Archiv für Kategorie: Mietrecht

Mietminderung bei Vertrag ohne Wohnflächenangabe

Seit Jahren kennt man im Internet das Akronym „wygiwys“ (What You Get Is What You See) oder zumindest die technische Anwendung im Rahmen der Seitenvorschau / Druckvorschau. Der BGH hat diesen Grundgedanken in einigen Entscheidungen auf das Mietrecht angewandt.

In dem er mehrfach ausführte, dass eine Wohnfläche, die kleiner als die vertraglich vereinbarte Wohnfläche den Mieter berechtigt, die Miete entsprechend zu mindern. Das ist durchaus konsequent. Wenn ich nicht kriege was ich bezahle, dann sollte ich nur das bezahlen müssen, was ich kriege.

Achtung: Der BGH geht dabei davon aus, dass es eine Wesentlichkeitsschwelle von 10 % Unterschreitung gibt. Diese findet sich zwar nirgends im Gesetz. Muss aber trotzdem vorliegen, wenn die Mietminderung vor Gericht auch Bestand haben soll.

Eine interessante Variation hat der BGH in seinem Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 256/09 zu entscheiden gehabt. Der schriftliche Mietvertrag enthielt keine Angabe zur Größe der Wohnung, die auch in dem verwendeten Vordruck nicht vorgesehen ist. Von einer Maklerin war die Wohnung zuvor in einer Zeitungsannonce mit einer Größe von rund 76 Quadratmeter angeboten worden. Der Mieterin wurde zudem vor dem Abschluss des Vertrages eine Grundrissskizze sowie eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wurde. Tatsächlich ist die Wohnung jedoch nur 53,25 Quadratmeter groß, woraufhin die Mieterin ihre anteilige Miete zurückforderte. Der achte Zivilsenat des BGH entschied, dass die Parteien eine Vereinbarung über die Wohnfläche getroffen hätten. Für den Mieter ist dies eine gute Entscheidung. Kann er sich doch auf Werbeaussagen – mit den dargestellten Einschränkungen – auch dann verlassen, wenn diese nicht explizit in den Mietvertrag aufgenommen worden sind. Dem Vermieter hingegen kann, obwohl dies eine atypische Einzelfallentscheidung ist, nur dringend angeraten werden, nicht erst bei Vertragsschluss auf die korrekte Angabe der Wohnungsgröße u.a. zu achten. Weil fortan verstärkt damit gerechnet werden muss, dass Gerichte vorvertragliche Aussage als Inhalt des Vertrages mit heranziehen werden.

Mietrecht – Abgebrochene Schlüssel im Mietrecht


Marmor Stein und Eisen bricht

und manchmal eben auch ein Schlüssel. Das ist sicherlich nicht überraschend. Doch die Frage, wer für die Kosten eines in der Hand des Mieters abgebrochenem Schlüssels aufkommen muss, kann u.U. schon überraschend sein.

Sachverhalt

Das Amtsgericht Halle hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Dem Mieter einer Wohnung brach der Briefkastenschlüssel ab, was er seinem Vermieter sofort anzeigte. Der ließ das Briefkastenschloss austauschen und zahlte dafür 75,45 EUR. Diese Kosten und die für seinen Anwalt klagte er gegen seinen Mieter ein. Der Vermieter und sein Anwalt gingen dabei davon aus, dass der Mieter, in dessen Obhut und alleiniger Gewalt der Schlüssel gewesen war, vor Gericht beweisen müsste, dass ihn kein Verschulden traf.

Ihr Problem

Das Amtsgericht Halle hat in seinem Urteil vom 17.3.2010, 93 C 4044/08, dies anders beurteilt. Zwar muss ein Mieter die gemieteten Sachen schonend und pfleglich behandeln. Trotzdem muss der Vermieter die für ihn günstige Tatsache, dass der Mieter einen Verstoß gegen diese Obhutspflicht begangen hat, nach allgemeinen Regeln beweisen. Dies fällt dem Vermieter, der normalerweiser nicht dabei ist, wenn der Schlüssel abbricht, naturgemäß schwer.

So war es auch hier. Und so hatte der Vermieter in dem Rechtsstreit hierzu nichts gesagt. Aus diesem Grund hat das Gericht unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schlüssel wegen Materialermüdung abbrechen können, den Vermieter die Kosten für den Austausch des Schlosses tragen lassen.

