Archiv für Kategorie: Familienrecht

Texting oder wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte

Konflikte in der Familie, insbesondere wenn Kinder involviert sind, können durch digitale Kommunikation über Messenger-Dienste wie WhatsApp verschärft werden. Oft führt diese Art der schnellen und emotionalen Kommunikation zu Missverständnissen und weiteren Streitigkeiten. 

Eine aktuelle Studie belegt, dass eine Mehrheit der Deutschen Beziehungskonflikte zunehmend in die virtuelle Welt verlagert – und das meist per Textnachricht.In diesen Fällen freut sich sprichwörtlich der „Dritte“, der Rechtsanwalt oder das Gericht, die sich später durch unklare und fragmentierte Kommunikationsverläufe kämpfen müssen.

Messenger-Dienste als Konfliktverstärker

In meinen Erfahrungen zeigt sich immer wieder, dass Messenger-Dienste wie WhatsApp oder ähnliche in emotional schwierigen Situationen von vielen Menschen nicht mehr sinnvoll bedient werden können.

Deshalb empfehle ich meinen Mandanten in solchen Fällen, Messenger eher zu vermeiden und stattdessen E-Mails zu nutzen.

Streit in der digitalen Welt: „Fexting“

  • Fast zwei Drittel (63 Prozent) haben bereits Streitigkeiten per Messenger mit ihrem Partner geführt. Dabei empfinden viele, dass über Textnachrichten schneller Streit entsteht als in persönlichen Gesprächen.

  • Zudem wird das Phänomen „Fexting“ genannt, eine Kombination aus „Fighting“ und „Texting“ – also streiten per Schreiben.

  • Besonders verbreitet ist es bei Jüngeren: 84 Prozent der 18- bis 39-Jährigen kennen das. Emojis können dabei Missverständnisse auslösen oder Streits abmildern, aber insgesamt ist die Kommunikation per Messenger in Konfliktsituationen oft problematisch.

Die Lösung: Digitale Werkzeuge zur Deeskalation

Um Streitigkeiten zu vermeiden und eine sachliche Kommunikation zu ermöglichen, empfiehlt sich die Nutzung von speziellen Apps für getrennte Eltern. Diese Dienste bieten eine neutrale Plattform und können die Kommunikation deutlich verbessern.

Ein Beispiel ist die App „Getrennt Gemeinsam“, die folgende Funktionen bietet:

  • Ein gemeinsamer Kalender zur besseren Organisation.

  • Die Möglichkeit zum Austausch wichtiger Dokumente (z. B. Schulzeugnisse).

  • Ein interner Messenger, der eine sachliche Kommunikation fördert.

Fazit & Empfehlung: Kommunikation mit Bedacht wählen

Die Wahl des richtigen Kommunikationsmittels ist im Konfliktfall entscheidend. Statt schneller, emotionaler Textnachrichten über Messenger-Dienste ist es ratsam, auf klarere und weniger missverständliche Kommunikationswege zu setzen.

  • Kernbotschaft: Emotionale Konflikte per Messenger-Dienst zu führen, verschärft den Streit.

  • Empfehlung: Setzen Sie auf spezialisierte Apps oder E-Mails, um die Kommunikation zu deeskalieren und Sachverhalte klar zu dokumentieren.

Milliarden-Unterstützung für Alleinerziehende: Der Staat greift ein – und stößt an Grenzen

Die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt stellt in Deutschland ein hohes gesellschaftliches Gut dar und dient vor allem dem Schutz von minderjährigen Kindern.

Wer sich dieser Pflicht entzieht oder nicht im geforderten Umfang nachkommt, muss mit erheblichen Konsequenzen rechnen: Die sogenannten erhöhten Erwerbsobliegenheiten verlangen vom Unterhaltsschuldner, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um seiner Zahlungspflicht nachzukommen. Die Nichterfüllung kann sogar strafrechtlich relevant sein (§170 StGB).

In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder: Viele Unterhaltsschuldner sind mit den gesetzlichen Anforderungen überfordert oder verweigern die Zahlung – und selbst nach gerichtlicher Durchsetzung verlaufen Vollstreckungsversuche oft ins Leere.

Für solche Fälle hat der Gesetzgeber die Unterhaltsvorschusskassen geschaffen. Der Zweck: Eine erste Absicherung für betreuende Elternteile und ihre Kinder, wenn der zuständige Elternteil nicht zahlt. Der Staat geht hier in Vorleistung, mit dem Ziel, sich das gezahlte Geld zurückzuholen.

Milliardenleistungen – geringe Rückholquote

Die neuesten Zahlen belegen, wie essenziell diese Absicherung ist: 2024 wurden rund 3,2Milliarden€ an Unterhaltsvorschuss ausbezahlt – 551Millionen€ mehr als im Vorjahr.

Doch die sogenannten Rückgriffquoten auf die eigentlich unterhaltspflichtigen Elternteile zeigen ein deutliches Problem: Im vergangenen Jahr konnte der Staat lediglich etwa 17% (545Millionen€) der gezahlten Beträge von den Unterhaltsschuldnern zurückholen. Die Quote ist damit sogar leicht gesunken und rangiert bereits seit Jahren auf niedrigem Niveau.n-tv

Was bedeutet das für getrennt lebende Elternteile?

Für betreuende Eltern, die vor der Herausforderung stehen, Kindesunterhalt durchzusetzen, empfiehlt sich unbedingt, parallel oder ergänzend zur zivilrechtlichen Durchsetzung über Anwalt oder Jugendamt auch die Hilfeleistung der Unterhaltsvorschusskasse zu nutzen.

