichkeiten, für wichtige Termine im Scheidungsverfahren freigestellt zu werden. Eine offene Kommunikation mit dem Arbeitgeber und die Kenntnis der eigenen Rechte sind dabei entscheidend. Sollten Sie Fragen zu Ihren Rechten im Scheidungsfall haben, zögern Sie nicht, sich an einen Fachanwalt für Familienrecht zu wenden. Eine professionelle Beratung kann Ihnen helfen, Ihre Interessen bestmöglich zu wahren und unnötige Konflikte am Arbeitsplatz zu vermeidenGesetzliche Grundlage
Gerichtstermine und behördliche Vorladungen
Dauer des Sonderurlaubs
Tarifvertrag und Betriebsvereinbarungen
Kommunikation mit dem Arbeitgeber
Fazit
Das Nachlassverzeichnis: Wichtiges Instrument im Erbrecht
Das Nachlassverzeichnis, auch als Inventar bezeichnet, ist ein zentrales Element im deutschen Erbrecht. Es dient nicht nur den Interessen von Pflichtteilsberechtigten, sondern spielt auch eine wichtige Rolle für Erben und Gläubiger. Ein Nachlassverzeichnis ist eine vollständige und detaillierte Aufstellung des gesamten Nachlasses, einschließlich aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Es dient primär dazu: Das Recht auf ein Nachlassverzeichnis ist in verschiedenen Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert: – § 2314 BGB: Auskunftsrecht des Pflichtteilsberechtigten – § 1993 BGB: Inventarerrichtung durch den Erben – § 2121 BGB: Verzeichnis für den Nacherben 1. Pflichtteilsberechtigte 2. Nachlassgläubiger 3. Erben selbst Die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses ist besonders wichtig im Kontext der Erbenhaftung, da es Erben ermöglicht, ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken. 1. Durch den Erben: Der Erbe kann selbst ein Inventar erstellen, muss dabei aber eine Behörde oder einen Notar hinzuziehen (§ 2002 BGB). 2. Notarielles Nachlassverzeichnis: Oft wird ein Notar mit der Erstellung beauftragt. Der Notar muss den Nachlass selbstständig überprüfen und verzeichnen, ist dabei aber auf die Mithilfe und Auskunft der Erben angewiesen. Bezüglich des Umfangs der Ermittlungspflicht des Notars hat der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 07.03.2024 – I ZB 40/23) wichtige Klarstellungen getroffen: Diese Entscheidung schützt Notare vor überzogenen Anforderungen und unbegrenzten Ermittlungsaufträgen, stellt aber gleichzeitig sicher, dass bei konkreten Hinweisen auf weiteres Vermögen angemessene Nachforschungen erfolgen. Das Nachlassverzeichnis ist ein vielseitiges Instrument im Erbrecht, das den Interessen aller Beteiligten dient. Die aktuelle Rechtsprechung zur Ermittlungspflicht des Notars schafft Klarheit und Balance zwischen den Interessen der Pflichtteilsberechtigten und der praktischen Durchführbarkeit für Notare.Zweck und Inhalt des Nachlassverzeichnisses
Gesetzliche Grundlagen
Wer kann ein Nachlassverzeichnis fordern?