Lösungsvorschlag

Aus diesem Grund hat es sich bewährt, eine sogenannte „Kleinreparaturklausel“ in den Mietvertrag aufzunehmen. In vielen Formularmietverträgen ist dies heute bereits vorgesehen. Hierbei können – bis zu gewissen Grenzen – Einzelreparaturen auch ohne konkretes Verschulden des Mieters auf ihn umgelegt werden.

Mietrecht – Wer die Beweislast hat verliert

„Warum hast Du eigentlich Jura studiert?“ fragt mich manch einer, wenn ich erzähle, dass deutlich über 90 % der Fälle nicht durch juristische Fragen, sondern allein aufgrund des Sachverhaltes entschieden werden.

„Um zu wissen, welche Tatsachen streitentscheidend sind und wann tatsächlich einmal juristisch vorgetragen werden muss.“ könnte eine denkbare Antwort lauten.

„Weil es mir einfach Spaß macht!“wäre eine andere mögliche Antwort. Das mit dem siegreichen Sachverhalt zeigt sich in letzter Konsequenz dann, wenn die Entscheidung aufgrund der gesetzlichen
Beweislastverteilung erfolgt.

Was mir nützen soll, muss ich auch behaupten und beweisen

Ganz allgemein gilt, dass jeder in einem Zivilprozess immer das vortragen muss, was günstig für ihn ist. Das Gericht darf nur das bei der Entscheidung (dem Urteil) zugrunde legen, was die Parteien überhaupt vortragen. Und jeder muss nötigenfalls alles beweisen, was für ihn günstig sein soll. Anderenfalls wird es vom Gericht nicht weiter beachtet. Es gibt einige wenige spezielle Ausnahmen.

Konkretes Beispiel aus dem Mietrecht

Das Kammergericht Berlin hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem es zu einem Wasserschaden von über EUR 50.000 kam. Aus einem geöffneten Wasserhahn unterhalb des Waschbeckens in den Räumen des Mieters war eine große Mengen Wasser ausgetreten.

Es überschwemmte nicht nur die Etage, sondern auch das Treppenhaus. Der Vermieter verlangte von dem Mieter Schadensersatz. Dieser verteidigte sich damit, dass der Vermieter beweisen müsse, dass der Schaden durch eine vom Mieter zu verantwortende Pflichtverletzung entstanden sei.

Das Gericht folgte hier dieser Argumentation hinsichtlich der Beweislastverteilung jedoch nicht, weil es erwiesen war, dass der Wasserhahn nicht ordnungsgemäß verschlossen war. Wenn allerdings ein Schaden beim Gebrauch der Mietsache entstanden ist und ausgeschlossen sei, dass der Vermieter die Verantwortung treffe, trage der Mieter die Beweislast. Er müsse nachweisen, dass er den Schadenseintritt nicht zu vertreten habe.

“Hier ist das Wasser, das den Schaden verursachte, unstreitig aus einem nicht geschlossenen Wasserhahn, der sich in den von der Beklagten angemieteten Räumen befindet, ausgeströmt.

Das Benutzen von Wasserhähnen gehört eindeutig zum Mietgebrauch. Das Schließen eines Wasserhahns gehört auch nicht in den Obhuts- und Verursachungsbereich des Vermieters. Die Beweislast für das Fehlen einer objektiven Pflichtwidrigkeit und des Verschuldens liegt daher bei der Beklagten. Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass zunächst der Vermieter beweisen müsse, dass nicht ein sonstiger Defekt des Wasserhahns Ursache für das Austreten des Wassers gewesen ist. Denn welchen Defekt auch immer die Beklagte dabei im Sinn haben mag, das Wasser wäre jedenfalls nicht ausgetreten, wenn der Wasserhahn zugedreht gewesen wäre. Das war aber unstreitig nicht der Fall. Zu Recht hat schon das Landgericht darauf hingewiesen, dass sich Wasserhähne nicht von allein aufdrehen.”

Da der Mieter diesen Beweis nicht führen konnte hat das Kammergericht in seinem Urteil vom 31.05.2010 – 12 U 147/09 – daher der Klage des Vermieters stattgegeben.

Mietrecht – Kaution beim Finanzierungsleasing

Wir haben neulich darauf hingewiesen, dass Leasing dem Grunde nach Miete ist. Aber Miete ist nicht gleich Miete. Daher kann es zu deutlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschieden kommen.

Über einen Fall, bei dem dies zum Tragen kam hat der BGH mit Urteil vom 18. 11.2009, Az.: VIII ZR 347/08 entschieden.