Zwar liegt der Unterhaltsvorschuss etwas unter dem gesetzlichen Mindestunterhalt, doch ist er oft die einzige reale finanzielle Sicherung, wenn der andere Elternteil nicht zahlt.

Er hilft nicht nur, sofortige finanzielle Engpässe zu überbrücken, sondern gibt Kindern einen rechtlich abgesicherten Mindeststandard zur Versorgung.

Fazit: Rechtliche Durchsetzung und Vorsorge kombinieren

Die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen bleibt eine Herausforderung – sei es wegen hoher Erwerbsobliegenheiten, begrenzter Einkommensverhältnisse oder der unwilligen Zahlung.

Die Unterhaltsvorschusskassen stellen hier eine wichtige Absicherung für betreuende Eltern dar.

Daher sollte jeder, der Probleme bei der Zahlung und Durchsetzung von Kindesunterhalt erlebt, diese staatliche Unterstützung unbedingt in Anspruch nehmen – sie ist zwar nicht die ideale Lösung, aber besser als gar keine Unterstützung und kann für viele Familien existenziell sein.

„Leben Sie Ihr Leben – aber richtig!“ – Das OLG Stuttgart und die Ausübungskontrolle von Eheverträgen


Thema Eheverträge und deren Wirksamkeit – Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 26. Juni 2025, Az. 11 UF 194/24)

Eheverträge dürfen bei ihrer Beurkundung nicht sittenwidrig sein und müssen am Ende der Ehezeit auch einer sogenannten Ausübungskontrolle standhalten.

Was ist die Ausübungskontrolle?

  • Die Ausübungskontrolle dient der Überprüfung, ob ein Ehevertrag in der tatsächlichen Umsetzung auch den Vorstellungen und dem fairen Ausgleich zwischen den Ehepartnern entspricht.
  • Es geht also nicht nur darum, was vertraglich vereinbart wurde, sondern auch darum, ob die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich gelebt und umgesetzt wurden.
  • Dies ist zentral, um spätere Nachteile für einen der Partner bestmöglich zu vermeiden.

Kompensationszahlungen als Absicherung

Um eine Sittenwidrigkeit des Vertrags und mögliche Probleme bei der Ausübungskontrolle zu verhindern, hat es sich bewährt, dass der wirtschaftlich besser gestellte Ehepartner dem anderen Kompensationszahlungen zusichert.

Diese sollen künftige Nachteile ausgleichen, die trotz der vertraglichen Regelungen auftreten könnten.

Das Urteil des OLG Stuttgart im Fall des Oberarztes

Im Fall, der dem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart zugrunde lag (Beschluss vom 26. Juni 2025, Az. 11 UF 194/24), war diese Praxis ebenfalls gegeben.

Der Ehevertrag enthielt eine Ausschlussvereinbarung über den Versorgungsausgleich. Zugleich wurden Kompensationsleistungen vereinbart, die auch tatsächlich von der Ehefrau erhalten wurden.

Jedoch zeigte sich, dass die Ehefrau die erhaltenen Kompensationszahlungen nicht als Vorsorge anlegte, sondern verbrauchte.

Dies wurde vom Gericht als entscheidend angesehen. Das OLG stellte klar, dass nicht jeder Verstoß gegen die Ausübungskontrolle, also nicht jeder Fall, in dem das ursprünglich vorgesehene Ergebnis des Vertrags nicht eintrat, automatisch zur Unwirksamkeit des Ehevertrags führt. Vielmehr kommt es darauf an, ob die vereinbarten Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden und wie sie genutzt wurden.

Die Entscheidung des OLG lautete, dass das schlichte Verbrauchen der Kompensationszahlungen anstelle einer Vorsorge nicht ausreichend ist, um den Ehevertrag als sittenwidrig anzusehen oder die Wirksamkeit infrage zu stellen. Die Ausübungskontrolle verlangt, dass die Vertragsparteien nicht nur formal vereinbarte Leistungen vorsehen, sondern auch entsprechend handeln und Vorsorge treffen.

Fazit & Empfehlung: Sicherheit durch faire Verträge

Das Urteil unterstreicht, dass die Gerichte Eheverträge streng auf ihre Billigkeit prüfen, insbesondere dann, wenn ein Partner aufgrund des Vertrags einen erheblichen Nachteil erleidet.

Empfehlung: Eheverträge sollten stets fair und ausgewogen gestaltet werden, insbesondere wenn finanzielle Verzichte oder Kompensationszahlungen geregelt werden. Bei Fragen zum Ehevertrag und Versorgungsausgleich sollten Sie immer juristischen Rat einholen

Einseitiger Zugewinnausschluss in der Unternehmerehe – Ein Blick auf das Schichtenmodell des BGH und aktuelle Rechtsprechung

Die Gestaltung von Eheverträgen in einer Unternehmerehe ist komplex, da sie unterschiedliche Rechtsbereiche berührt. Typische Problemfelder entstehen, wenn Ehepartner etwa den Zugewinnausgleich, den Versorgungsausgleich oder den Unterhalt anders als gesetzlich vorgesehen regeln wollen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierfür ein sogenanntes Schichtenmodell entwickelt, das die verschiedenen Schutzbereiche innerhalb der Ehe klar strukturiert.

Die Lösung – Das Schichtenmodell des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Rechtsprechung ein sogenanntes Schichtenmodell entwickelt (auch als „Schutzbereichsmodell“ bezeichnet), das die unterschiedlichen Schutzintensitäten der ehelichen Rechtsbeziehungen strukturiert.