Bedeutung für die Erbenhaftung
Erstellung des Nachlassverzeichnisses
Fristen und Wirkung
Fazit
Hausverkauf nach Scheidungsantrag: Wenn die Schwiegermutter zur Vermieterin wird
In der Welt des Familienrechts gibt es immer wieder überraschende Wendungen, die zeigen, wie komplex und vielschichtig rechtliche Auseinandersetzungen im Rahmen einer Scheidung sein können. Ein aktueller Fall, der vom Oberlandesgericht Nürnberg entschieden wurde, verdeutlicht eindrucksvoll, wie familienrechtliche Regelungen durch geschicktes Vorgehen umgangen werden können – mit weitreichenden Folgen für die Beteiligten. Ein Ehepaar bewohnte ein Haus, das den Schwiegereltern gehörte. Nach Einreichung des Scheidungsantrags verkauften die Schwiegereltern das Haus an ihre Tochter, also die Ehefrau. Diese kündigte daraufhin das Mietverhältnis mit ihrem Noch-Ehemann wegen Eigenbedarfs. Der Ehemann weigerte sich auszuziehen und berief sich auf den Schutz des § 1361b BGB, der die Nutzung der Ehewohnung während des Getrenntlebens regelt. Das OLG Nürnberg (Urteil vom 29.09.2023, Az. 10 U 2063/23) kam zu dem Schluss, dass der Ehemann das Haus räumen muss. Die Richter argumentierten, dass § 1361b BGB hier nicht greife, da das Haus nicht mehr im Besitz der Schwiegereltern, sondern nun im Eigentum der Ehefrau sei. Somit handle es sich um ein reguläres Mietverhältnis, das nach den Regeln des Mietrechts gekündigt werden könne. Die Kündigung wegen Eigenbedarfs wurde als berechtigt angesehen, da die Ehefrau als neue Eigentümerin plausibel darlegen konnte, dass sie das Haus selbst nutzen wolle. Das Gericht sah hierin keinen Rechtsmissbrauch, obwohl der Verkauf und die anschließende Kündigung offensichtlich mit der Scheidung in Zusammenhang standen. Dieser Fall zeigt eindrücklich, wie durch die Einschaltung Dritter – hier der Schwiegereltern – familienrechtliche Schutzvorschriften umgangen werden können. Während § 1361b BGB eigentlich dazu dient, während des Trennungsjahres eine faire Regelung für die Nutzung der Ehewohnung zu finden, wurde durch den Verkauf an die Ehefrau eine Situation geschaffen, in der das Mietrecht Anwendung fand. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Entscheidungsverfahren im Familienrecht manchmal über Umwege erfolgreich umgangen werden können. Im vorliegenden Fall führte dies zu einer für den Ehemann äußerst nachteiligen Situation: Er verlor nicht nur sein Zuhause, sondern auch den Schutz, den ihm das Familienrecht eigentlich hätte bieten sollen. Für Betroffene in ähnlichen Situationen ist es daher ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen und mögliche Szenarien durchzuspielen. Die Einbeziehung von Familienmitgliedern in rechtliche Strategien kann, wie dieser Fall zeigt, zu unerwarteten und dramatischen Wendungen führen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf solche Umgehungsmöglichkeiten reagieren wird. Bis dahin sollten sich Ehepartner in Trennungssituationen bewusst sein, dass vermeintlich sichere rechtliche Positionen durch kreative juristische Konstruktionen ausgehebelt werden können.Der Sachverhalt
Die rechtliche Bewertung
Die Umgehung des Familienrechts
Fazit und Warnung
Auslandsreisen Minderjähriger: Wann entscheidet das Familiengericht?
In der familienrechtlichen Praxis stellt sich häufig die Frage, unter welchen Umständen eine familiengerichtliche Entscheidung über das Sorgerecht oder den Umgang erforderlich ist, wenn es um Auslandsreisen von minderjährigen Kindern geht. Ein aktueller Fall des Amtsgerichts Wittenberg beleuchtet diese Problematik und zeigt die Komplexität solcher Entscheidungen auf. Grundsätzlich müssen Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für das Kind gemeinsam treffen (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auslandsreisen, insbesondere in Länder außerhalb der EU, fallen in der Regel in diese Kategorie. Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht angerufen werden, um einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis zu übertragen (§ 1628 BGB). Reisen innerhalb des europäischen EU-Auslands sind typischerweise unproblematisch. Die einheitlichen Rechtsstandards und das hohe Sicherheitsniveau in der EU führen dazu, dass Familiengerichte hier selten eingeschaltet werden müssen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. Anders verhält es sich bei Reisen in Länder wie Russland oder andere Krisenregionen wie die Ukraine, den Libanon, Syrien oder Israel. In solchen Fällen stellt sich für das Gericht die zentrale Frage, ob eine Reise dorthin mit dem Kindeswohl objektiv zu vereinbaren ist. Das Kindeswohl ist gemäß § 1697a BGB der Maßstab für alle kindschaftsrechtlichen Entscheidungen. Ein aktueller Fall des Amtsgerichts Wittenberg (Beschluss vom 28.06.2023, Az.: 5a F 327/23 EASO) verdeutlicht die Abwägungen, die Gerichte in solchen Situationen vornehmen müssen. Hier ging es um die Reise einer 15-Jährigen nach Russland in Begleitung des ehemaligen Lebensgefährten ihrer Mutter. Der leibliche Vater verweigerte seine Zustimmung aufgrund der aktuellen politischen Lage. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, der Mutter unter bestimmten Auflagen die alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen. Dabei berücksichtigte es folgende Faktoren: Das Gericht legte jedoch Wert darauf, dass die Mutter sich fortlaufend über die Sicherheitslage informiert und etwaige Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes beachtet. Der Fall des AG Wittenberg zeigt exemplarisch, wie Familiengerichte in solchen Situationen abwägen müssen. Sie berücksichtigen dabei nicht nur abstrakte Gefahren, sondern auch die konkreten Umstände des Einzelfalls. Letztlich geht es immer darum, eine Entscheidung zu treffen, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht, wie es § 1697a BGB vorschreibt. Für Eltern und Rechtsanwälte in ähnlichen Fällen ist es ratsam, alle relevanten Faktoren sorgfältig zu dokumentieren und dem Gericht darzulegen, um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen. Die Einzelfallbetrachtung und die Berücksichtigung aller Umstände sind entscheidend für eine dem Kindeswohl entsprechende Lösung.Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung
Reisen innerhalb der EU
Reisen in Krisenregionen
Der Fall des AG Wittenberg
Fazit
Unerwartetes Erbe: Wenn Fremde plötzlich zu Millionären werden
In der Welt des Erbrechts gibt es immer wieder überraschende Wendungen. Ein aktueller Fall, bei dem eine Frau fast eine halbe Million Euro von einem ihr unbekannten Mann erbte, wirft interessante Fragen auf. Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die rechtlichen Aspekte solcher Situationen werfen. Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass das Erbrecht international unterschiedlich geregelt ist. Grundsätzlich gilt in der Europäischen Union seit 2015 die EU-Erbrechtsverordnung. Diese besagt, dass das Erbrecht des Landes Anwendung findet, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hat der Verstorbene jedoch eine ausdrückliche Rechtswahl getroffen, kann auch das Recht seines Heimatlandes gelten. Bei Erbfällen mit Bezug zu Nicht-EU-Staaten kommen oft komplexere Regelungen zum Tragen, die von bilateralen Abkommen oder dem jeweiligen nationalen Recht abhängen. In Deutschland gibt es klare Regelungen für den Fall, dass Erben nicht gefunden werden können. Zunächst wird versucht, gesetzliche Erben zu ermitteln. Gelingt dies nicht, fällt das Erbe nach einer bestimmten Frist an den Staat – man spricht vom sogenannten Fiskuserbrecht. An dieser Stelle kommen oft Erbenermittler ins Spiel. Diese Spezialisten haben sich darauf spezialisiert, unbekannte Erben ausfindig zu machen. Sie durchforsten Stammbäume, alte Dokumente und nutzen internationale Netzwerke, um mögliche Erben aufzuspüren. Ihre Arbeit finanzieren Erbenermittler in der Regel durch Erfolgshonorare. Wenn sie einen Erben ausfindig machen, schließen sie mit diesem einen Vertrag ab, der ihnen einen prozentualen Anteil am Erbe zusichert. Dies kann für den überraschten Erben zwar bedeuten, dass er nicht das gesamte Erbe erhält, ermöglicht ihm aber den Zugang zu einem Vermögen, von dem er sonst nie erfahren hätte. Sollten Sie sich in einer ähnlichen Situation wiederfinden – sei es als potenzieller Erbe oder als jemand, der von einem Erbenermittler kontaktiert wurde – ist es dringend empfehlenswert, sich anwaltlich beraten zu lassen. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen helfen, die Situation richtig einzuschätzen, Ihre Rechte zu wahren und mögliche Fallstricke zu vermeiden. Erbrechtliche Fragen sind oft komplex und emotional belastend. Professionelle Unterstützung kann hier nicht nur rechtliche Sicherheit bieten, sondern auch dabei helfen, die richtigen Entscheidungen in einer möglicherweise überwältigenden Situation zu treffen. Denken Sie daran: Ein unerwartetes Erbe kann eine große Chance sein, aber es bringt auch Verantwortung und potenzielle rechtliche Herausforderungen mit sich. Mit der richtigen Beratung können Sie sicherstellen, dass Sie von dieser unerwarteten Wendung des Schicksals optimal profitieren.Internationales Erbrecht: Wer erbt was und wo?