Der Leasingnehmer hatte bei dem Leasinggeber einen Lkw über 36 Monate mit einem festgelegten Restwert und einem Andienungsrecht des Leasinggebers geleast. Über den Restwert stellte der Leasingnehmer dem Leasinggeber eine Kaution. Für die Kaution war vertraglich folgendes vereinbart worden: „Hinterlegung einer Kaution in Höhe von Euro 8.000,00 bei der D. (Leasinggeber).“

Bei Vertragsende übte der Leasinggeber sein Andienungsrecht aus und verrechnete die Kaution mit dem Fahrzeugpreis. Daraufhin forderte der Leasingnehmer vom Leasinggeber die Zinsen für die Kaution gemäß dem sich aus § 352 HGB ergebenden Zinssatz. Im Vertrag fand sich keine Regelung zur Verzinsung der Kaution. Also prüften die Richter, ob eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand. Eine solche sieht § 551 BGB vor.

Der Bundesgerichtshof sah aber keinen Spielraum für die Übertragung dieser Rechtsnorm aus dem Wohnraummietrecht auf das vorliegende Kfz-Leasing-Verhältnis. Denn beim Wohnraummietrecht dient die Kaution dazu, im Fall einer Insolvenz die Verpflichtungen des Mieters abzusichern.

Im Gegensatz dazu ist beim Finanzierungsleasing die Kaution dafür gedacht, dem Leasinggeber die Amortisation zu sichern, d.h. zu seinen Gunsten soll sichergestellt sein, dass innerhalb der Laufzeit die Anschaffungs- und Finanzierungskosten vollständig bezahlt werden. Darauf deutete der Leasing-Vertrag hin, denn der Betrag der Kaution entsprach exakt dem des kalkulierten Restwertes. Die mieterfreundlichen Regelungen des Wohnraummietrechtes können daher hier nicht auf das Leasingverhältnis übertragen werden.

Mietrecht: Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Bei Kündigungen von Wohnraum sieht sich der Vermieter häufig genug dem Problem gegenüber, dass die Rechtsprechung an die Begründung der Kündigung Anforderungen stellt, die der Vermieter kaum bis gar nicht einhalten kann. Die mieterschützenden Normen des BGB werden hierbei z.T. extrem zugunsten der Mieter ausgelegt. Doch immer mal wieder schränkt der BGH diese Rechtsprechung der unteren Instanzen auch ein. Und zeigt Wege auf, wie ein Vermieter u.U. auch mit erfüllbarem Aufwand ein Mietverhältnis kündigen kann.

So hat der BGH in seinem Beschluss vom Beschluss vom 22. 12. 2003 – VIII ZB 94/ 03 – klargestellt:

Kündigt der Vermieter das Wohnungsmietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzuges des Mieters, so genügt er jedenfalls bei klarer und einfacher Sachlage seiner Pflicht zur Angabe des Kündigungsgrundes, wenn er in dem Kündigungsschreiben den Zahlungsverzug als Grund benennt und den Gesamtbetrag der rückständigen Miete beziffert. Die Angabe weiterer Einzelheiten wie Datum des Verzugseintritts oder Aufgliederung des Mietrückstandes für einzelne Monate ist entbehrlich.

Bei einer isolierten Räumungsklage, bei der es allein auf die Wirksamkeit der Kündigung ankommt, ist damit der Begründungsaufwand für den Vermieter erfüllbarer geworden. Wird hingegen auch Zahlung der rückständigen Mieten vom Mieter verlangt, so muss die Aufschlüsselung der einzelnen Forderungen natürlich genauer erfolgen. In dem konkreten Verfahren war dies nicht das Problem. Dort hatte das Sozialamt die rückständigen Mieten ausgeglichen und die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache wegen der Räumung für erledigt erklärt. Es ging nur noch um die Kosten. Die von der Vorinstanz noch dem Vermieter auferlegt worden waren.

Mietrecht: Umlegung der Grundsteuer auf den Mieter

Der BGH hat in seinem Urteil vom 26. 5. 2004 – VIII ZR 169/ 03 entschieden, dass der für die Betriebskosten vereinbarter Umlegungsmaßstab , auch für eine zu entrichtende Grundsteuer gilt. Auf der Grundlage dieser Entscheidung wird manchenortes behauptet, dass für die Umlegung der Grundsteuer das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses als vereinbarter Umlegungsmaßstab gilt. Das ist so nicht richtig!