Dieses Modell gliedert die Ehe in mehrere rechtliche „Schichten“ mit abnehmendem Schutz:

  • Kernbereich der Ehe: Trennungsunterhalt – hier besteht der stärkste gesetzliche Schutz, da es um die unmittelbare Absicherung während der Trennung geht. Die gesetzlichen Regelungen sind präzise und zwingend.
  • Versorgungsausgleich: die gesetzliche Regelung zur Aufteilung der Rentenanwartschaften nach der Scheidung ist ebenfalls stark geschützt.
  • Nachehelicher Unterhalt: hier besteht ein gewisser Gestaltungsspielraum, aber der Schutz ist noch deutlich erkennbar.
  • Zugewinnausgleich: am äußersten Rand des Modells steht der Zugewinnausgleich, der rechtlich am wenigsten geschützt ist und daher am ehesten durch Eheverträge modifiziert oder ausgeschlossen werden kann.

Diese Abstufung zeigt, dass Eingriffe in den Zugewinnausgleich grundsätzlich zulässig sind, solange sie nicht sittenwidrig oder unangemessen benachteiligend sind.

Schichtenmodell in der Praxis

In einem aktuellen Fall (BGH, Urteil vom 18. Januar 2023, Az. XII
ZB 395/24
) musste der BGH über einen Ehevertrag entscheiden, der den Zugewinnausgleich einseitig zugunsten des Unternehmers ausschloss. 

Die Ehefrau, die ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert hatte und somit intellektuell auf Augenhöhe mit dem Ehemann war, hatte sich im Vertrag auch für die Zeit nach der Ehe abgesichert. Damit stand sie nicht völlig schutzlos da.

Der BGH stellte fest, dass die schwache Bindung des Zugewinnausgleichs es in diesem Fall nicht rechtfertigte, den Ehevertrag als sittenwidrig oder unwirksam zu verwerfen. Das Gericht betonte, dass der einseitige Ausschluss in einer Unternehmerehe zulässig sein kann, solange keine groben Ungerechtigkeiten vorliegen und die wirtschaftlich schwächere Partei nicht unangemessen benachteiligt wird.

Fazit & Empfehlung

Dieses Urteil verdeutlicht, dass Eheverträge in Unternehmerehen, die den Zugewinnausgleich ausschließen, wirksam sein können. Entscheidend ist dabei, dass die individuellen Umstände beider Partner berücksichtigt werden und der Vertrag transparent und fair gestaltet ist. Für die Rechtspraxis empfiehlt es sich, die Abstufung des BGH-Modells genau zu beachten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

  • Kernbotschaft: Ein Zugewinnausschluss ist grundsätzlich zulässig, muss jedoch die Billigkeitsprüfung des BGH-Modells bestehen.

  • Empfehlung: Unternehmer und ihre Partner sollten stets juristische Beratung suchen, um einen klaren und ausgewogenen Vertrag zu erstellen, der die Absicherung der schwächeren Partei gewährleistet.

„Deine, meine, unsere“ -– Erbrecht in Patchworkfamilien: OLG Düsseldorf klärt Testament-Formulierung

Patchworkfamilien stehen vor besonderen Herausforderungen, wenn es um das Erbrecht geht. Ein jüngstes Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf wirft ein wichtiges Licht auf die Auslegung von Testamenten in solchen Konstellationen und unterstreicht die Notwendigkeit präziser Formulierungen. rsw.beck

Der Sachverhalt: Wer ist der „Sohn“?

Ein kinderloser Mann, der in einer Patchworkfamilie lebte, setzte in seinem Testament den „Sohn“ seiner Ehefrau als Erben ein. Nach seinem Tod entstand ein Rechtsstreit darüber, ob der Stiefsohn tatsächlich als Erbe gemeint war.

Das Urteil und seine Begründung

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.01.2024, Az.: 3 Wx 116/25) entschied, dass der Stiefsohn als Erbe anzusehen ist. Die Richter begründeten dies damit, dass es für die Erbeinsetzung auf den wirklichen Willen des Erblassers ankommt, der aus dem gesamten Testament und den Umständen abgeleitet werden kann.

Das Gericht stellte fest:

  • Die Formulierung „mein Sohn“ konnte in diesem spezifischen Fall eindeutig dem Stiefsohn zugeordnet werden.

  • Maßgeblich sei der im Testament erkennbare Wille des Verfassers und die Gesamtumstände.

  • Ein Erbschein war daher zu erteilen.
  • Das Urteil unterstreicht, dass vage Formulierungen wie „mein Sohn“ oder „meine Familie“ jedoch erhebliche Unsicherheiten und Rechtsstreitigkeiten verursachen können.

Fazit & Empfehlung: Klare Formulierungen schaffen Sicherheit

Dieses Urteil ist ein klares Signal an Patchworkfamilien: Vertrauen Sie bei der Testamentserstellung nicht auf die Annahme, dass der Wille offensichtlich ist. Um Missverständnisse und Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden, ist eine klare und unmissverständliche Sprache entscheidend.

  • Kernbotschaft: Der Wille des Erblassers ist entscheidend, doch vage Formulierungen im Testament können zu langen Rechtsstreitigkeiten führen.

  • Empfehlung: Holen Sie fachkundigen juristischen Rat ein, um Ihren letzten Willen unmissverständlich zu formulieren.

 

Umbettung einer Urne wegen „trostloser“ Friedwiese? – VG Hannover betont Bedeutung der letzten Ruhestätte

Das Verwaltungsgericht Hannover (VG Hannover, Urteil vom 13.03.2024, 1 A 3479/23) hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, wie hoch die rechtlichen Hürden für die Umbettung einer Urne sind, wenn Angehörige mit der gewählten letzten Ruhestätte im Nachhinein unzufrieden sind.

„Keine Umbettung wegen ‚trostloser‘ Friedwiese“ – so lässt sich die Entscheidung zusammenfassen.