Die deutsche Rechtslage bei unbekannten Erben
Erbenermittler: Detektive des Erbrechts
Rechtliche Beratung: Der sichere Weg im Erbfall
Trennungsunterhalt durch Überlassen der Familienwohnung: Steuerliche Auswirkungen und gerichtliche Entscheidung
In einem aktuellen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine wichtige Entscheidung zur steuerlichen Behandlung von Trennungsunterhalt durch Überlassung der Familienwohnung getroffen. Diese Entscheidung hat sowohl unterhaltsrechtliche als auch steuerrechtliche Auswirkungen für getrennt lebende Ehepaare. Ein Ehepaar mit zwei Kindern trennte sich 2015. Sie vereinbarten, dass die Frau mit den Kindern in der gemeinsamen 200 qm großen Wohnung verbleiben sollte. In einer notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung wurde festgelegt, dass der Mann seiner Frau monatlich 600 Euro Trennungsunterhalt zahlen sollte. Dabei wurde ein Wohnvorteil von 400 Euro mit dem Trennungsunterhalt verrechnet, sodass effektiv 200 Euro als Vorsorge- und Elementarunterhalt geleistet wurden. Der Mann wollte in seiner Steuererklärung höhere Unterhaltsleistungen geltend machen, indem er den tatsächlichen Mietwert seines Miteigentumsanteils mit monatlich 818,07 Euro ansetzte. Dies führte zu einem Rechtsstreit, der schließlich vor dem BFH landete. Der BFH (Urteil vom 14.12.2023, Az. IX R 23/21) entschied zugunsten des Mannes und stellte klar: Es liegt kein entgeltliches „mietvertragsähnliches“ Verhältnis vor, sondern eine Unterhaltsleistung in Form von Naturalunterhalt. Der Wohnvorteil ist nach dem ortsüblichen Mietzins anzusetzen, auch wenn unterhaltsrechtlich ein geringerer Wert vereinbart wurde. Steuerrechtlich: Er kann nun höhere Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben geltend machen, was seine Steuerlast reduziert. Unterhaltsrechtlich: Die tatsächliche Höhe seiner Unterhaltsleistung wird anerkannt, was seine finanzielle Situation besser widerspiegelt. Steuerrechtlich: Sie muss dem höheren Sonderausgabenabzug zustimmen (Realsplitting), was ihre eigene Steuerlast erhöhen könnte. Unterhaltsrechtlich: Der ihr zukommende Wohnvorteil wird höher bewertet, was ihre Gesamtunterhaltsleistung erhöht. Der BFH stellte zudem klar, dass ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden kann, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. In diesem Fall wurde der Antrag des Mannes auf einen höheren Sonderausgabenabzug und die Zustimmung seiner Ehefrau als solches rückwirkendes Ereignis anerkannt. Diese Entscheidung des BFH unterstreicht die Komplexität des Unterhaltsrechts und dessen steuerliche Implikationen. Sie zeigt auch, wie wichtig es ist, bei Trennungsvereinbarungen sowohl die unterhaltsrechtlichen als auch die steuerrechtlichen Aspekte sorgfältig zu berücksichtigen. Betroffene sollten sich in solchen Fällen unbedingt fachkundigen Rat einholen, um ihre Rechte zu wahren und steuerliche Vorteile optimal zu nutzen.Der Fall
Das Problem
Die Lösung des BFH
Auswirkungen für die Beteiligten
Für den Mann:
Für die Frau:
Wichtiger Hinweis zur Bestandskraft von Steuerbescheiden
Namensänderung zur Stärkung der Mutter-Kind-Beziehung: Ein aktueller Fall aus der Rechtsprechung
In einem kürzlich ergangenen Urteil hat sich der Verwaltungsgerichtshof München mit einem interessanten Fall zur Namensänderung befasst. Diese Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die unterschiedlichen Verfahrenswege bei Namensänderungen und deren rechtliche Grundlagen. Zunächst ist es wichtig, zwischen zwei Arten von Namensänderungsverfahren zu unterscheiden: Verfahren vor dem Familiengericht (FamG): Verfahren vor dem Verwaltungsgericht: Im vorliegenden Fall (VGH München, Urteil vom 30.01.2025, 5 B 22.1550) ging es um einen besonderen Aspekt der Namensänderung: Der VGH München kam zu dem Schluss, dass eine Namensänderung in diesem Fall gerechtfertigt sein kann. Dabei stützte sich das Gericht auf folgende Überlegungen: Das Gericht betonte, dass eine Namensänderung nach § 3 NamÄndG nur aus „wichtigem Grund“ möglich ist. In diesem Fall sah es diesen wichtigen Grund in der