Tatsächlich muss man sich die Entscheidung des BGH einmal auch inhaltlich ansehen. Weil es – wie eigentlich nicht anders zu erwarten – auf den konkreten Sachverhalt ankommt. In dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BGH zugrunde lag, hatten die Parteien folgendes vereinbart: Als Umlegungsmaßstab für die Betriebskosten oder Betriebskostenerhöhung – mit Ausnahme der Heizungs- und Warmwasserkosten – gilt als vereinbart a) das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses b) (sonstiger Umlegungsmaßstab) …

Zu Buchstabe a) enthält das Formular eine Fußnote mit dem Inhalt „Nichtzutreffendes streichen“;
Zu Buchstabe b) ist in dem mit Punkten versehenen Freifeld maschinenschriftlich „- – -“ eingetragen.

Wenn nun die Parteien dort die Abrechenbarkeit Einzelvertraglich ausdrücklich regeln, dann sind sie und anschließend auch die Gerichte daran gebunden. Auf die dispositive Gesetzeslage kam es in der Entscheidung BGH daher gar nicht an. Eine Entscheidung auf der Basis des Gesetzes hat hingegen z.B. das LG Berlin, Urteil vom 01.11.2005 – 65 S 195/05 – gefällt. Es hat dort entschieden, dass der Vermieter die für die vermietete Eigentumswohnung erhobene Grundsteuer grundsätzlich zur Gänze auf den Mieter umlegen kann.

Mietrecht: Leasing ist Miete ist Volleigentum

Mit der Zeit erlebt man einige faszinierende Geschichten. In meiner Zeit in der Sanierungsabteilung einer Leasinggesellschaft, wo ich notleidendes Geschäft betreut habe, ereignete sich z.B. die unsterbliche Geschichte von der Eis-Maschine.

Kapitel I – Der Anruf

Eines Tages rief mich der Leasingnehmer an. Nennen wir ihn der Einfachheithalber Luigi. Luigi betrieb eine Eisdiele. Und hatte hierzu eine Eismaschine erworben und über meinen Arbeitgeber, die Leasinggesellschaft, finanziert. Nun eröffnete mir Luigi, dass er Probleme mit dem Finanzamt hätte. Und deshalb Insolvenz anmelden müsse, um seine Situation zu verbessern. Aus diesem Grund müsste er leider den Leasingsvertrag kündigen. Ich hatte seinerzeit nicht verstanden, in wie fern sich seine Situation gegenüber dem Finanzamt durch die Insolvenz verbessern würde oder warum er den Leasingvertrag kündigen musste. Aber ein Blick in die Akte und das Konto im PC zeigte mir, dass Luigi keine einzige Rate rückständig war und die Leasinggesellschaft vollständig durch eine Bürgschaft einer italienischen Großbank abgesichert war. Die Leasinggesellschaft hätte zu diesem Zeitpunkt den Vertrag gar nicht wirksam kündigen können. Und Luigi hatte kein Recht dazu, den Vertrag selbst zu kündigen, weil der Leasingvertrag über eine bestimmte Zeit geschlossen war. Gleichwohl entschloss ich mich spontan, Luigis Kündigung anzunehmen.

Kapitel II – Kündigung, Fälligkeit und Bürgschaft

Aufgrund der Kündigung von Luigi war der Vertrag sofort beendet. Damit waren dann aber sämtliche zukünftigen Raten aus der festen Vertragslaufzeit – selbstverständlich barwertig abgezinst – sofort fällig. Das habe ich Luigi mit der Kündigungsbestätigung mitgeteilt und ihn aufgefordert, den Betrag in einer Summe zu zahlen. Wohl wissend, dass er das natürlich nicht konnte bzw. tun würde. Gleichzeitig habe ich die italienische Bank dem Grunde nach  aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Als die Frist zur Zahlung verstrichen ist, habe ich dies dem Bürgen ebenfalls mitgeteilt. Und nun zur Zahlung des gesamten Betrages aufgefordert. Das hat etwas gedauert – Italien ist offenbar etwas weiter weg -. Aber nach ca. 3-4 Wochen hatten wir den gesamten Betrag auf unserem Konto.