Sachverhalt

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Erbe nach der Beisetzung seiner verstorbenen Mutter auf einer pflegefreien Urnengrabstelle („Friedwiese“) festgestellt, dass die Gestaltung der Grabstätte nicht seinen Vorstellungen entsprach. Die Fläche war – wie bei vielen modernen Friedwiesen üblich – schlicht gehalten, ohne individuelle Bepflanzung oder Grabschmuck.

Der Erbe empfand die Ruhestätte als „trostlos“ und beantragte daher die Umbettung der Urne auf einen anderen Friedhof. Zugleich wollte er den Vertrag mit dem Friedhofsbetreiber kündigen und die gezahlten Gebühren zurückfordern.

Rechtliche Würdigung

Das Gericht stellte klar, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht und die Totenruhe (§ 1 Abs. 1 Nds. Bestattungsgesetz – BestattG) einen besonders hohen Stellenwert genießen. Die „letzte Ruhestätte“ ist rechtlich tatsächlich als solche zu verstehen – ein späterer Ortswechsel ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig.

Die maßgeblichen Vorschriften sind:

  • § 1 Abs. 1 Nds. Bestattungsgesetz (BestattG): Schützt die Würde Verstorbener und die Totenruhe.

  • § 15 BestattG: Regelt die Umbettung von Leichen und Urnen. Eine Umbettung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und nach behördlicher Genehmigung zulässig.

Das Gericht betonte,

  • dass die Unzufriedenheit mit der Gestaltung der Grabstätte oder eine nachträglich als „trostlos“ empfundene Atmosphäre keinen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes darstellt.
  • Die Entscheidung über die letzte Ruhestätte ist endgültig und kann nicht beliebig revidiert werden.
  • Der Vertrag mit dem Friedhofsbetreiber kann nicht einfach wegen Unzufriedenheit gekündigt werden, sofern die vereinbarte Leistung – hier die Beisetzung auf einer pflegefreien Friedwiese – ordnungsgemäß erbracht wurde.

Rechtsprechung: Die letzte Ruhestätte ist (fast) endgültig

Die Rechtsprechung nimmt das Prinzip der letzten Ruhestätte sehr ernst.

Nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei schwerwiegenden Störungen der Totenruhe oder zwingenden familiären Gründen, kann eine Umbettung genehmigt werden (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 09.01.2017, 8 ME 189/16).

Die bloße Unzufriedenheit mit der Gestaltung oder Atmosphäre des Grabfeldes reicht hierfür nicht aus.

Fazit & Empfehlung

Das Urteil des VG Hannover unterstreicht, dass die Wahl einer Grabstätte eine nahezu endgültige Entscheidung ist. Persönliche Unzufriedenheit mit dem Erscheinungsbild einer Friedwiese oder einer anderen Bestattungsform reicht nicht aus, um die richterlich geschützte Totenruhe zu brechen.

  • Die Umbettung einer Urne oder eines Sarges ist in der Rechtsprechung an strengste Voraussetzungen geknüpft.

  • Empfehlung für Hinterbliebene: Wägen Sie die Entscheidung für eine Bestattungsart und Grabstätte sorgfältig ab, da eine nachträgliche Änderung rechtlich kaum durchsetzbar ist.

Elternunterhalt, Sozialhilferegress und die „Einheit der Rechtsordnung“ – Wenn Theorie und Praxis auseinandergehen

Jurastudierende lernen schon im ersten Semester das Schlagwort von der Einheit der Rechtsordnung: Ein und dieselbe Rechtsfrage soll in allen Rechtsgebieten möglichst gleich beantwortet werden.

Doch die Praxis zeigt, dass diese Einheit oft an den Grenzen der einzelnen Rechtsgebiete scheitert.

Besonders deutlich wird dies im Spannungsfeld zwischen dem Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und dem Sozialrecht, wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt (BGH, Beschluss vom 23.10.2024 – XII ZB 6/24).

Der Fall: Elternunterhalt und Einkommensgrenze

Im entschiedenen Fall verlangte ein Sozialhilfeträger von einem Sohn die Erstattung von Pflegekosten für seine Mutter, nachdem diese Sozialhilfe bezogen hatte.

Der Sohn hatte ein Jahresbruttoeinkommen von 133.000 €, also über der im Angehörigen-Entlastungsgesetz (§ 94 Abs. 1a SGB XII) festgelegten Grenze von 100.000 €.

Die Vorinstanzen hatten argumentiert, dass der Sohn wegen seines tatsächlichen Nettoeinkommens und der zu berücksichtigenden Selbstbehaltsgrenzen nicht leistungsfähig sei.

Der BGH aber stellte klar: Die Einkommensgrenze von 100.000 € in § 94 Abs. 1a SGB XII ist eine absolute Bruttogrenze. Wird sie überschritten, gehen sämtliche Unterhaltsansprüche auf den Sozialhilfeträger über. Die unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltsregelungen (z. B. § 1603 BGB) oder eine pauschale Nettojahresgrenze spielen hier keine Rolle.

Die maßgeblichen Paragrafen

  • § 1601 BGB: Begründet die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern.

  • § 1603 BGB: Regelt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Selbstbehalt.

  • § 94 SGB XII: Ordnet den Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Sozialhilfeträger an, wenn Sozialhilfe gewährt wird.

  • § 94 Abs. 1a SGB XII: Schließt den Übergang von Unterhaltsansprüchen aus, wenn das Jahresbruttoeinkommen des Kindes unter 100.000 € liegt.