Stärkung der Mutter-Kind-Beziehung und der faktischen Zugehörigkeit des Kindes zur mütterlichen Familie. Diese Entscheidung zeigt, dass Namensänderungen nicht nur formale Akte sind, sondern tiefgreifende Auswirkungen auf familiäre Beziehungen haben können. Sie unterstreicht die Bedeutung des Kindeswohls und die Berücksichtigung der tatsächlichen Lebensverhältnisse in rechtlichen Entscheidungen. Für Betroffene in ähnlichen Situationen ist es ratsam, sich frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um den richtigen Verfahrensweg zu wählen und die Erfolgsaussichten einschätzen zu können.Namensänderungsverfahren: Familiengericht vs. Verwaltungsgericht
– Basierend auf §§ 1617, 1617a, 1617b, 1617c BGB
– Betrifft meist Änderungen im Zusammenhang mit Eheschließung, Scheidung oder Abstammung
– Grundlage ist das Namensänderungsgesetz (NamÄndG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG
– Kommt zur Anwendung, wenn keine familienrechtliche Grundlage bestehtDer aktuelle Fall vor dem VGH München
Ausgangssituation:
Rechtliche Bewertung:
Fazit
Hausverkauf an Ex-Ehegattin: Steuerliche Fallstricke bei der Scheidung
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine für viele Ehepaare in Trennung relevante Entscheidung getroffen. Es geht um die steuerliche Behandlung des Verkaufs eines Hauses an den Ex-Ehepartner im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Scheidung. Der Fall: Ein Ehepaar hatte 2008 gemeinsam ein Einfamilienhaus erworben. Nach der Trennung 2015 zog der Ehemann aus. Im Zuge der Scheidung verkaufte er seinen hälftigen Miteigentumsanteil an seine Ex-Frau. Das Finanzamt sah darin ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der BFH (Urteil vom 14.11.2023, IX R 11/22) bestätigte diese Einschätzung. Entscheidend war, dass der Verkauf innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 23 EStG erfolgte und der Ehemann nach seinem Auszug das Objekt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Die steuerlichen Konsequenzen bei der Vermögensauseinandersetzung nach einer Scheidung sind komplex und können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Es ist daher dringend zu empfehlen, sich frühzeitig fachkundigen Rat einzuholen. Für eine umfassende steuerliche Beratung in solchen Fällen empfehlen wir, Kontakt zur Steuerberatungskanzlei Heitmann + Päper aufzunehmen. Sie erreichen die Kanzlei unter: Heitmann + Päper Hafenstraße 11 Tel.: 0491 / 92 73 00 Eine vorausschauende Planung kann helfen, unerwartete steuerliche Belastungen zu vermeiden und die finanziellen Folgen einer Scheidung zu minimieren.Die Problematik: Steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft
Mögliche Lösungsansätze
Empfehlung
Steuerberatungsgesellschaft mbH
26789 Leer
Fax: 0491 / 92 73 0-50
OLG Frankfurt: Hälftige Kostenteilung bei Vaterschaftsfeststellungsverfahren trotz vorherigem DNA-Test
In einem kürzlich ergangenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main eine interessante Entscheidung zur Kostenverteilung in Vaterschaftsfeststellungsverfahren getroffen (OLG Frankfurt, 13.01.2025 – 6 WF 155/24). Auf den ersten Blick mag es überraschend erscheinen, dass der Kindesvater trotz eines bereits durchgeführten außergerichtlichen DNA-Tests nicht allein die Kosten des gerichtlichen Verfahrens tragen musste. Das Gericht begründete seine Entscheidung jedoch mit einem wichtigen rechtsstaatlichen Prinzip: In einem Rechtsstaat hat der potenzielle Vater das Recht, die Frage der Abstammung in einer rechtlich sicheren Weise durch einen vom Gericht bestellten Gutachter klären zu lassen. Dies unterstreicht die Bedeutung der gerichtlichen Überprüfung in solch wichtigen Angelegenheiten. Ein weiterer interessanter Aspekt des Urteils ist die Betrachtung der Mitverantwortung der Mutter. Das Gericht argumentierte, dass – zumindest im Falle einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs – die Mutter eine faktische Mitverantwortung für die Entstehung des Kindes trägt. Daher sei es angemessen, dass sie die Kosten der Vaterschaftsfeststellung zur Hälfte mitträgt. Es ist