Kapitel III – Herausgabeverlangen

Kurze Zeit später meldete sich ein Anwalt bei mir. Er würde vertreten. Ich wusste jetzt nicht wer Marco ist. Aber hörte mir gerne an, was der Anwalt mir zu sagen hatte. Marco wollte die Eismaschine haben. Schließlich habe er sie ja bezahlt. Hierzu wies ich den Anwalt darauf hin, dass nicht Marco sondern die italienische Bank gezahlt habe. Es stellte sich heraus, dass Marco wohl gegenüber der Bank selbst wiederum gebürgt hatte und in Anspruch genommen worden war. So weit, so gut Doch leider musste ich dem Anwalt auch erklären, dass weder er bzw. Marco oder die Bank – und auch sonst niemand – die Eismaschine bekommen könne. Denn die gehörte immer noch uns, d.h. der Leasinggesellschaft. Weil Leasing dem Grunde nach Miete ist. Und die Mietsache am Ende der Mietzeit immer noch dem Vermieter gehört. Der Anwalt war nicht begeistert. Und wollte sich dann noch mal melden. Hat er aber nicht….

Kapitel IV – Frau Luigi

Wiederum einige Zeit später meldete sich eine Frau bei mir. Sie teilte mir mit, dass sie die Frau von Luigi sei. Sie hatte vor an dem ursprünglichen Standort eine Eisdiele zu betreiben. Welch überraschende Wendung möchte man meinen. „Schön“, sagte ich. „Das trifft sich gut. Ich habe eine Eismaschine.“ Weil Familie Luigi bekanntlich Probleme mit dem Geld und dem Finanzamt hatte, habe ich Frau Luigi dann angeboten, die Rate zu reduzieren. Und lediglich 70 % der ursprünglichen Rate genommen. Gleichzeitig meinte ich, dass aber ich auch Planungssicherheit bräuchte. Und daher eine feste Vertragslaufzeit von zwei Jahren benötigen würde. Sie hat sich über beides sehr gefreut und den neuen Leasingvertrag sofort abgeschlossen.

Kapitel V – mein Chef

Ich dachte nun, der Vorgang sei schnell vom Tisch und alle wären glücklich. Weit gefehlt! Ein paar Tage später rief mich mein Chef zu sich und meinte, die Buchhaltung habe ein Problem. Ich hätte ja einen Leasingvertrag abgeschlossen. Doch der Vertrag sei gekündigt. Und damit das Objekt – die Eismaschine – gar nicht mehr im Bestand der Leasinggesellschaft aktiviert. „Ach“, antwortet ich. „Und wie wäre es, wenn die Buchhaltung das Objekt dann wieder aktiviert? Schließlich steht es zivilrechtlich in unserem Eigentum. Und wir sind eine Leasinggesellschaft und vermieten bzw. verleasen Objekte.“ Mein Chef erbot sich, dies der Buchhaltung auszurichten. Ich dachte nun, der Vorgang sei nun aber schnell vom Tisch und alle wären glücklich. Doch weit gefehlt! Am nächsten Tag rief mich mein Chef erneut zu sich. Die Buchhaltung hätte immer noch bzw. schon wieder ein Problem. Sie wüsste nicht, gegen welche Forderung sie meinen Leasingvertrag buchen sollte. In dem alten Vertrag wäre ja nichts mehr offen. „Das ist richtig. Die Forderung habe ich bereits beigetrieben.“ antwortete ich. „Wie wäre es, wenn wir den neuen Vertrag gegen Gewinne verbuchen? Ich meine – wenn wir keine Gewinne mehr verbuchen können, dann hätten wir ein echtes Problem, oder?“ Erfahrungen wie diese haben mit dazu beigetragen, dass ich mich entschieden habe, mich selbständig zu machen und lieber für Mandanten als für meinen damaligen Chef tätig zu werden.

Epilog

Übrigens – was meinen Sie, wem nach Ablauf der zwei Jahren Leasingdauer die mehr als voll bezahlte Eismaschine (immer noch!) gehörte?

Mietrecht: Verjährung der Mängelbeseitigung bei Wohnraum

Neben der Frage der nicht gezahlten Miete sind Streitigkeiten über Mängel bei Wohnraum meiner Erfahrung die häufigsten Themen zwischen Vermieter und Mieter. Letztlich geht es halt immer ums Geld. Neben Tatsachenfragen und den gesetzlichen Voraussetzungen entscheidet jedoch auch immer mal wieder die Verjährung den Ausgang des Prozesses. Und die ist für Vermieter und Mieter durchaus unterschiedlich geregelt.