Unterschiedliche Rechtsfolgen in BGB und SGB XII

Aspekt Unterhaltsrecht (BGB) Sozialrecht (SGB XII, § 94 Abs. 1a)
Maßstab für Leistungsfähigkeit Individuelle Prüfung nach Einkommen, Selbstbehalt, weiteren Verpflichtungen (§§ 1603, 1610 BGB) Starre Bruttogrenze von 100.000 € (§ 94 Abs. 1a SGB XII)
Berücksichtigung von Freibeträgen/ Ja, detaillierte Einzelfallprüfung, z. B. Mindestselbstbehalt von 2.650 € (BGH, 23.10.2024, XII ZB 6/24) Nein, sobald die Bruttogrenze überschritten ist, keine weitere Prüfung
Selbstbehalt    
Überleitung auf Sozialhilfeträger Nur bei Leistungsfähigkeit nach BGB-Maßstäben Automatisch bei Überschreiten der Bruttogrenze, unabhängig vom realen Nettoeinkommen
 

Der BGH hat ausdrücklich betont, dass die sozialrechtliche Wertung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes nicht in das bürgerliche Unterhaltsrecht „hineinstrahlt“.

Die Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a SGB XII ist nicht analog auf andere unterhaltsrechtliche oder schenkungsrechtliche Fragen übertragbar (BGH, Urteil vom 16.04.2024 – X ZR 14/23).

Fazit: Einheit der Rechtsordnung – ein Wunschtraum?

Der Fall zeigt exemplarisch, dass die Einheit der Rechtsordnung in der Praxis an den Grenzen der einzelnen Rechtsgebiete scheitert.

Während das Unterhaltsrecht des BGB eine individuelle Prüfung der Leistungsfähigkeit vorsieht, zieht das Sozialrecht eine starre Bruttogrenze.

Wer also im Sozialrecht die Einkommensgrenze überschreitet, kann sich nicht auf unterhaltsrechtliche Freibeträge oder Selbstbehalte berufen. Umgekehrt wirkt das Angehörigen-Entlastungsgesetz nicht auf andere bürgerlich-rechtliche Ansprüche aus.

Wichtiger Hinweis:
Ich biete selbst keine sozialrechtliche Beratung an. Für Fragen zum Sozialrecht, insbesondere zum Sozialhilferegress, verweise ich gerne auf meinen Kooperationspartner Herrn Holger Thiess, Fachanwalt für Sozialrecht.

Ein interessantes Urteil aus dem Mietrecht – und warum Worte für Juristen zählen

Obwohl ich seit Jahren kein Mietrecht mehr bearbeite, ist mir unlängst ein Urteil begegnet, das ich für so allgemein bedeutsam halte, dass ich es an dieser Stelle vorstellen möchte.

Es zeigt exemplarisch, wie entscheidend präzise Formulierungen und schriftliche Bestätigungen im juristischen Alltag sind – und wie schnell sich daraus weitreichende Konsequenzen ergeben können.

Der Sachverhalt des Urteils

Im Mittelpunkt des Urteils stand die Frage, wie mit der Wohnsituation nach einer Trennung umzugehen ist, insbesondere wenn die Wohnung nicht dem Paar selbst, sondern beispielsweise der Schwiegermutter gehört.

Nach einer Trennung muss die Wohnsituation oft neu geregelt werden. Gerade in Zeiten von knappem und teurem Wohnraum führt dies regelmäßig zu Streitigkeiten darüber, wer in der bisherigen Ehewohnung verbleiben darf.

Im konkreten Fall vor dem Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 03.04.2024 – 21 UF 237/24) ging es darum, dass nach der Trennung eines Ehepaares die Wohnung der Schwiegermutter gehörte.

Die zentrale Frage war: Wer darf bleiben? Und wie lange?

Das Gericht musste klären, ob und wie lange ein Ehepartner nach der Trennung in der Wohnung verbleiben kann, wenn diese einem Dritten (hier der Schwiegermutter) gehört.

Besonders relevant wurde dies, als die Schwiegermutter Eigenbedarf anmeldete und die Nutzung der Wohnung durch das getrennte Paar beenden wollte.

Maßgebliche Paragrafen

Für die Entscheidung waren folgende Vorschriften maßgeblich:

  • § 1361b BGB: Regelt die Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten
    während der Trennung.
  • § 1568a BGB: Regelt die Wohnungszuweisung nach der Scheidung.

Die Vorschriften verlangen eine Abwägung der Interessen beider Ehegatten sowie gegebenenfalls der Kinder und berücksichtigen auch die Eigentumsverhältnisse und Lebensumstände.

Das OLG Celle stellte klar, dass bei einer Wohnung im Eigentum Dritter das Nutzungsrecht des Ehegatten nicht grenzenlos ist.

Insbesondere kann der Eigentümer – hier die Schwiegermutter – unter bestimmten Voraussetzungen Eigenbedarf geltend machen und so die Nutzung durch das getrennte Paar beenden (OLG Celle, Urteil vom 03.04.2024 – 21 UF 237/24).

Ehebruch im deutschen Recht: Von der Strafbarkeit zur Disziplinarmaßnahme – Ein Blick auf das aktuelle Urteil des BVerwG

In der öffentlichen Wahrnehmung ist Ehebruch heute weitgehend eine private Angelegenheit – und das spiegelt sich auch in der deutschen Rechtsordnung wider.

Anders als noch vor wenigen Jahrzehnten zieht ein Seitensprung keine strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Konsequenzen mehr nach sich.

Dennoch gibt es Ausnahmen, wie ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zeigt, das für Soldaten von besonderer Bedeutung ist.

Ehebruch: Früher strafbar, heute Privatsache

Bis in die 1970er Jahre war Ehebruch in Deutschland tatsächlich strafbar. Nach § 194 StGB a.F. konnte ein Ehebrecher – auf Antrag des verletzten Ehegatten – mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe belegt werden. Auch im Eherecht hatte der Ehebruch erhebliche Folgen: Nach § 47 Ehegesetz (1938) war er ein klassischer Scheidungsgrund, und bis 1983 verbot § 9 Ehegesetz sogar die Heirat mit dem Mitschuldigen3.