anzumerken, dass das Gericht nicht über Fälle von nachgewiesener oder unstreitiger Vergewaltigung zu entscheiden hatte. Für solche Szenarien gibt es bislang keine bekannte einschlägige Rechtsprechung. Nachvollziehbar erscheint auch die Entscheidung des Gerichts, das Kind selbst nicht an den Kosten seiner Vaterschaftsfeststellung zu beteiligen. Schließlich kann ein Kind für die Tatsache seiner eigenen Geburt offensichtlich keine Verantwortung tragen. Es ist zu beachten, dass DNA-Feststellungen heute, dank des technischen Fortschritts, nicht mehr so kostspielig sind wie früher. Selbst bei einem vom Gericht bestellten Gutachten stellen die Kosten in der Regel keine große finanzielle Hürde mehr dar. Sollten die Eltern dennoch nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Diese Entscheidung des OLG Frankfurt unterstreicht die Komplexität und Sensibilität von Vaterschaftsfeststellungsverfahren und zeigt, wie Gerichte bemüht sind, eine ausgewogene und faire Lösung für alle Beteiligten zu finden.Mitverantwortung der Mutter
Keine Kostenbeteiligung des Kindes
Finanzielle Aspekte
Wenn Schweigen Gold ist – Eine Lehre aus einem aktuellen OLG-Urteil
Als Fachanwalt für Familienrecht beschäftige ich mich in meiner täglichen Praxis zwar nicht mit Straf- oder Verkehrsrecht, dennoch versuche ich, mich auch in anderen Rechtsgebieten auf dem Laufenden zu halten. Ein kürzlich ergangenes Urteil des OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.12.2023, Az. 2 ORBs 42/23) hat meine Aufmerksamkeit besonders erregt, da es eindrucksvoll zeigt, wie wichtig es ist, vor Gericht wohlüberlegt und sparsam mit seinen Aussagen umzugehen. In dem verhandelten Fall ging es um einen Autofahrer, der wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis angeklagt war. Der entscheidende Wendepunkt kam, als der Angeklagte vor Gericht erklärte, er habe die Verkehrsschilder nicht verstanden, da er „kognitiv eingeschränkt“ sei. Was zunächst als Entlastung gedacht war, erwies sich als Bumerang: Das Gericht wertete diese Aussage als Eingeständnis, dass der Angeklagte aufgrund seiner eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten gar nicht in der Lage war, ein Fahrzeug sicher zu führen. Das OLG Frankfurt bestätigte die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Richter argumentierten, dass jemand, der einräumt, Verkehrsschilder nicht zu verstehen, offensichtlich nicht die notwendigen Voraussetzungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfüllt. Somit hatte der Angeklagte mit seiner eigenen Aussage praktisch sein Vergehen bestätigt. Dieser Fall unterstreicht eindrücklich, was ich meinen Mandanten auch in zivilrechtlichen und familienrechtlichen Verfahren stets rate: Seien Sie vorsichtig mit dem, was Sie vor Gericht sagen. Allzu oft haben Mandanten kein Gespür dafür, wie ihre Aussagen vom Gericht interpretiert und gewertet werden können. Hier kommt das bekannte Vier-Ohren-Modell aus der Kommunikationstheorie ins Spiel. Was der Sender (in diesem Fall der Angeklagte) sagt, wird vom Empfänger (dem Gericht) auf vier verschiedenen Ebenen gehört und interpretiert: Sachinhalt: Was wurde konkret gesagt? Selbstoffenbarung: Was sagt die Aussage über den Sprecher aus? Beziehung: Wie steht der Sprecher zum Empfänger? Appell: Wozu will der Sprecher den Empfänger veranlassen? Im vorliegenden Fall hat das Gericht besonders die Selbstoffenbarungsebene der Aussage des Angeklagten interpretiert und daraus weitreichende Schlüsse gezogen. Abschließend möchte ich allen, die sich in einem Gerichtsverfahren wiederfinden, dringend ans Herz legen: Lassen Sie sich nicht nur anwaltlich beraten, sondern beherzigen und befolgen Sie auch den Rat, den Sie von Ihrem Rechtsbeistand erhalten. Im Zweifel kann es durchaus die beste Strategie sein, von seinem Recht zu schweigen Gebrauch zu machen. Denn wie dieser Fall eindrucksvoll zeigt: Manchmal ist Schweigen tatsächlich Gold.Der Fall: Ein überraschendes Geständnis
Die rechtlichen Konsequenzen
Die Lehre: Weniger sagen kann mehr sein
Das Vier-Ohren-Modell in der Praxis
Mein dringender Rat