Mängelbeseitigung während des laufenden Mietvertrages

Während des laufenden Mietvertrages hat der Vermieter die Mietsache instand zu halten. Ausnahmen sind hier lediglich im Rahmen der Abwälzung von Schönheitsreparaturen und in Bezug auf Kleinreparaturen möglich. Diese Verpflichtung folgt für den Vermieter aus. Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
§ 535 (1) BG. Der BGH hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob bzw. wann diese Verpflichtung des Vermieters verjährt. Der Hintergrund war, dass die Klägerin ist seit 1959 Mieterin einer Wohnung war. Das über der Wohnung der Klägerin liegende Dachgeschoss war im Jahr 1990 zu Wohnzwecken ausgebaut worden. Erst im Jahr 2006 – also über 15 Jahre später – verlangte die Klägerin von den Beklagten schriftlich die Herstellung einer ausreichenden Schallschutzisolierung der Dachgeschosswohnung. Sie ließ im Jahr 2007 ein Beweissicherungsverfahren durchführen, bei dem festgestellt wurde, dass der Schallschutz unzureichend ist. Der Vermieter wandte aufgrund des zeitlichen Ablaufes nun Verjährung ein. Der Bundesgerichtshof hat nun in seinem Urteil „Der Anspruch des Mieters auf Mangelbeseitigung ist während der Mietzeit unverjährbar.“ Urteil vom 17.2.2010 (Az. VIII ZR 104/09) entschieden, dass der Anspruch eines Mieters gegen den Vermieter auf Beseitigung von Mängeln während der Mietzeit unverjährbar ist. Vor dem Hintergrund, dass die Gebrauchsüberlassung eine Dauerschuld des Vermieters ist, ist diese Ansicht konsequent. Die Verpflichtung entsteht letztlich in jedem Augenblick erneut.

Mängelbeseitigung durch den Mieter nach Auszug

Für den Mieter stellt die Rechtslage ganz anders dar. Zum einen ist als Vorfrage immer zu prüfen, ob überhaupt eine Mängelbeseitigung geschuldet ist. Hier kommt es auf den Umgang der tatsächlich vorhandenen Mängel genauso an, wie auf die Frage, ob z.B. Schönheitsreparaturen – als Minus zur Mangelbeseitigung – überhaupt wirksam auf den Mieter abgewälzt wurden. Doch sofern tatsächlich Mängelbeseitigung durch den Mieter geschuldet ist, geht es hierbei nicht wie bei dem Vermieter um eine Dauerschuld. Das Mietverhältnis ist zu diesem Zeitpunkt beendet. Es geht um einen einmaligen Vorgang, der dem Grunde nach der Verjährung unterliegt. Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren nach „Verjährung der Ersatzansprüche“ § 548 (1) BGB in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Im Normalfall wird der Auszug des Mieters als Fristbeginn angesehen; vgl. Urteil des OLG München (19 U 4540/02).

Mietrecht: Bedeutung der 7/10 Grenze im ersten Zwangsversteigerungstermin

Vor dem Amtsgericht Bergedorf wurde im ersten Termin ein Grundstück in Kirchwerder versteigert. Der Gutachter hatte den Verkehrswert auf EUR 100.000 geschätzt. Im Termin konnte man die Möglichkeiten sehr schön erkennen.

Nachdem der Rechtspfleger den Ablauf des Versteigerungstermins ausführlich erläutert hatte, wurde die Bietstunde eröffnet. In dem Saal waren ca. 20 Leute anwesend. Als keine ein erstes Gebot abgeben wollte und offenkundig darüber nachgedacht wurde, wie niedrig man anfangen kann, wies der Rechtspfleger darauf hin, dass man zwar (fast) jedes beliebige Gebot abgeben könne. Er aber kraft Gesetzes Gebote unterhalb von EUR 50.000 (= 100.000 Verkehrswert * 5/10) ablehnen muss.

Darauf kam etwas Bewegung in die Versteigerung und es wurde ein erstes Gebot in Höhe von EUR 50.000 abgegeben. Die Gläubigervertreterin verlangte die Stellung einer Sicherheit. Die Sicherheit betrug 10 % des Verkehrswertes; also EUR 10.000. Der Rechtspfleger stellte hierzu klar, dass der erste Bieter den Betrag „vorab“ an die Gerichtskasse überwiesen hatte. Daher wurde er als Bieter zugelassen und das Gebot angenommen.

Ein weiterer Bieter überbot in dann mit EUR 51.000. Auch insoweit verlangte die betreibende Gläubigerin eine Sicherheit. Dieser Bieter stellte die Sicherheit in Form eines bankbestätigten Schecks. Anschließend boten sich die beiden Bieter langsam höher. Die Gläubigervertreterin wies dann irgendwann daraufhin, dass sie unterhalb der 7/10 – Grenze (= EUR 70.000) von ihrem gesetzlichen Recht Gebrauch machen und die Versteigerung verhindern würde. Trotzdem boten die Bieter zunächst weiter in kleinen Schritten.