Mit der großen Familienrechtsreform 1977 wurde das sogenannte Verschuldensprinzip abgeschafft.

Seitdem gilt das Zerrüttungsprinzip: Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie „gescheitert“ ist (§ 1565 Abs. 1 BGB).

Die Schuldfrage spielt für die Scheidung und deren Folgen – etwa beim Unterhalt oder Sorgerecht – grundsätzlich keine Rolle mehr.

Nur in seltenen Ausnahmefällen, etwa bei einer sogenannten Härtefallscheidung (§ 1565 Abs. 2 BGB), kann das Verhalten eines Ehegatten noch relevant sein – aber selbst hier reicht ein bloßer Ehebruch in der Regel nicht aus5.

Keine Schadenersatzansprüche wegen Ehebruchs

Auch zivilrechtlich hat der Ehebruch heute keine direkten finanziellen Folgen: Weder Schadensersatz- noch Schmerzensgeldansprüche bestehen im Regelfall.

Die Gerichte sehen die Verletzung der ehelichen Treue als höchstpersönliche Pflicht, deren Verletzung keine zivilrechtlichen Sanktionen nach sich zieht6.

Sonderfall Bundeswehr: Kameradschaftspflicht und Disziplinarmaßnahmen

Doch es gibt Ausnahmen von dieser Privatisierung des Ehebruchs – und eine davon betrifft Soldaten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.06.2025 (BVerwG 2 WD 14.24) entschieden, dass ein Soldat, der mit der Ehefrau eines Kameraden ein Verhältnis eingeht, disziplinarrechtlich belangt werden kann.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Hauptfeldwebel mit der Ehefrau eines befreundeten Mannschaftssoldaten ein Verhältnis begonnen, kurz nachdem der Ehemann in Trennungsabsicht ausgezogen war.

Die Beziehung endete nach wenigen Wochen, die Ehe des Kameraden scheiterte.

Das Truppendienstgericht verhängte ein Beförderungsverbot und eine Kürzung der Dienstbezüge – das BVerwG bestätigte die disziplinarische Ahndung, milderte die Sanktion aber ab.

Rechtliche Begründung: Schutz der Kameradschaft

Die Richter betonten, dass die Kameradschaftspflicht in der Bundeswehr eine gesetzlich normierte Rechtspflicht ist (§ 12 Soldatengesetz – SG).

Soldaten sind verpflichtet, die Würde, Ehre und Rechte ihrer Kameraden zu achten. Der Bruch einer Kameradenehe – und damit die Missachtung des Anspruchs auf eheliche Treue (§ 1353 BGB) – stellt eine Verletzung dieser Pflicht dar und kann das Vertrauensverhältnis innerhalb der Truppe und damit die Einsatzbereitschaft gefährden.

Die Missachtung der Ehe kann ebenso wie die Verletzung anderer Rechte des Kameraden das alltägliche Leben in der militärischen Gemeinschaft massiv belasten und die Bereitschaft, in Krisensituationen füreinander einzustehen, gefährden.“ (BVerwG, Urteil vom 13.06.2025 – 2 WD 14.24).

Das Gericht stellte klar: Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft endet nicht mit der räumlichen Trennung, sondern erst mit dem Scheitern der Ehe (§ 1352 Abs. 2 BGB, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Beteiligung am Ehebruch kann daher eine Disziplinarmaßnahme rechtfertigen – insbesondere, wenn ein dienstliches Näheverhältnis besteht und konkrete Auswirkungen auf den Dienstbetrieb drohen.

Fazit: Ein Relikt aus vergangenen Zeiten – und doch noch aktuell

Das Verschuldensprinzip ist im deutschen Familienrecht weitgehend abgeschafft – und das ist gut so.

Die Schuldfrage belastet Scheidungen unnötig und führt selten zu gerechten Ergebnissen.

Der hier besprochene Fall ist daher eher eine ungewöhnliche Anekdote aus dem Disziplinarrecht der Bundeswehr als Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen oder rechtlichen Trends.

Für die meisten Menschen bleibt Ehebruch heute eine private Angelegenheit – und das sollte auch so bleiben.

Schutzmaßnahmen nach der Trennung: Ein Fall aus der Praxis und seine rechtlichen Konsequenzen

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Fachanwalt für Familienrecht weiß ich, wie wichtig es ist, nach einer Trennung rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

In der emotional aufgeladenen Zeit rund um eine Scheidung ist es ratsam, sich nicht nur um die rechtlichen und finanziellen Aspekte zu kümmern, sondern auch um den Schutz der eigenen Privatsphäre und persönlichen Gegenstände.

Empfohlene Schutzmaßnahmen nach der Trennung

Nach einer Trennung rate ich meinen Mandantinnen und Mandanten immer, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Wichtige Dokumente (z. B. Geburtsurkunden, Zeugnisse, Verträge) in Sicherheit bringen.
  • Wertgegenstände und Erinnerungsstücke, die einen besonderen ideellen Wert haben, an einem sicheren Ort verwahren.
  • Passwörter für Computer, Handy, E-Mail-Konten und soziale Netzwerke ändern.
  • PIN-Nummern für Bankkarten und andere Zugänge anpassen.
  • Insbesondere: Fotos, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, sichern und ggf. löschen.

Gerade der letzte Punkt ist leider keine übertriebene Vorsichtsmaßnahme, wie ein aktueller Fall vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach zeigt.