Irgendwann wollte die Gläubigervertreterin dann sicherstellen, dass die 7/10 – Grenze auf jeden Fall erreicht wird. Und bot selbst für die betreibende Vierländer Volksbank EUR 70.000. Für die Bank war dies einfach, weil sie an rangerster Stelle war und damit effektiv nur die Verfahrenskosten und das Finanzamt bezahlen musste, sie, als betreibender Gläubiger, von sich selbst keine Sicherheit verlangte; ihr Gebot war daher ohne weiteres zulässig.

Die beiden bisherigen Bieter blieben die einzigen Interessenten. Nachdem sich ein Interessent – auf unser Anraten – hin vor der Tür mit der Vertreterin der Gläubigerin unterhalten hat, hat er letztlich für ca. EUR 76.000 den Zuschlag erhalten. Was ausgehend von dem gutachterlich angenommen Verkehrswert eine Ersparnis von rund EUR 24.000 oder knapp einem Viertel darstellt.

Das muss man am freien Markt in einer Verhandlung erst einmal gegenüber dem Verkäufer durchsetzen können. Aus diesem Grund sind wir der festen Überzeugung, dass man, wenn Immobilien günstig erwerben möchte, die Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung auf jeden Fall in Erwägung ziehen sollte.

Mietrecht: Wohnwerterhöhende Merkmale bei Mieterhöhungen

Häufig werden wir von privaten Vermietern gefragt, wie, wann und um wie viel sie die Miete erhöhen können. Die darauf leicht anmutende Antwort ist jedoch mit einer Reihe Unwägbarkeiten gepflastert.

Gesetzliche Regelung
Nach § 558 BGB kann der Vermieter die Miete bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichmiete erhöhen, wenn das letzte Mieterhöhungsverlangen mindestens 15 Monate zurückliegt und die Kappungsgrenze von 20% eingehalten worden ist.

Örtsübliche Vergleichsmiete
Sowohl die Daten als auch die Beträge stellen keine Herausforderungen dar. Die einizige auslegungsfähige Frage ist, welches die rechtlich maßgebliche örtliche Vergleichsmiete darstellt. Nur dann lässt sich ggf. ein vorhandener Mietenspiegel sinnvoll anwenden oder ein Vergleichsobjekte oder Gutachten die Mieterhöhung begründen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in seinem Urteil vom 07.07.2010 ( VIII ZR 315/09) über einen Fall aus Hamburg zu entscheiden gehabt. Der Mieter hatte auf eigene Kosten Bad und Sammelheizung in die Altbauwohnung eingebaut. 2008 verlangte seine Vermieterin statt 450 Euro Miete knapp 540 Euro monatlich. Sie berief sich dabei auf den Mietspiegel der Stadt Hamburg für Altbauwohnungen mit Bad und Sammelheizung. Die Jahre davor hatte die Vermieterin auf Wohnungen ohne die neue Ausstattung abgestellt. Als der Mieter sich weigerte, die Mieterhöhung zu zahlen, klagte die Vermieterin und bekam vor Amtsgericht und Landgericht recht. Der BGH sah dies jedoch anders: Wohnwerterhöhende Veränderungen an der Mietsache, die der Mieter selbst vorgenommen und finanziert hat, müssen bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete unberücksichtigt bleiben. Die Entscheidung ist einleuchtend, weil der Mieter anderenfalls seine baulichen Maßnahmen doppelt bezahlen müsste. Zum einen müsste er für die Maßnahmen selbst zahlen, zum anderen würde er gleichzeitig den Spielraum für Mieterhöhungen durch den Vermieter erweitern. Das gilt laut BGH selbst dann, wenn der Ausbau wie hier im Mietvertrag festgeschrieben gewesen sei.

Unser Rat für Neuvermietungen:
Da es häufig Unklarheiten beim Vorliegen von wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmalen gibt, ist Vermietern anzuraten bereits bei der Wohnungsübergabe ein Protokoll über diese Merkmale zu erstellen. Dies erleichtert ein späteres Mieterhöhungsverlangen ungemein.

Mietrecht: Teilkündigung von Nebenräumen und Garagen

Die Überschrift mag überzogen und plakativ wirken. Doch sie weist auf einen Effekt und ein dahinter liegendes Problem hin. Arbeitnehmer, die Angst um ihren Job haben (müssen), melden sich nicht mehr krank.

Unter Berufung auf Daten des Bundesgesundheitsministeriums kann man in der Zeitung lesen, dass Arbeitnehmer sich wieder häufiger krank melden.

Die aktuelle Entwicklung bestätigt erneut die Regel, dass in Krisenzeiten die Fehlquoten eher abnehmen, weil viele Arbeitnehmer fürchten, ihren Job zu gefährden. Bessert sich die wirtschaftliche Lage, steigen die Fehlzeiten wieder.

Kurzfristig löst dies für die Arbeitgeber sicherlich kosten aus. Nun ist es aber sicherlich auch so, dass Arbeitnehmer, die sich nicht behandeln lassen mit einiger Sicherheit anschließend längerfristig erkranken. Und dann länger oder gar dauerhaft ausfallen. Das ist dann für den Arbeitgeber u.U. mit dem Verlust eines kompetenten Mitarbeiters oder mit deutlich höheren Ausfallkosten verbunden. Daher ist der Schutz eines kranken Arbeitnehmers hier auch im Interesse des Arbeitgebers. Und dort, wo im Einzelfall ein Mitarbeiter die Segnungen des Arbeitnehmerschutzes über Gebühr in Anspruch nimmt kann – ggf. mit fachkundiger Hilfe – dies durchaus unterbunden werden. Weil trotz eines gesetzlichen Arbeitnehmerschutzes und dadurch hoher Hürden u.U. auch ein tatsächlich kranker Arbeitnehmer wirksam gekündigt werden kann.

Mietrecht: Eigenbedarfskündigung – das kann ich auch allein

Die gesetzliche Regelung über eine Eigenbedarfskündigung erscheint manchem Vermieter hinreichend eindeutig. Und so setzt er sich hin und fertigt die Kündigung nebst Begründung. Doch zwei Dinge sind dabei von vorneherein „fast“ sicher:

Der Mieter zieht nicht freiwillig aus. Es kommt zu einem Räumungsprozess.

Der Richter mag durch sein Urteil den Mieter nur ungern aus seiner Wohnung werfen. Daher wird die Kündigung des Vermieters sehr kritisch gewürdigt. Und so kommt es zu teils absurden Begründungen und Anforderungen an die Kündigung.

In einem Fall, über den der BGH unlängst zu entscheiden hatte, hatte die Klägerin zur näheren Begründung einer Eigenbedarfskündigung in einem Kündigungsschreiben ausgeführt, dass sie derzeit zur Miete wohne und darüber hinaus für ihre berufliche Tätigkeit ein separates Büro angemietet habe. Das von der Beklagten gemietete Wohnhaus eigne sich sehr gut, um Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zu ermöglichen. Durch den Umzug könne sie, die Klägerin, die Miete für ihre derzeitige Mietwohnung und für ihr jetziges Büro einsparen und sich persönlich um die Betreuung ihrer Kinder kümmern.

Das Landgericht München gab der Räumungsklage zunächst nicht statt, weil Begründungspflicht in § 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters § 573 Abs. 3 BGB sei daher nicht Genüge getan sei.

Das lag daran, dass auch die genannte Mietwohnung und das Büro in einem Haus (=“unter einem Dach“) befinden. Die Darstellung der Klägerin sei daher objektiv unrichtig. Der BGH hat in seinem BGH Urteil vom 17. März 2010, AZ: VIII ZR 70/09 Urteil vom 17. März 2010, AZ: VIII ZR 70/09 dahingestellt gelassen, ob überhaupt ein falscher Eindruck erweckt worden sei. Jedenfalls sei der Erlangungswunsch hinreichend konkret angegeben.

Somit hat in diesem konkreten Fall die Vermieterin die Eigenbedarfskündigung und die Räumungsklage erfolgreich durchsetzen können. Aber das Beispiel zeigt, dass die Anforderung an eine Eigenbedarfskündigung nicht hoch genug eingeschätzt werden können. Weil die Kosten eines vorlorenen Prozesses – im konkreten Fall bis zum BGH – durchaus beträchtlich sind und die etwaigen Nachteile durch die Zeitverzögerung ebenfalls erheblich sein können – man denke nur an die vermieterseitigen Aufwendungen seit Kündigungstermin bis zur tatsächlichen Räumung – empfehlen wir jedem Vermieter mit gutem Gewissen, sich frühzeitig fachkundigen Rat zu suchen und auch die Kosten für einen Anwalt bereits bei Fertigung der Kündigung nicht zu scheuen. Selbst wenn diese nicht vom Mieter zu ersetzen sind, halten wir dies aus dargestellten Gründen für gut investiertes Geld!