Der Fall: Verbreitung intimer Fotos durch den Ex-Partner

Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein Mann, der nach der Trennung intime Fotos seiner Ex-Frau an Dritte weitergeleitet haben soll.

Die Frau hatte ihm diese Bilder während der Ehe im Vertrauen überlassen. Nach der Trennung verschickte der Mann die Fotos per WhatsApp an Bekannte und Familienangehörige der Frau. Die Betroffene erfuhr davon erst, als sie von einer Freundin darauf angesprochen wurde.

Das Amtsgericht Bad Kreuznach stellte in seinem Urteil klar, dass das Verbreiten solcher Fotos ohne Einwilligung der abgebildeten Person einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) sowie einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild (§ 22 Kunsturhebergesetz – KUG) darstellt. Darüber hinaus ist das Verhalten strafbar nach § 201a Abs. 2 StGB („Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“).

Das Gericht verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe und betonte in den Urteilsgründen, dass der Schutz der Intimsphäre auch nach dem Ende einer Beziehung uneingeschränkt gilt (Amtsgericht Bad Kreuznach, Urteil vom 04.06.2024, Az. 12 Cs 123/24).

Zitat aus der einschlägigen Rechtsprechung:

Das Verbreiten intimer Bildaufnahmen ohne Einwilligung der abgebildeten Person stellt einen schwerwiegenden Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar und ist grundsätzlich unzulässig. –
(BGH, Urteil vom 13.04.2021, VI ZR 1206/20)

Was können Sie tun, wenn Sie betroffen sind?

Sollten Sie nach einer Trennung das Gefühl haben, dass sensible Daten oder Fotos in den Händen Ihres Ex-Partners nicht sicher sind, handeln Sie umgehend:

  • Sichern Sie alle für Sie wichtigen Dateien und löschen Sie diese von gemeinsam genutzten Geräten.
  • Ändern Sie alle Zugangsdaten, um einen unbefugten Zugriff zu verhindern.
  • Suchen Sie rechtlichen Beistand, um Ihre Ansprüche durchzusetzen und ggf. strafrechtliche Schritte einzuleiten.

Fazit: Verantwortung und Respekt auch nach der Trennung

Das Gericht gab den Parteien mit auf den Weg, dass es „eine Sauerei gewesen wäre, wenn der Ehemann tatsächlich so gehandelt hätte“.

Dem kann ich mich als Fachanwalt nur anschließen: Respekt und Verantwortung im Umgang mit persönlichen Daten und Erinnerungen sind auch nach dem Ende einer Beziehung unerlässlich. Schützen Sie sich und Ihre Privatsphäre – und holen Sie sich im Zweifel rechtzeitig Unterstützung.

Privatschule, Sonderbedarf und die Kostenfrage im Sorgerecht: Aktuelle Rechtsprechung des OLG Nürnberg


Praktische Bedeutung von Privatschul- und Sonderbedarfskosten

In familienrechtlichen Mandaten sind Mehrkosten für Privatschulen oder vergleichbare Sonderbedarfe regelmäßig ein Streitthema.

Gerade nach einer Trennung stellt sich häufig die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Elternteil den anderen an den erhöhten Kosten beteiligen kann – etwa, wenn ein Kind eine teure Privatschule besucht.

Praktisch relevant ist dies insbesondere dann, wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht innehat und eigenständig eine Schulform wählt, die mit Mehrkosten verbunden ist.

Alleinsorge, Schulwahl und Kostenübernahme

Hat ein Elternteil das alleinige Sorgerecht, kann er grundsätzlich auch allein über die Schulform entscheiden.

In diesen Fällen kann der andere Elternteil unter Umständen zur Beteiligung an den Mehrkosten verpflichtet werden, sofern die Kosten für die Privatschule als angemessener Sonderbedarf im Sinne von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzusehen sind und die Entscheidung dem Kindeswohl entspricht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 12.12.2018, X ZR 123/17) können Mehrkosten für eine Privatschule als Sonderbedarf geltend gemacht werden, wenn sie notwendig und angemessen sind.

Gemeinsame Sorge und die Notwendigkeit der Zustimmung

Anders liegt der Fall, wenn beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind.

Nach § 1626 BGB haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen.

Bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind – dazu zählt insbesondere die Wahl oder der Wechsel der Schulform – ist nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zustimmung beider Elternteile erforderlich.

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass der Wechsel auf eine Privatschule mit erheblichen Mehrkosten eine solche Angelegenheit von erheblicher Bedeutung darstellt (OLG München, Urteil vom 20.06.2019, 34 UF 78/18).

§ 1638 BGB regelt zudem ausdrücklich, dass bei außergewöhnlichen Maßnahmen die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich ist. Die Schulwahl oder ein Wechsel der Schulform fällt regelmäßig unter diese außergewöhnlichen Maßnahmen.

Das aktuelle Urteil des OLG Nürnberg (10 UF 118/24)

Im vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall lag eine besondere Konstellation vor: Die Entscheidung für die Privatschule wurde ursprünglich gemeinsam von beiden Eltern getroffen.

Nach der Trennung wollte ein Elternteil die Schulwahl rückgängig machen und verlangte die Zustimmung des anderen Elternteils zur Kündigung des Privatschulvertrags.

Das OLG Nürnberg stellte klar, dass eine einseitige Entscheidung über die Beendigung des Privatschulbesuchs nicht möglich ist, solange beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind und die Entscheidung ursprünglich gemeinsam getroffen wurde.

Die Zustimmung des anderen Elternteils bleibt erforderlich, weil es sich um eine außergewöhnliche Maßnahme im Sinne des § 1638 BGB handelt.

Das Gericht entschied, dass die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich ist, wenn die Schulform geändert wird, da dies eine außergewöhnliche Maßnahme im Sinne des § 1638 BGB darstellt.

Fazit: Klare Rechtslage, aber trotzdem Streit bis zum OLG

Obwohl die Rechtslage in Fällen gemeinsamer elterlicher Sorge eigentlich eindeutig ist, musste der aktuelle Fall bis zum Oberlandesgericht ausgetragen werden.

Dies zeigt, wie konfliktträchtig und praxisrelevant die Frage der Schulwahl und der damit verbundenen Kosten im Familienrecht ist.

Die Entscheidung des OLG Nürnberg (Urteil vom 10.04.2025, 10 UF 118/24) bestätigt noch einmal, dass bei wesentlichen Entscheidungen wie der Schulwahl stets beide Elternteile einbezogen werden müssen – andernfalls ist eine einseitige Verpflichtung zur Kostenübernahme ausgeschlossen.

Für Fragen zur Schulwahl, Sonderbedarf und Unterhaltsrecht stehen wir Ihnen als erfahrener Anwalt für Familienrecht gerne beratend zur Seite.

Online-Eheschließungen, EU-Recht und deutsche Formvorschriften: Was Paare wissen sollten

Innerhalb der Europäischen Union (EU) besteht grundsätzlich die Pflicht, Ehen, die in einem anderen EU-Land nach dortigem Recht wirksam geschlossen wurden, anzuerkennen.

Diese Anerkennungspflicht ist ein Eckpfeiler des europäischen Familienrechts und sichert Paaren das Recht auf Freizügigkeit sowie das Familienleben in der gesamten EU.

Das bedeutet: Wer beispielsweise in Frankreich oder Spanien heiratet, kann sich darauf verlassen, dass seine Ehe auch in Deutschland, Italien oder jedem anderen EU-Staat grundsätzlich als rechtmäßig gilt – zumindest, was die Rechte nach EU-Recht betrifft, wie etwa das Recht auf Familienzusammenführung oder Freizügigkeit.

Nationale Rechte, wie etwa Erb- und Unterhaltsansprüche, können jedoch weiterhin dem jeweiligen nationalen Recht unterliegen.

Der Fall: Video-Hochzeit nach US-Recht – Anerkennung in Bulgarien, nicht in Deutschland

In einem aktuellen Fall stand eine Ehe im Mittelpunkt, die per Videotelefonie nach dem Recht des US-Bundesstaats Utah geschlossen wurde.

Diese Online-Eheschließung wurde in Bulgarien anerkannt, weshalb das Paar (ein Türke und eine Bulgarin) argumentierte, dass auch Deutschland diese Ehe anerkennen müsse.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied jedoch anders: Die Ehe ist in Deutschland unwirksam, auch wenn sie in einem anderen EU-Land anerkannt wird4.

Unterschied: Anerkennung in Bulgarien vs. Hochzeit in Bulgarien

Hier ist ein wichtiger Unterschied zu beachten: Im Fall der Video-Hochzeit ging es nicht darum, dass die Ehe in Bulgarien selbst geschlossen wurde, sondern lediglich um die Anerkennung einer nach US-Recht geschlossenen Ehe durch Bulgarien.

Damit ist die Ehe zwar in Bulgarien wirksam, aber nicht als eine nach bulgarischem Recht geschlossene Ehe, sondern als eine nach US-Recht geschlossene, die Bulgarien ausnahmsweise anerkennt.

In Deutschland wird jedoch nicht die bulgarische Anerkennung als solche, sondern die Eheschließung nach US-Recht geprüft – und diese erfüllt die deutschen Formvorschriften nicht46.

Deutsche Formvorschriften: Persönliche Anwesenheit vor dem Standesbeamten

Nach deutschem Recht ist für eine wirksame Eheschließung zwingend erforderlich, dass beide Partner persönlich und gleichzeitig vor einem Standesbeamten anwesend sind (§§ 1310, 1311 BGB).

Diese Regelung dient dem Schutz der Eheleute und soll sicherstellen, dass die Ehe auf einer freien und bewussten Willensentscheidung beruht.

Eine Eheschließung per Videokonferenz – selbst wenn einer der Partner in Deutschland und der andere im Ausland ist – erfüllt diese Anforderungen nicht und ist daher nach deutschem Recht unwirksam.

Kein Verstoß gegen EU-Recht

Das Gericht sah im vorliegenden Fall keinen Verstoß gegen EU-Recht, da es dem Paar jederzeit möglich wäre, nach deutschem Recht erneut zu heiraten und so die formellen Voraussetzungen zu schaffen.

Warum das Paar dies nicht wollte, bleibt offen. Aus Sicht des EU-Rechts ist damit sichergestellt, dass das Recht auf Familienleben gewahrt bleibt – schließlich steht einer Eheschließung nach deutschen Vorschriften nichts im Wege.

Fazit und praktischer Rat

Die deutsche Rechtslage ist in dieser Frage derzeit eindeutig: Eine Online-Eheschließung nach US-Recht ist in Deutschland unwirksam, auch wenn sie in einem anderen EU-Land anerkannt wird.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die Eheschließung innerhalb der EU vornehmen.

Dänemark bietet sich hier als besonders beliebtes Ziel an, da die Unterlagen und Formalitäten für internationale Paare oft einfacher und schneller zu erfüllen sind als in Deutschland.

Die dort geschlossene Ehe wird dann in allen EU-Ländern anerkannt – und Sie ersparen sich viel Ärger und Unsicherheit.

Mein Tipp: Sprechen Sie vor einer Eheschließung mit einem erfahrenen Familienrechtler, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden und Ihre Rechte bestmöglich zu schützen.

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